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Erste Sitzung der Airline-Gläubiger
Kann man jetzt noch mit Air Berlin fliegen?

Die Unsicherheit und die Zurückhaltung der Passagiere verschärfen die Probleme der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin. Aber einer schnellen Lösung steht entgegen, dass potenzielle Interessenten mögliche Wettbewerbsverzerrung beklagen - die Lage nach der ersten Gläubigerversammlung.

Von Brigitte Scholtes | 23.08.2017
    Ein Flugzeug von Air Berlin in Frankfurt am Main
    Ein Flugzeug von Air Berlin in Frankfurt am Main (dpa / picture-alliance / Daniel Reinhardt)
    Heute hat es noch keine Entscheidung über eine Zerschlagung von Air Berlin gegeben. In der Sitzung des Gläubigerausschusses hat Lufthansa , das als Hauptinteressent für große Teile der insolventen Fluggesellschaft gilt, dem Vernehmen nach sein Angebot konkretisiert.
    Danach interessiert sich die Kranichlinie offenbar auch für die Niki. Diese österreichische Tochter von Air Berlin gilt als hochprofitabel und verfügt über eine moderne Flugzeugflotte. Zunächst hatte es Spekulationen gegeben, sie könne schon heute aus dem Gesamtpaket herausgelöst und verkauft werden. Doch offenbar ging es heute im Gläubigerausschuss zunächst um Formalien.
    "Zurückhaltung von neuen Kunden"
    In dem Ausschuss sitzen neben der Lufthansa-Tochter Eurowings auch Vertreter der Bundesagentur für Arbeit, der Commerzbank, ein Air-Berlin-Manager und ein Insolvenzexperte. Das Gremium muss etwa der Fortsetzung des Flugbetriebs zustimmen. Den aber aufrecht zu erhalten, werde immer schwieriger, vermuten Insider, und das trotz des Übergangskredits der Bundesregierung in Höhe von 150 Millionen Euro.
    Warum, das erklärte Luftfahrtexperte Cord Schellenberg gegenüber der ARD so: "Alles, was jetzt geflogen wird, sind wahrscheinlich Passagiere, die schon bei der Buchung vor einigen Tagen, Wochen oder Monaten bar bezahlt haben und dieses Geld ist natürlich erst einmal im Insolvenzverfahren und gleichzeitig lebt eine Fluggesellschaft immer davon, dass Menschen heute für in ein paar Wochen buchen und schon bezahlen. Das heißt es muss frisches Geld hineinkommen und so wie ich das verstehe sind diese Buchungen zurückgegangen, es gibt also eine Zurückhaltung von neuen Kunden."
    Verbraucherschützer warnen vor den Risiken einer Buchung
    Jetzt noch zu buchen, obwohl Air Berlin schon mit Schnäppchenpreisen wirbt, halten auch Verbraucherschützer nicht für sinnvoll. So sagt Sabine Fischer-Volk, Reiserechtsexpertin der Verbraucherzentrale Brandenburg: "Es handelt sich um eine insolvente Fluggesellschaft und es ist für die Zukunft einzukalkulieren, dass möglicherweise Flüge nicht durchgeführt werden und der Flugpreis erstmal zur Insolvenztabelle angemeldet werden muss. Das sollte man im Hinterkopf haben, auch wenn die Flugpreise recht preiswert sind."
    Denn Passagiere stehen mit ihren Ansprüchen auf dieser Insolvenztabelle weit hinten.
    Rückendeckung von der Politik
    Die Zeit drängt also, und das ist auch den Interessenten für Air Berlin bewusst. Solange deren Flugzeuge noch in der Luft sind, solange sind auch ihre Start- und Landerechte noch etwas wert. Neben der Lufthansa sind vor allem der britische Billigflieger Easyjet, aber auch Condor und Tuifly an Teilen von Air Berlin interessiert. Der Unternehmer Hans-Rudolf Wöhrl hat ein Gebot für Air Berlin als Ganzes abgegeben. Ihm werden jedoch kaum Chancen eingeräumt.
    Allerdings könnte sich die Lage insgesamt auch dadurch ändern, dass die EU-Kommission den Überbrückungskredit der Bundesregierung als sogenannte Rettungsbeihilfe genehmigt. Sollte das so kommen, sagen Rechtsexperten, dann müssen alle Geschäftsbereiche des Unternehmens zum höchstmöglichen Preis veräußert werden. Das könnte die Lage für die Lufthansa erschweren: Deren Interesse an Air Berlin findet in der Politik ja Rückendeckung. Doch wird sie überboten, dann dürfte sie nicht den Zuschlag erhalten, auch aus politischen Gründen nicht.