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Ernte
Getreidetrocknung aus dem Münsterland

Der Dürresommer hat dem Weizen und dem Mais vielerorts zugesetzt. Trotzdem ist der August der klassische Erntemonat. Bei einem Spezialisten für Getreidetrocknung aus dem Münsterland laufen die Geschäfte auf Hochtouren.

Von Angelika Gördes-Giesen | 24.08.2018
    Ein Mähdrescher erntet in Garching (Bayern) ein Weizenfeld.
    Trotz Dürre - meist muss das Getreide nach der Ernte künstlich getrocknet werden (dpa-Bildfunk / Lino Mirgeler)
    Wenn die Mähdrescher und Maishäcksler über die Felder rollen, dann beginnt für Karl Heinz Knoop der Stress. In diesem Jahr ist es relativ ruhig. Die Hitze sorgte für Ernteausfälle auf dem Acker, und das Getreide ist sehr trocken. Trotzdem sind Spezialisten fürs Getreidetrocknen wie das Team der RIELA, der Riesenbecker Getreide-und Mischfuttertechnik, gefragt.
    Jugendtraum: eine Fabrik
    Getreide ist empfindlich und verdirbt schnell bei der Lagerung. Einfach in der Scheune gelagert, verschimmelt es leicht. Karl Heinz Knoop, der grauhaarige Chef der RIELA, bietet Komplett-Systeme zur Getreidetrocknung und -lagerung an. Schon früh träumte der Junge vom Land davon, ganz groß raus zu kommen.
    "Eines Tages hätte ich mal eine Fabrik. Habe ich immer als Witz angenommen, aber mittlerweile ist es so, dass wir mehrere Fabriken auf der Welt haben, in der Ukraine, in Polen in Rumänien und in Russland."
    Begonnen hat alles aber im Münsterland in der kleinen Gemeinde Riesenbeck, ein Sammelpunkt für Landhandel und Landtechnik im Kreis Steinfurt. Karl Heinz Knoop machte hier eine kaufmännische Lehre, wusste aber recht schnell: Nur am Schreibtisch zu sitzen und mit Zahlen zu hantieren, das war nicht sein Ding.
    Viel Zeit auf der Landstraße
    Die damals kleine Landtechnikfirma stand vor dem Aus, als Karl Heinz Knopp und seine Frau den Betrieb übernahmen. Und dann hieß es, Klinken putzen:
    "Ich war nicht derjenige, der immer nur die Pfennige gezählt hat. Ich bin sehr früh immer mit auf Messen gegangen und hab viel mit Menschen zu tun gehabt. Das war mein Geschäft, und seit 1965 bin ich ewig auf der Landstraße und besuche meine Kunden".
    Das erste Erfolgsmodell des Jungunternehmers: eine wetterunabhängige mobile Getreidetrocknung, denn schon bei einem Wassergehalt von 17 Prozent und mehr verdirbt das Getreide. Knoops Idee damals: Trocknung vor Ort, direkt auf dem Acker:
    "Man fuhr an den Mähdrescher heran, der Mähdrescher ließ das Getreide auf den Anhänger laufen, dann wurde es an ein Gebläse angeschlossen und getrocknet. Das heißt, auf 14,5 Prozent runter getrocknet werden, um lagerfähig zu sein."
    Sonst immer Regen als Problem
    Im heißen Sommer dieses Jahres ist das oftmals nicht nötig. Da liegen die Probleme darin, dass das Getreide zu mickrig ist und die Ernte ganz ausfällt. In den vergangenen Jahren war meist das Gegenteil der Fall. Es regnet häufig. Für Landwirtin Hildegunde Schulze Rötering war dies vor allem im vergangenen Jahr ein großes Problem bei der Ernte:
    "Wenn jetzt Regen in den Bestand fällt, hat man das Wasser darunter und es kann nicht so schnell verdunsten. Damit fängt es an zu keimen. Das wäre der worse case, die Katastrophe schlechthin."
    Getreidetrocknungsanlagen wie die von RIELA funktionieren wie ein moderner Umluft-Wäschetrockner – fast, betont Michael Westermann, der RIELA-Technik-Chef:
    "Ständig durchströmt die warme Luft das Getreide. Dann wird es gefiltert, taub fällt an und wird ab gefiltert. Es ist ein kontinuierlicher Prozess".
    Mittlerweile entwickelt RIELA verschiedene Modelle und Lagersilos. Je nach Größe und den Kundenwünschen werden sie wie in einem Baukasten zusammengesetzt und genauso wie Fertighäuser erst beim Kunden montiert.
    Roboter im Münsterland
    Alle Teile werden aber nicht mehr selbst hergestellt. Wie Gasbrenner zum Beispiel. Aus Kostengründen, sagt Technik-Chef Westermann:
    "Es gibt Komponenten, die wir zukaufen. Die Kollegen bekommen von mir Packlisten mit den passenden Aufträgen. Sei es Schrauben, Wellen, etc. Die werden erst mal eingelagert. Hier haben wir ein automatisches Lagersystem".
    Und mit jedem Auftrag geht Michael Westermann durch die Werkshallen in Riesenbeck und lässt die Einzelteile zusammenstellen, die dann per LKW verschickt werden. Der Technik-Chef hat von der Pike auf gelernt, sagt er:
    "Habe die ersten Jahre als Monteur gearbeitet und bin dann 2006 rüber gegangen in die Arbeitsvorbereitung, wo ich die Sache ausarbeite. Doch es macht Spaß".
    In der RIELA-Zentrale in Riesenbeck arbeitet nur noch ein kleines Team. Die Produktion durch eigene Werke in Polen oder Rumänien zum Beispiel ist es billiger. In Riesenbeck setzt Karl Heinz Knoop auch bereits vier Roboter zur Stahlbearbeitung ein. In den nächsten Jahren sollen es mehr werden:
    "Da kommt noch ein großer, der diese schweren Teile macht. Wir können den Roboter sieben Tage die Woche laufen lassen. Es gibt doch kaum noch Handwerker. Wir kriegen doch keine Leute mehr. Das ist eben so. Wir hatten mal 120 Leute und haben jetzt 40 Leute".
    Das Fachkräfteproblem der Provinz, auch im Münsterland gibt es das. Aber Karl Heinz Knoop denkt international. Seit fünf Jahren ist er in Afrika aktiv. Er baut Modellanlagen unter anderem in Tansania und holt auch afrikanische Experten zur Weiterbildung ins Münsterland.
    Vom Münsterland nach Afrika
    Im vielerorts feucht-heißen Klima in Afrika können seine Maschinen hilfreich sein, um Ernteverluste zu vermeiden. Knopp, der Münsterländer, bleibt dann nicht in der klimatisierten Hotel-Lobby.
    "Da bin ich dann nicht in den Hauptstätten unterwegs, sondern ich gehe aufs Dorf und schaue, was da fehlt. Da ist ein Riesen-Bedarf. 40-50 Prozent des Getreides vergammelt, weil es auf der Straße getrocknet wird in der Sonne und abends harkt man es zusammen. Dann kommt eine Folie drüber, dann gibt es Kondens-Niederschlag, und die kriegen ihr Getreide so gar nicht trocken."
    So ist Heinz Knopp 300 Tage im Jahr auf Reisen. Eigentlich hat er das Rentenalter schon erreicht, aber über Zahlen – egal, ob die seinen Umsatz oder sein Alter betreffen – spricht er nicht gerne.
    Denn er hat noch Pläne: Für Versuchungsanlagen, die Bioabfälle oder Pferdeäpfel für die Trocknung nutzen. Und wenn die Sommer hierzulande zu trocken werden für seine Trocknungsmaschinen, anderswo auf der Welt findet er noch genügend schwüles, feuchtes Wetter, da ist sich der Münsterländer sicher.