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Erst mal Ruhe, keine Entspannung

Die Staatspleite ist abgewendet - vorerst. Griechische und deutsche Politiker können sich aktuell etwas entspannen. Aber was bringt das neue Jahr? Eine Übersicht.

Von Theo Geers | 08.01.2013
    Thomas Straubhaar ist sich sicher: Die Schuldenkrise, so der Direktor des hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, wird die Deutschen auch 2013 beschäftigen - und zwar tagtäglich. Mit dieser Prognose steht Straubhaar nicht allein, auch wenn derzeit Ruhe herrscht. Zumindest beim Sorgenkind Griechenland. Denn Ende November gab der Bundestag die vorläufig letzte Tranche für Griechenland frei - insgesamt 43,7 Milliarden Euro, die von den Staaten der Eurogruppe und dem IWF aufgebracht und in vier Tranchen bis März ausgezahlt werden. Aber es gilt auch:

    "Aus der Aufzählung, dass wir jetzt für Dezember, Januar, Februar die Mittel frei gegeben haben ergibt sich zwangsläufig, wenn sie unterstellen, dass Griechenland sich ab März nicht selbst finanzieren kann, dass wir spätestens im März über die Freigabe einer neuen Tranche werden diskutieren müssen. Also ist das Thema mit Sicherheit nicht beendet",

    weiß auch Michael Meister, Haushaltsexperte und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Unionsfraktion: Die Debatte um Griechenland geht schon allein deshalb weiter, weil Griechenland die deutschen Steuerzahler erstmals bares Geld kosten wird. Bislang ging es nur um Bürgschaften und Garantien, mit den Beschlüssen vom November fallen beim Bund Einnahmen von voraussichtlich 730 Millionen Euro einfach weg: Und die Zweifel, ob es bei dieser verkraftbaren Summe bleibt, sind unverändert groß:

    "Sie wissen dass die Basiszahlen Griechenlands, dass das alles auf einen Schuldenschnitt am Ende hinaus läuft, aber scheuen Wahrheit wie Teufel das Weihwasser",

    prophezeite der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier Ende November. Wie Steinmeier zweifeln viele daran, ob und wie Griechenland wieder auf die Beine kommt angesichts seiner verheerenden ökonomischen Kennziffern: Der Schuldenberg ist auf über 340 Milliarden Euro gestiegen, das jährliche Bruttoinlandsprodukt betrug zuletzt 231 Milliarden. Die Schuldenquote liegt also bei knapp 150 Prozent - Tendenz steigend. Dabei soll die Schuldenquote bis 2020 eigentlich auf 120 Prozent sinken, damit das Land von diesem Wert aus seine Schulden aus eigener Kraft zurück zahlt. Wegen der Zweifel daran halten sich nicht nur bei Steinmeier Forderungen nach und Gerüchte um einen Schuldenschnitt, den Deutschland, aber auch die meisten anderen Geberländer, bislang ablehnen. Dabei bestätigt auch der Bundesfinanzminister:

    "Wir haben auf Bitten des IWF in den Beratungen auch vorsorglich über zusätzliche Maßnahmen gesprochen, mit denen notfalls der Schuldenstand im Jahre 2020/22 weiter abgesenkt werden könnte, wenn es notwendig sein sollte."

    Bei den "zusätzlichen Maßnahmen" denkt Schäuble offiziell nicht an einen Schuldenschnitt, sondern an Maßnahmen wie eine weitere Absenkung der Zinssätze für Griechenland. Gregor Gysi glaubt an solche punktuellen Erleichterungen nicht:

    "Ich garantiere ihnen, also nach der Bundestagswahl werden wir erleben, dass es einen Schuldenschnitt geben wird, die ganzen Forderungen Deutschlands sind damit erledigt. Das kostet die Steuerzahler in Deutschland sehr viel Geld, aber sie sind nicht bereit, das vor der Bundestagswahl ehrlich zuzugeben."

    Ehrlich bemüht bleibt die Bundesregierung in ihrem Abwehrkampf gegen Begehrlichkeiten aus Südeuropa bei der Bankenunion. Frankreich, vor allem aber Spanien, und einige andere Länder drängen darauf, möglichst bald Krisenbanken direkt mit frischem Kapital aus dem Rettungsfonds ESM stützen zu können. Angela Merkel hat dem im Prinzip Ende Juni zugestimmt, wenn vorher eine europäische Bankenaufsicht mit Biss installiert ist. 2014 soll diese Aufsicht arbeitsfähig sein, ob deutsches Steuergeld dann aber an spanische Banken fließt - auch darüber wird 2013 munter weiter gestritten, auch wenn der Unions-Haushaltsexperte Michael Meister den Ball in dieser Frage flach hält:

    "Diese Frage können wir als Bundestag relativ gelassen sehen, weil es die gegenwärtige Fassung des ESM-Gesetzes nicht gestattet, direkte Bankenhilfen zu geben. Ergo muss, wenn man es tun will, das Gesetz geändert werden - und dazu benötigt man eine positive Entscheidung des deutschen Bundestages."