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Eskalation auf der Krim
Obama warnt Putin

Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland um die Halbinsel Krim hat sich zur heftigsten und gefährlichsten Ost-West-Krise seit dem Zerfall der Sowjetunion ausgeweitet. US-Präsident Obama warnte Putin vor einer Invasion. Die US-Republikaner sehen Obama weiter unter Handlungsdruck.

Von Marcus Pindur | 02.03.2014
    US-Präsident Barack Obama (l.) und Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen in Moskau Ende 2009.
    Steht im Verhältnis zwischen den USA und Russland eine neue Eiszeit bevor? (Archivbild) (picture alliance / dpa / Shawn Thew)
    90 Minuten sind für ein Telefongespräch eine lange Zeit. Besonders, wenn der amerikanische Präsident es führt. Russland müsse seine Truppen auf der Krim unverzüglich in seine Stützpunkte zurückziehen und dürfe sich auch sonst nicht in die Angelegenheiten der Ukraine einmischen, so Präsident Barack Obama in seinem Telefonat mit Wladimir Putin. Einstweilen würden die USA die Vorbereitung des nächsten G8-Gipfels aussetzen. Das G8-Treffen war ausgerechnet in der russischen Olympiastadt Sotschi geplant. Kanada und Großbritannien schlossen sich Obamas Schritt an.
    Auch US-Außenminister Kerry verurteilte die Invasion in scharfen Worten. "Der russische Einmarsch auf der Krim ist ein unglaublicher Akt der Aggression. Putin verletzt die UN-Charta und die Souveränität der Ukraine. Putin verletzt das Budapest-Memorandum von 1994, in dem sich Russland ausdrücklich auf die Respektierung der ukrainischen Souveränität verpflichtet hat. Im 21. Jahrhundert kann man nicht wie in der Welt des 19. Jahrhunderts verhalten und ein anderes Land unter einem völlig gefälschten Vorwand angreifen."
    Kerry: Nicht zu spät für eine diplomatische Lösung
    Gleichzeitig wies Kerry ausführlich darauf hin, dass Putin auch wieder hinter diesen Akt zurück könne. Es sei nicht zu spät für eine diplomatische Lösung, dies betonte der Außenminister mehrfach.
    Obama, der sich auf die Innenpolitik konzentrieren wollte, findet sich auf einmal in der heftigsten und gefährlichsten Ost-West-Krise seit dem Zerfall der Sowjetunion wieder. Der Präsident ist unter Handlungsdruck, nur empörte Worte seien nicht genug, so der republikanische Senator Lindsey Graham, der Mitglied im Streitkräfte-Ausschuss ist: "Wir sollten so bald wie möglich Georgien und Moldawien in die NATO aufnehmen. Präsident Obama hat sich von den Russen zur Aufgabe der Raketenabwehr in Polen und der Tschechischen Republik drängen lassen. Das sollte er wieder aufnehmen. Ich würde mehr NATO-Truppen auf dem Balkan und in allen Ländern, die von Russland bedroht werden, stationieren. Und ich würde ihn für ein Jahr aus der G8-Gruppe ausschließen, und für jeden Tag, den Putin länger auf der Krim bleibt, würde ich Russland länger aus den G8 und den G20 ausschließen."
    Eine militärische Konfrontation mit Russland will niemand in Washington, und die Einsicht ist weitverbreitet, dass man kurzfristig gegen Putins Invasion auf der Krim nicht viel tun kann, so die Leiterin des Zentrums für Eurasische und russische Studien an der Georgetown University, Angela Stent: "Für Putin ist es viel wichtiger, dass er auf der Krim Flagge zeigt, als an einem G8-Gipfel teilzunehmen. Die USA haben keinen nennenswerten Verhandlungshebel. Unser Handel mit Russland ist minimal und beträgt weniger als zwei Prozent des Gesamtvolumens. Und Russland hat ein großes Interesse an der Krim und der Ukraine."
    Das Problem Obamas sei, dass seine roten Linien nicht mehr ernst genommen werden, so Senator John McCain: "Putin hat gesehen, dass Obamas rote Linie überschritten wurde, ohne das Obama gehandelt hat. Putin hat gesehen, wie Obama sagt: Sagen Sie Wladimir, nach den Wahlen bin ich flexibler. Wir drücken den Neustartknopf ohne Unterlass, und nichts passiert im amerikanisch-russischen Verhältnis. Putin als alter KGB-Kader glaubt einfach nicht, dass die Strafe für sein Verhalten besonders streng sein wird."
    Obamas politische Signale an die Welt - in Libyen, in Syrien - und seine Mantra-artige Betonung des wirtschaftlichen Aufbaus zu Hause waren eher die eines Rückzuges als die eines international handlungsbereiten Präsidenten. Das schafft ein psychologisches Vakuum, das Autokraten wie Putin zu nutzen verstehen.