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"Es wäre gut, wenn es eine international abgestimmte Abgabe gäbe"

Heute will die Bundesregierung Eckpunkte für geplante schärfere Regeln für Banken beschließen: Danach sollen künftig alle Kreditinstitute in einen Stabilitätsfonds einzahlen. Ziel sei es zu verhindern, so der Finanzpolitiker der FDP, Hermann Otto Solms, "dass die Banken den Finanzmarkt wieder in diese Lage bringen".

Hermann Otto Solms im Gespräch mit Jochen Spengler | 31.03.2010
    Jochen Spengler: Die Bundesregierung will heute das Gesetzgebungsverfahren für eine Bankenabgabe in Gang setzen. Damit sollen die Kreditinstitute sich künftig in Krisen selbst helfen können.

    Wie kann man sicherstellen, dass sich eine Finanzkrise wie die letzte nicht wiederholt, und vor allem, dass nicht wieder der Steuerzahler den Preis der wilden Spekulationen zahlen muss? Darum geht es also und ein Zauberwort heißt nun Bankenabgabe. Die ganze Welt, so scheint es, plant derzeit eine, aber jedes Land offenbar eine eigene, eine andere: die USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland. Die EU würde das ganze gerne koordinieren, der Internationale Währungsfonds sagt, das passt alles nicht zusammen und fordert eine globale Lösung, im April wird er einen Vorschlag zu einer Finanzmarktsteuer unterbreiten.
    Am Telefon begrüße ich den Finanzpolitiker der FDP und Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Hermann Otto Solms. Guten Morgen, Herr Solms.

    Hermann Otto Solms: Guten Morgen, Herr Spengler.

    Spengler: Kann das was geben, wenn jeder für sich und Gott für uns alle kämpft?

    Solms: Nein. Deswegen beschließt ja die Bundesregierung heute Eckwerte und nicht einen Gesetzesentwurf, in dem die wichtigsten Punkte dargelegt sind. Damit will sie erreichen, dass wir Verhandlungsspielraum haben mit den Partnern in Europa und sonst in der Welt, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.

    Spengler: Das ist das Ziel, also eine europäisch abgestimmte Abgabe?

    Solms: Es wäre gut, wenn es eine international abgestimmte Abgabe gäbe, denn dann würde man vermeiden, dass eine sogenannte regulatorische Arbitrage entstünde. Das hieße, dass es eben Wettbewerbsunterschiede für Banken in verschiedenen Staaten gäbe. Das wäre nicht gut, weil das dann unter Umständen den deutschen Finanzmarkt belasten würde.

    Spengler: Nun hat Ihr Parteivorsitzender Guido Westerwelle gesagt, mit der Abgabe würden die für die Finanzkrise Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Das stimmt doch nicht! Das ist doch ein Satz für die Wähler in Nordrhein-Westfalen, oder?

    Solms: Sie können das nicht auf die Goldwaage legen. Es geht jetzt darum, natürlich ist der Anlass die Finanzkrise von vor zwei Jahren und die Schäden, die dort ausgelöst worden sind, aber Ziel dieser Bankenabgabe ist, einen Restrukturierungsfonds sozusagen zu bilden, der für die Zukunft wirkt und verhindert, dass die Banken den Finanzmarkt wieder in diese Lage bringen.

    Spengler: Herr Solms, auf die Zukunft will ich gleich zu sprechen kommen. Kurz noch ein Blick auf die Vergangenheit. Das politische Hauptziel, was die schwarz-gelbe Regierung lange genannt hat, nämlich die Banken an den gigantischen Kosten der Krise zu beteiligen, dieses Ziel ist zu den Akten gelegt?

    Solms: Das ist zu den Akten gelegt.

    Spengler: Warum?

    Solms: Natürlich haben viele Banken da bluten müssen. Es ist ja nicht so, dass sie da so einfach dran vorbeigekommen sind. Einige Banken leiden ja darunter jetzt noch und wahrscheinlich noch für viele Jahre. Das sehen Sie daran, dass wir ja ein "Bad Bank"-Gesetz gemacht haben, in dem diese Altlasten dann in der Zukunft abgewickelt werden müssen. Also die Banken leiden unter der Krise bis heute.

    Spengler: Also es ist zu den Akten gelegt worden, weil sie leiden und weil man nicht heran kommt an die Banken?

    Solms: Und weil es sehr schwer ist, im Nachhinein festzustellen, wer hat welche Verantwortung und wofür gehabt, oder wer hat wissentlich Fehler gemacht und wer hat es nur aus Sorglosigkeit oder aus Nichtwissen getan.

    Spengler: Dann prinzipiell, was die Zukunft angeht: Halten Sie es für richtig, dass die Banken künftig an möglichen Rettungsaktionen beteiligt werden, oder soll die nächste Krise erneut der Steuerzahler ausbaden?

    Solms: Wir als FDP haben diese Maßnahme unterstützt, eine Bankenabgabe einzuführen in einem begrenzten Umfang. Man muss ja sehen, dass gleichzeitig die Banken aufgefordert werden sollen, ihre Eigenkapitalausstattung zu verbessern, um auch besser auf Krisen vorbereitet zu sein - das erhöht tatsächlich auch die Kosten für die Banken -, und dass wir die Banken ja in die Lage versetzen wollen oder erhalten wollen, dass sie ihre Kreditausgabefähigkeit behalten, damit nicht in der Krise eine Kreditklemme entsteht und die mittelständische Wirtschaft weiter mit Krediten versorgt werden kann.

    Spengler: Aber wer Boni zahlen kann und wer sich Geld von den Zentralbanken zu Minizinsen von einem Prozent leihen kann und dann erheblich teuerer wieder verleiht, der kann doch auch eine Bankenabgabe zahlen. Wieso soll da eine Kreditklemme zu befürchten sein?

    Solms: Weil alles gleichzeitig kommt, und das ist ja die Gefahr, dass im Aufschwung eben eine Kreditklemme entsteht. Im Aufschwung benötigt die Wirtschaft, die Industrie insbesondere viele Kredite und wenn da eine Kreditklemme entstünde, würde der Aufschwung geschwächt. Das darf natürlich auch nicht sein.

    Spengler: Haben denn die Banken nicht genügend Spielraum? Ich habe das gerade schon gesagt: die leihen sich ja Geld von der Zentralbank zu Minizinsen, das müsste doch eigentlich genug Spielraum lassen zu verdienen, das Eigenkapital zu stärken und trotzdem Kredite genügend zu verleihen.

    Solms: Bei den längerfristigen Ausleihen steigen die Zinsen bereits und es ist ja auch zu erwarten, wenn der Aufschwung in Gang kommt, dass dann die Zentralbanken den Zentralbankzins wieder erhöhen. Man muss immer das ganze Feld im Auge haben und sehen, dass das nicht durch extreme Entscheidungen dann selbst Schwierigkeiten wieder auslöst.

    Spengler: Sie haben gesagt, begrenzte Bankenabgabe. Wenn die Regierung eine Bankenabgabe wie Barack Obama, der US-Präsident, plante, dann käme da nicht eine Milliarde Euro, sondern acht Milliarden Euro jährlich heraus. Reichen die 1,2 Milliarden jährlich, die jetzt geplant sind, wo man doch mindestens 40 Milliarden Euro bräuchte, um ein Bankensystem in schwerer Krise zu retten?

    Solms: Die 1,2 Milliarden, was jetzt so in etwa geplant ist, gelten ja jedes Jahr, nicht einmalig, und damit wird - wie soll ich es nennen? - ein Präventionsstrukturfonds aufgebaut oder ein Kriseninterventionsfonds, der ja sich jedes Jahr erhöht und dann mit Zinseszins doch in kurzer Zeit ein ganz anständiges Volumen erreicht. Es ist ja auch nicht zu erwarten, dass so eine umfassende Krise in den nächsten Jahren wieder entsteht. Deswegen, glaube ich, hat ein solcher Fonds in zehn Jahren ein Volumen, mit dem man wirklich sehr gut agieren kann.

    Spengler: Und wir müssen beten, dass es in den nächsten zehn Jahren nicht wieder zu einer Finanzkrise kommt?

    Solms: Ja, natürlich! Die gleiche Krise wird auch nicht wiederkommen, aber es kommt sicherlich irgendeine andere Krise, durch andere Ursachen ausgelöst. Das kann es ja immer wieder geben und darauf müssen wir vorbereitet sein. Deswegen ja auch dieser Aufbau dieses Fonds. Wir müssen nur darauf achten, dass dieses Geld, was dort angesammelt wird, nicht dann für andere Zwecke zwischenzeitlich zweckentfremdet wird.

    Spengler: Hermann Otto Solms, liberaler Vizepräsident des Bundestages im Deutschlandfunk und im Laufe des Morgens im Internet nachzulesen und nachzuhören unter www.dradio.de. Danke, Herr Solms.

    Solms: Danke, Herr Spengler.