Jule Reimer: Viele Bankkunden können sich auf Rückzahlungen freuen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Banken für Konsumentenkredite in der Vergangenheit zu Unrecht Bearbeitungsgebühren erhoben haben und – jetzt kommt das Wichtige - dass die Kunden diese Bearbeitungsgebühren für Kredite noch rückwirkend zurückfordern können. Kurz vor dieser Sendung bat ich Christoph Herrmann von der Stiftung Warentest, uns genauer aufzuklären, über was gestern der BGH entschieden hat.
Christoph Herrmann: Im Mai hatte der Bundesgerichtshof geurteilt, Kreditbearbeitungsgebühren sind unwirksam und Banken und Sparkassen haben sie zu erstatten. Gestern ging es um die Frage, wie weit zurück diese Erstattungsforderung durchgesetzt werden kann, und da hat der Bundesgerichtshof zur Überraschung vieler Juristen gesagt, die Verjährung begann erst im Jahr 2011 überhaupt zu laufen und es können deswegen auf jeden Fall die Gebühren für Kredite, die ab November 2004 ausgezahlt worden sind, zurückgefordert werden. Da geht es um eine Menge Geld. Das sind nach unserer Schätzung zusätzlich jetzt noch mal sieben Milliarden Euro. Pro Jahr haben die Banken nach unseren Zahlen gut eine Milliarde Euro wahrscheinlich an Kreditbearbeitungsgebühren kassiert.
Reimer: Dann dröseln Sie bitte noch mal auf: Wer kann Rückforderungen geltend machen? Denn es geht ja nicht um jeden Kredit.
Herrmann: Es geht nicht um jeden Kredit. Es muss natürlich Bearbeitungsgebühr oder sonst eine laufzeitunabhängige Gebühr gezahlt worden sein. Das betrifft alle Verträge, wo etwas in der Art im Kreditvertrag drinsteht. Nun müssen sich Betroffene ihre Unterlagen raussuchen und schauen, ob da was von Kreditbearbeitungsgebühr, Kreditgebühr, Darlehensgebühr drinsteht, und wenn da so was steht, dann können und sollten sie das zurückfordern.
Unklar, ob auch Unternehmen Anspruch auf Rückzahlung haben
Reimer: Kann ich da Unterscheidungen machen zwischen Konsumentenkredit und Immobilienkredit?
Herrmann: Nein. Das gilt für alle Kreditverträge. Nicht ganz klar ist, ob auch Unternehmer und Unternehmen Kreditbearbeitungsgebühren zurückverlangen können. Da spricht viel für, aber da gibt es bisher nur Instanzgerichtsurteile zu. Da muss der Bundesgerichtshof sich noch äußern.
Herrmann: Dann sagen Sie uns bitte noch mal: Bis wann muss ich was geltend machen?
Herrmann: Wer jetzt im November oder Dezember 2004 ein Darlehen aufgenommen hat, der muss sich wirklich sputen, denn die zehnjährige absolute Verjährung, die auch für diese Forderungen gilt, die beginnt taggenau, und da ist dann jetzt allerhöchste Eile nötig. Für alle anderen gilt, dass sie bis Ende des Jahres Zeit haben, ihre Forderung auch gerichtlich geltend zu machen, und das ist ohne Weiteres noch möglich. Wer ab einschließlich 2005 Kreditbearbeitungsgebühren gezahlt hat, sollte jetzt Erstattung fordern bei der Bank. Dazu haben wir einen Musterbrief im Internet zum Herunterladen. Und er muss dann abwarten, ob die Bank von sich aus zahlt, was nicht unwahrscheinlich ist. Wenn die Bank nicht rechtzeitig reagiert, ist angebracht, entweder den Ombudsmann einzuschalten oder einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
Reimer: Und alle anderen, die ihre Kredite erst 2012 aufgenommen haben, haben noch ein bisschen Zeit?
Herrmann: Bis Ende dieses Jahres müssen alle aktiv werden, die bis einschließlich 2011 einen Kredit aufgenommen haben. Wer 2012 und später einen Kredit aufgenommen hat, der hat noch ein oder mehrere Jahre Zeit, bis Verjährung eintritt. Genau so ist es.
Reimer: Bankkunden können Bearbeitungsgebühren für Kredite zurückfordern - das Gespräch mit Christoph Herrmann von der Stiftung Warentest haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.