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"Es läuft in Niedersachsen rund, wir sind gut drauf"

Er kam mit 39 Jahren ins Amt, nachdem sein Vorgänger Christian Wulff zum Bundespräsidenten gewählt worden war. David McAllister ist ein Jahr später schon erfahrener auf Landesebene - und viele trauen ihm auch den großen Sprung nach Berlin zu.

Von Susanne Schrammar | 14.07.2011
    Verdutzt schaut der Erbprinz von Hannover auf die vielen klickenden Kameras und ausgefahrenen Mikrofone. Dass der Besuch eines Politikers auf dem Stammsitz der Welfen, der Marienburg bei Hildesheim, so viele Journalisten aus der Bundeshauptstadt anlocken würde, damit hat der scheue 27-Jährige nicht gerechnet. Doch die Presse hat einen anderen Thronfolger ins Visier genommen: David McAllister – als Nachfolger von Christian Wulff macht der niedersächsische Ministerpräsident eine Sommertour durchs Land.

    "Ich bin das erste Mal hier und ich schließe tatsächlich eine niedersächsische Bildungslücke. Das Land Niedersachsen ist ja Rechtsnachfolger des untergegangenen Königreichs Hannover, insofern haben wir auch eine gemeinsame Verantwortung, das hannoversche Kulturerbe zu wahren und zu pflegen."

    Fürsorglich bugsiert der Regierungschef den schüchternen Prinzen auf einen der Märchenschlosstürme: Satte grüne Wiesen und sanft geschwungene Hügel - Niedersachsen wie aus dem Reiseführer. Doch die mitgereisten Berliner Journalisten interessieren sich nicht für die Schönheit der Provinz. Sie wollen den Mann näher kennenlernen, der so gut mit der Kanzlerin kann, dass sie ihn schon vor Jahren als Generalsekretär wollte. Der, der die Interessen der CDU-geführten Länder im Bundesrat koordiniert, der das Energiekonzept der Bundesregierung hinter den Kulissen entscheidend mitgeprägt hat und der den – Zitat - "geschwätzigen und schrillen" Politstil in Berlin mit Abscheu betrachtet. Ein Politiker mit Zukunft sagen die Kollegen aus der Hauptstadt.

    "Sonst würde ich ja nicht hier sein, wenn das kein Politiker mit Zukunft wäre. Was sollte ich dann hier?"

    Und so schreiben die Berliner Korrespondenten eifrig mit, wenn der Niedersachse nach seiner Rolle in der Bundespolitik gefragt wird. Nach dem Abgang von Wulff, Koch und zu Guttenberg ist David McAllister ohne sein Zutun in die Rolle der Nachwuchshoffnung katapultiert worden. Doch der ehemalige Schützenkönig von Bad Bederkesa gibt sich betont bescheiden und bodenständig.

    "Meine politische Rolle sehe ich in Niedersachsen. Ich weiß, es ist eine riesengroße Ehre und Auszeichnung mit 39 Jahren Ministerpräsident des Landes Niedersachsen geworden zu sein, ist ja auch unerwartet für mich gekommen und jetzt wollen wir das doch hier vernünftig und ordentlich machen – was hab ich denn mit Berlin zu tun? So und jetzt wollen wir noch mal Pattensen sehen!"

    Ein Ablenkungsmanöver. Selbstverständlich weiß der Mann, der um keinen flotten Spruch verlegen ist, um seine Chancen, doch er hat auch Angst davor, verheizt zu werden. Und er ist klug genug zu wissen: Für einen Führungsanspruch in der Partei muss McAllister erst die Landtagswahl in Niedersachsen 2013 gewinnen.

    "Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit Anfang der 90er-Jahre, die Wirtschaft wächst, wir sind dabei, unseren Haushalt im Sinne des Neuverschuldungsverbots wieder auf Nettoneuverschuldung Null in 2017 zu bringen, wir haben eine erfolgreiche Schulreform durch den Landtag gebracht – es läuft in Niedersachsen rund, wir sind gut drauf."

    Nächste Station: der Mariendom in Hildesheim. Die UNESCO-Welterbestätte wird derzeit für 30 Millionen Euro saniert. Der Bischof führt David McAllister zum 1000-jährigen Rosenstock, während nebenan die Bagger lärmen. Den weißen Schutzhelm nimmt der Regierungschef nur widerwillig.

    "Politiker mit Kopfbedeckung sehen immer leicht unglücklich aus."

    Auch der Ministerpräsident hat einige Baustellen zu bearbeiten: Die Sanierung des maroden Atommülllagers Asse, der Konflikt um den Salzstock Gorleben, der demografische Wandel in Niedersachsen und ausgerechnet einer seiner stärksten Minister, Bernd Althusmann, steht derzeit mit seiner Doktorarbeit unter Plagiatsverdacht. Wenn die Universität Potsdam sich dazu nächste Woche äußert, wird sich der Ministerpräsident möglicherweise einen neuen Kultusminister suchen müssen.

    Vier Tage lang ist McAllister in Niedersachsen unterwegs, besucht Kindergärten, besichtigt Kirchen, steigt hinab in einen ehemaligen Eisenerzschacht, steckt seine Nase in Salbeisträuße und fährt in einem Freizeitpark Achterbahn. Auf der Fahrt im silbernen Reisebus und am Abend in der Gaststätte erlebt die Hauptstadtpresse auch einen David McAllister, der seine scharfe Zunge nicht immer staatsmännisch unter Kontrolle hält und der in seinen unterhaltsamen Spotgeschichten auch nicht Halt vor Parteigenossen macht. Wie kommt die CDU-Hoffnung aus Hannover an in Berlin?

    "Er macht sich ja rar. Er ist dort für einen Landespolitiker fast unsichtbar, aber wenn er sich mal meldet, dann hören ihm alle schon genau zu."

    "Er ist sehr offen, zugänglich, unkompliziert, er erkennt vielleicht noch nicht so die Fallstricke, in die man geraten kann, wenn man im Berliner Politikbetrieb drin steckt."

    "Die Zeit spielt für ihn. Er ist 40. Es wird eine Periode auch in der Bundes-CDU kommen, in der Frau Merkel Vergangenheit sein wird, wenn es 2017 wäre, wäre Herr McAllister dann immer noch jung genug, um in der Bundes-CDU einen Posten einzunehmen, den er heute noch nicht hat."