Donnerstag, 28. März 2024

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Erste Demos vor zwei Jahren
Wo steht Pegida heute?

Vor zwei Jahren wurde mit dem ersten "Abendspaziergang" durch Dresden die islam- und fremdenfeindliche Pegida aus der Taufe gehoben. Trotz Frusts und interner Querelen mobilisiert die Bewegung immer noch jeden Montag Tausende Menschen. Welche Bedeutung hat Pegida heute? Eine Bestandsaufnahme.

14.10.2016
    Eine Hand hält ein Schild mit der Aufschrift "Merkel muss weg" in die Höhe, dahinter eine deutsche Flagge.
    Demonstranten machen in Dresden Stimmung gegen Kanzlerin Merkel. (dpa/Arno Burgi)
    Eine Gruppe um den mehrfach vorbestraften Lutz Bachmann hatte sich im Herbst 2014 über das Internet verabredet. Ihr Kürzel "Pegida" steht für "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands". Nachdem im Oktober 2014 zunächst nur wenige hundert Menschen dem Aufruf folgten, wuchsen die montäglichen Demonstrationen bis zum Januar 2015 auf bis zu 25.000 Teilnehmer an.
    Ableger in anderen deutschen Städten erreichten nicht annähernd die Dresdner Zahlen. Auch in der sächsischen Landeshauptstadt schien die Protestbewegung im Frühjahr 2015 zu verebben, bevor ihr die Flüchtlingskrise des Herbstes noch einmal fünfstellige Teilnehmerzahlen bescherte. In den vergangenen Monaten erschien lediglich ein Stamm von maximal 2.500 Protestierenden. Nur am Rande der Einheitsfeiern vom 3. Oktober marschierten noch einmal etwa 4.000 Dresdner und Zugereiste.
    Der große Hype ist vorbei
    Der Rechtsextremismus-Experte Toralf Staud resümiert: "Der Hype ist vorbei, es gab auch eine Entzauberung von 'Pegida', die Führungskräfte haben sich ja ordentlich zerstritten, aber das Phänomen ist weiterhin da und sollte weiterhin ernstgenommen werden". Die "Pegida"-Anhänger hätten sich "verrannt in ihr Bild von Wirklichkeit".
    Fakten, die seine Einschätzung stützen: Die mehrfach angekündigte Gründung einer "Pegida"-Partei hat bislang nicht stattgefunden. Anbiederungsversuche an die rechtspopulistische AfD scheiterten. Seit diesem Frühsommer ist auch der Bruch mit der ehemaligen Frontfrau Tatjana Festerling offenkundig geworden, die im Mai 2015 noch als "Pegida"-Kandidatin bei den Dresdner Oberbürgermeisterwahlen jede zehnte Stimme holte.
    Kundgebung und Gegendemos am Sonntag
    Mit einer Kundgebung am Sonntag will "Pegida" an ihr erstes öffentliches Auftreten vor zwei Jahren erinnern. "Auf die Straße zu gehen ist unsere einzige echte Chance, die derzeit noch Regierenden zum tatsächlichen Handeln zu zwingen", schreibt Gründer und Vereinsvorsitzender Lutz Bachmann im sozialen Netzwerk Facebook. Nach Anklagen aufgrund fremdenfeindlicher Kommentare auf Facebook wurde der "Pegida"-Gründer im April 2016 vom Amtsgericht Dresden der Volksverhetzung schuldig gesprochen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
    Zugleich gibt es viele in der Stadt, die anders denken. Der Grünen-Landesvorsitzende Jürgen Kasek hat für Sonntag eine Gegendemonstration angemeldet. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) wandte sich in einem leidenschaftlichen Brief an die Dresdner und lud sie für Montag zu einem Bürgerfest auf den Neumarkt vor der Frauenkirche ein. Andere Initiativen wie "Herz statt Hetze" oder "Dresden nazifrei" planen Demonstrationszüge.
    (gri/jcs)