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Ernährung
Foodwatch: Zu viel Zucker in Erfrischungsgetränken

In Limonade, Schorlen und Energydrinks steckt viel zu viel Zucker, warnt die Verbraucherorganisation Foodwatch. Manche Erfrischungsgetränke enthalten mehr als ein Dutzend Stück Würfelzucker, und zwar pro Glas - mit Folgen für die Gesundheit.

Von Dieter Nürnberger | 24.08.2016
    Ein Löffel mit Haushaltszucker liegt auf einem Tisch.
    Deutschland ist eines der Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an zuckergesüßten Getränken weltweit - es sind mehr als 80 Liter pro Jahr. (picture alliance / ZB - Jens Kalaene)
    Der Markt für Erfrischungsgetränke ist natürlich sehr groß. Darunter fallen Limonaden und Cola-Getränke, Schorlen ebenso wie Eistee, Fruchtsaftgetränke oder auch beispielsweise Energiegetränke. Insgesamt hat die Verbraucherorganisation Foodwatch 463 Erfrischungsgetränke auf ihren Zuckergehalt hin untersucht - und allein der Durchschnittsgehalt eines 250 Milliliter-Erfrischungsgetränks, also in etwa ein Glas, beträgt 6 bis 7 Stücke Würfelzucker. Nur ein Durchschnittswert, das heißt, viele Getränke liegen auch deutlich darüber. Die bei Kindern und Jugendlichen so beliebten Energydrinks weisen im Schnitt die höchsten Gehalte auf. Hier sind es dann durchaus auch 13 Stück Würfelzucker, die auf ein Glas kommen.
    Zur wissenschaftlichen Unterstützung der Problematik war heute auch Wieland Kiess anwesend, er ist Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum in Leipzig - und aufgrund dieser vielen hohen Zuckergehalte möchte der Wissenschaftler gar nicht von mehr Erfrischungsgetränken sprechen, sondern lieber von flüssigem Zucker in Form eines Getränks:
    "Wir zwingen unsere Kinder nicht nur ihren Durst zu löschen, sondern Kalorien aufzunehmen. 250 Milliliter - ein Glas Erfrischungsgetränk - hat rund sieben Stück Würfelzucker. So viel würde ich mir nie gefallen lassen, in meinem Kaffee zu rühren."
    Hoher Pro-Kopf-Verbrauch an zuckergesüßten Getränken in Deutschland
    Deutschland ist eines der Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an zuckergesüßten Getränken weltweit - es sind mehr als 80 Liter pro Jahr. Auch das nur ein statistischer Durchschnittswert - aber Mediziner wie Wieland Kiess sehen hierin eindeutige Zusammenhänge zu gesundheitlichen Problemen. In Deutschland sind rund sechs Millionen Menschen an Diabetes Typ 2 erkrankt. Und da dürfe es eigentlich nicht sein, dass schon die Jüngsten viel zu viel zugesetzten Zucker in Getränken konsumierten.
    "Alle Studien, die von unabhängigen Institutionen wie etwa der Weltgesundheitsorganisation, der EU oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert wurden, kommen zu den unumstößlichen Schlussfolgerungen, dass zu viel Zucker-Aufnahme dick, übergewichtig und adipös macht. Das fängt schon bei kleinen Kindern an. Mit allen Folgen - nämlich Zuckerkrankheit, Erhöhung des Schlaganfall-Risikos etc."
    Die Verbraucherorganisation Foodwatch will die Ergebnisse der Untersuchung nutzen, um ein Umdenken herbeizuführen. Mit besonderem Interesse schaut man deshalb nach Großbritannien, hier wurde noch von der alten Regierung eine neue Regelung verabschiedet. Und Foodwatch-Experte Oliver Huizinga hofft auf viele Nachahmer weltweit.
    "Das britische Modell funktioniert so, dass alle Hersteller, die mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter Getränk zumischen, Abgaben pro Liter bezahlen müssen. Das ist dann schon ein Anreiz für die Hersteller, den Zucker zu reduzieren. Und es ist ein Beitrag für die öffentliche Gesundheit, wenn wir alle weniger Zucker durch die Getränke aufnehmen."
    Forderungen von Foodwatch gegen zu viel Zucker in Erfrischungsgetränken
    Foodwatch geht davon aus, dass die Hersteller nicht freiwillig auf das Zugeben von Zucker verzichten werden. Man hofft somit auch auf die Politik. Drei wesentliche Forderungen gegen zu viel Zucker in Erfrischungsgetränken hat Foodwatch formuliert. Oliver Huizinga:
    "Das Erste wäre eine bessere Kennzeichnung - einfach verständlich für jeden. Das Zweite wären Beschränkungen in der Werbung, die sich an Kinder richtet. Dass solche Produkte beispielsweise nicht mehr Comic-Figuren beworben werden dürfen. Und die dritte Maßnahme wäre eine Herstellerabgabe: Dass diejenigen, die sehr viel Zucker in Getränke mischen, zahlen müssen. Als Anreiz dafür, weniger Zucker beizumischen."
    Lediglich 55 Produkte, nur zwölf Prozent der untersuchten Erfrischungsgetränke, enthielten nicht mehr als 0,5 Prozent Zucker. Sie wären somit nach dem lebensmittelrecht "zuckerfrei".
    Und der Mediziner von der Universitätsklinik In Leipzig empfiehlt schlicht und einfach, mehr Mineral- oder auch Leitungswasser zu trinken.