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"Es muss mehr Bandbreite geschaffen werden"

Internet.- Bis zum Jahr 2015 soll die Hälfte der Weltbevölkerung über schnelle Internetanschlüsse verfügen. Das fordert Hamadoun Toure, Generalsekretär der Internationalen Telekom Union.

Hamadoun Toure im Gespräch mit Manfred Kloiber | 19.02.2011
    Manfred Kloiber: Auch wenn die Tablet-PCs noch so schön sind - den Netzbetreibern machen sie auch Bauchschmerzen. Denn jedes neues mobile Endgerät, ob Smartphone oder Tablet, sorgt ja auch für neuen Hunger nach Bandbreite. Und schon warnt die Internationale Telekom Union ITU, zuständig für Standardisierung und die internationale Koordinierung von Funkfrequenzen, dass es vor allem in den Megacities oft frustrierte Nutzer gäbe, die sich mit chronisch nicht verfügbaren Netzen plagten. Auf der anderen Seite ist der Mobilfunk in vielen Ländern die einzige Chance, den Breitbandzugang zum Internet überhaupt zu schaffen. Darüber habe ich mit dem Generalsekretär der ITU, Hamadoun Toure auf dem mobile World Congress in Barcelona gesprochen. Sein Ziel: Bis zum Jahr 2015 soll die Hälfte der Weltbevölkerung über schnelles Internet verfügen

    Hamadoun Toure: Das erste Jahrzehnt unseres Jahrhunderts war geprägt vom rasanten Ausbau der Mobilfunknetze. Aber das jetzt laufende Jahrzehnt ist das des Mobilen Breitbandzugangs und der smarten Mobilfunkgeräte. Da geht es nicht nur um die Smartphones an sich, sondern auch um Geräte für Steuerungsaufgaben, die ebenfalls drahtlos funktionieren. Davon gibt es heute schon über 500 Millionen Stück. In unserem letzten ITU-Trend-Report gehen wir davon aus, dass wir bis 2015 über zwei Milliarden solcher smarten Geräte haben werden.

    Kloiber: Sind denn die Mobilfunkbetreiber für diesen Trend vorbereitet?

    Toure: So wie der Bedarf steigt, gibt es einen enormen Druck auf die zur Verfügung stehen Frequenzen. Es muss mehr Bandbreite geschaffen werden. Deshalb haben wir letzte Woche alle Regierungen der Welt aufgefordert, die zur Verfügung stehenden Frequenzen wirklich effizient zu nutzen. Wir müssen uns auf die Welt-Radio-Konferenz im nächsten Jahr vorbereiten, weil dort im Zuge der Digitalen Dividende viel Frequenz-Spektrum neu verteilt wird. Durch die Umstellung des Fernsehens auf digitale Ausstrahlung werden weltweit viele Frequenzen frei, die wir neu nutzen können. Die ITU hofft, dass dieser Prozess bis 2015 abgeschlossen ist und möglichst viel Spektrum für den mobilen Internetzugang frei wird.

    Kloiber: Gibt es denn in einzelnen Ländern Probleme mit dieser Umverteilung?

    Toure: Das ist auf der ganzen Welt ein Problem. Frequenzen sind eine natürliche, begrenzte Ressource. Und je entwickelter ein Land ist, desto mehr Spektrum benötigt es. Deshalb gibt es ja auch eine internationale Regulierung. Die Technologie macht große Fortschritte und es gibt immer neue Möglichkeiten, zum Beispiel in der Antennen-Technologie, weitere Frequenzbereiche zu nutzen.

    Kloiber: In Entwicklungsländern ist ja der Mobilfunk oft die erste und die einzige Möglichkeit für den Internetzugang. Stellt das eigentlich diese Länder vor besondere Probleme?

    Toure: In vielen Entwicklungsländern ist der Mobilfunk das einzige Kommunikationsmittel, weil es zu teuer ist, Erdkabel zu verlegen. Aber auch in diesen Ländern steigt das Kommunikationsbedürfnis der Menschen rapide und die Netze müssen wachsen. Das ist aber kein technisches Problem sondern ein politisches. Der Ausbau muss durch eine vernünftige Regulierung vorangetrieben werden, damit Investoren angelockt werden. In jedem Land, selbst in den am dünnsten besiedelten, ärmsten Ländern entstehen Mobilfunknetze, wenn sie das über Lizenzen steuern und für Wettbewerb sorgen. Da ist die Frage der eingesetzten Technik nebensächlich. Der zweite Punkt ist aber die Kostenfrage. Wie kann man den Zugang zu Breitband-Internet bezahlbar machen? In den 20 reichsten Ländern der Welt kostet der Breitbandzugang weniger als ein Prozent des Durchschnittseinkommens, aber in den 20 ärmsten Ländern der Welt kostet ein Breitband-Internetzugang mehr als 100 Prozent des Monatslohnes. Das ist die Ironie: Die Ärmsten müssen den höchsten Preis bezahlen. Die gute Nachricht ist: In den letzten fünf Jahren fielen die Kosten um 40 Prozent und der Trend hält an. Aber da muss noch viel am Preis im Verhältnis zum Einkommen getan werden.

    Kloiber: Und wie kann das umgesetzt werden?

    Toure: Es ist wichtig für alle Staaten der Welt, einen Breitband-Aktionsplan zu entwickeln, eine Vision, die man propagieren und teilen kann. Wenn sie den haben, dann haben sie auch die richtigen politischen Rahmenbildungen. Und dann geht es für die Regierungen auch darum, für Ausbildung und genügend Fachkräfte zu sorgen. Nicht nur für die Nutzung von Kommunikationsmitteln, sondern auch für die Bereitstellung von Inhalten. Nur dann werden wir die Vorteile der Wissensgesellschaft nutzen können.