Freitag, 19. April 2024

Archiv

Reportage aus der JVA Straubing
Neun Quadratmeter für einen Häftling

Der Suizid des 22-jährigen Dschaber al-Bakr wirft nach wie vor Fragen auf. Was dürfen Häftlinge in der Untersuchungshaft tragen? Und wie sieht eine Zelle aus, in der sich ein suizidgefährdeter Häftling befindet? Unser Reporter Carol Lupu hat sich in der JVA Straubing eine Zelle genauer angesehen.

Von Carol Lupu | 15.10.2016
    Bett, Schrank und Nassbereich: So sieht eine Zelle in der JVA Straubing aus.
    Bett, Schrank und Nassbereich: So sieht eine Zelle in der JVA Straubing aus. (Deutschlandfunk/ Carol Lupu)
    Sowohl die Haftrichterin als auch der betreuende Anwalt hatten den Verdacht, dass der 22-jährige al-Bakr suizidgefährdet sei. Trotzdem ist der Häftling nicht als solches eingestuft worden. Er erhielt eine Trainingshose und ein T-Shirt mit dem er sich schließlich erhängt hat. Wie sind die Gefängnisse für solche Situationen gerüstet? Antworten darauf gibt Michael Wagner. Er ist Justizvollzugsbeamter in der JVA Straubing.
    Carol Lupu: Sobald man hineinkommt, ist erst mal rechts die Toilette, die ist im Raum integriert.
    Michael Wagner: Der Nassbereich ist im Raum integriert, in diesem Fall rechts oder links. Toilette und Waschbecken direkt nebeneinander mit einer Besonderheit in Straubing: Wir haben fließendes warmes Wasser!
    Lupu: Das heißt, wenn der Herr war, dann riecht es auch ein bisschen hier?
    Wagner: Dafür hat er sein Fenster zum Öffnen. Ja, das ist so!
    Ein Schrank, ein Bett und ein WC
    Lupu: Dann gehen wir weiter, das ist so groß nicht! Zählen wir die Schritte mal ab. Das sind eins, zwei, drei, vier oder fünf Meter lang, ja? Und breit ist sie etwa drei Meter?
    Wagner: Ja, der Raum hat neun Quadratmeter.
    Lupu: Dann haben wir einen Schrank hier, das ist ein Kleiderschrank, denk ich mal?
    Wagner: Ja, das ist der Kleiderschrank.
    Lupu: Da ist sogar Kleidung drinnen!
    Wagner: Ja, Anstaltswäsche, wie auch seine Privatwäsche. Also sprich: Privatwäsche ist Sportwäsche, die er selber kaufen muss.
    Zelle für suizidgefährdete Häftlinge
    Lupu: Machen wir den Schrank wieder zu. Wie ist denn die Situation, wenn einer suizidgefährdet ist? Wie sieht dann die Zelle aus?
    Wagner: Für suizidgefährdete Gefangene gibt es einen gesonderten Haftraum, der auch videoüberwacht ist, und der Gefangene ist nur mit einer Papierunterhose bekleidet, um sich nicht selbst etwas anzutun: mit Hose, Schnürsenkel oder sonst was gefährlichem. Gefährliche Gegenstände sind komplett raus, und er wird da auch lückenlos videoüberwacht. Der Haftraum ist von oben bis unten gefliest, es ist nur eine Matratze drin und eine feuerfeste Bettdecke. Mehr bekommt er nicht. Wasser kann er nicht runterlassen, ohne zuvor zu fragen, von außen geregelt, genauso wie Toilettenspülung, wobei auch das Waschbecken und die Toiletten aus Edelstahl besteht und fest im Raum integriert sind.
    Lupu: Ist denn die Zelle so aufgebaut wie diese Zelle hier, die wir gerade beschrieben haben?
    Wagner: Fast, von der Größe her, ist sie so groß. Die ist mit Fußbodenheizung ausgestattet, dass er auch nicht frieren muss, das ist ja ganz klar, da sorgen wir schon dafür. Die Fenster sind bruchsicher und nicht zu öffnen. Und er hat eine integrierte Lüftung.
    Lupu: Sie sagten "Matratze und feuerfeste Decke". Was könnte mit der Decke passieren?
    Wagner: Er könnte die Decke auch zerreißen, also ist sie reißfest. Mann kann sie nicht zerreißen, ist halt nur zum Zudecken. Er kann sich damit nicht strangulieren, er könnt sich kein Streifen abreißen und sich damit versuchen zu erhängen oder Teile zu schlucken.