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Es braut sich etwas zusammen

Klimaforschung. - Ein Wandel geht durch den europäischen Winter. In Deutschland wird er milder und regnerischer, dafür bringt er immer öfter schwere Stürme. Der menschengemachte Klimawandel bedeutet vor allem bei den Winterstürmen nichts Gutes, sagen die Forscher voraus.

Von Dagmar Röhrlich | 09.01.2008
    Im vergangenen Winter tobte der Orkan Kyrill über Europa hinweg und sorgte für schwere Verwüstungen. Auch Nordamerika wurden von starken Stürmen heimgesucht - und zwar von doppelt so vielen wie in den Wintern der vergangenen 70 Jahren zuvor:

    "Es war wirklich dramatisch. In Vancouver gab es eine Woche lang kein Wasser, weil ein Sturm so starke Überflutungen verursachte, dass das Trinkwasserreservoir verdorben war. Wir haben in Vancouver einen riesigen Park, den Stanley-Park. Allein darin hat der Orkan 60.000 alte Bäume zerstört."

    John Fyfe vom Kanadischen Zentrum für Klimamodellierung und – analyse in Victoria ist einer der Hauptautoren des jüngsten IPCC-Berichts. Er hat für den Zeitraum seit 1940 die Informationen über alle Stürme auf der Nordhalbkugel ausgewertet:

    "Wenn man diese Stürme einfach zählt, zeigt sich, dass ihre Zahl insgesamt leicht gesunken ist. Aber dafür stieg die Zahl der sehr schweren Stürme mit starken Niederschlägen und sehr hohen Windgeschwindigkeiten. Daraufhin haben wir uns die Ergebnisse der wichtigsten Weltklimasimulationen angeschaut. Auch da sehen wir, dass sich die bloße Sturmzahl verringert, während die Intensität steigt. Durch Simulationsrechnungen konnten wir auch nachweisen, dass diese Veränderungen nur durch unseren zusätzlichen Kohlendioxidausstoß angetrieben werden."

    Wir Menschen sind also selbst schuld, wenn uns immer schlimmere Winterstürme treffen, erläutert John Fyfe:

    "Wir glauben, dass die steigenden Temperaturen die Stürme in den Mittleren Breiten beeinflussen. Diese Stürme entstehen ja aufgrund des starken Temperaturgefälles zwischen Äquator und Pol. Weil der Klimawandel die nördlichen Breiten schneller aufheizt als die Tropen, schrumpft das Gefälle, weshalb sich weniger Stürme entwickeln können. Gleichzeitig wirkt jedoch ein zweiter Effekt: Je wärmer es wird, um so mehr Wasser verdampft, und damit steigt die Menge an latenter Energie in der Atmosphäre. Diese latente Energie speist die Gewalt von Gewitterstürmen. Das ist unserer Meinung nach der Grund, warum die Winterstürme stärker und stärker werden."

    Den Simulationen zufolge wird bis 2100 die Zahl der wirklich schlimmen Orkane um 20 Prozent steigen. Spitzenwindgeschwindigkeiten von 225 Stundenkilometern wie bei Kyrill werden dann keine Seltenheit sein.

    "Auch die Sturmbahnen verlagern sich: Über dem Nordatlantik erreichen sie jetzt weite Teile Europas, die Stürme ziehen also weiter in Richtung Pol."

    Fyfe und seine Kollegen schauten sich ebenfalls für die Südhalbkugel die Entwicklung der Stürme an. Das Resultat: Auch dort verlagern sich die Sturmbahnen polwärts – mit drastischen Konsequenzen für Australien:

    "Wir arbeiten schon lange an diesem Problem, weil Australien immer stärker unter sehr langen Dürren leidet. Der Grund ist wohl, dass die Stürme fehlen, die früher den Regen brachten, weil sie nun weiter südlich ziehen und seltener über den Kontinent hinweg fegen."

    Die Folgen für die Australier: Immer mehr Buschbrände brechen aus und die Landschaft versteppt.