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Eskalation bei der Deutschen Bank
Aufklärer Thoma verlässt Kontrollgremium

Neuer Rückschlag für Deutschlands größte Bank: Der Vorsitzende des Integritätsausschusses im Aufsichtsrat der Deutschen Bank geht. Georg Thoma war verantwortlich für die Aufarbeitung der zahlreichen Skandale. Er hat wohl zu intensiv nachgeforscht.

Von Felix Lincke | 29.04.2016
    Dunkle Wolken über der Zentrale der Deutschen Bank: Das Unternehmen muss kräftig sparen.
    Georg Thoma wollte in der Deutschen Bank für neue Risikostrukturen sorgen, die Verfehlungen wie in der Vergangenheit künftig ausschließen sollen. (dpa / picture alliance / Arne Dedert)
    Die Deutsche Bank sucht einen neuen Sittenwächter für den Aufsichtsrat. Georg Thoma wurde über Nacht von seinen Aufgaben als Leiter des sogenannten Integritätsausschusses mit sofortiger Wirkung entbunden. Er war möglicherweise zu streng mit der Deutschen Bank. Thomas Aufsichtsratskollege Alfred Herling hatte ihn zuvor offen zum Rückzug aufgefordert, ein ungewöhnlicher Vorgang. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung warf Herling ihm vor, er überziehe, wenn er immer breitere Untersuchungen fordere und immer noch mehr Anwälte aufmarschieren lasse.
    Thoma ist selbst Anwalt und wollte in der Bank für neue Risikostrukturen sorgen, die Verfehlungen wie in der Vergangenheit künftig ausschließen sollen. Damit sei er über das Ziel hinausgeschossen, ist zu hören. Endgültig überzogen hatte Thoma wohl, als er den Chef des Aufsichtsrats Paul Achleitner miteinbezog in seine Untersuchungen. In einer Erklärung würdigte Chefkontrolleur Achleitner die Arbeit von Thoma und versprach nicht nachzulassen bei der Aufklärung: "Der Aufsichtsrat ist fest entschlossen, möglich Verfehlungen auch künftig konsequent aufzuarbeiten und daraus die Lehren für die Zukunft zu ziehen."
    Auch die DSW machte Druck
    Es ist möglich, dass der 71 Jahre alte Rechtsanwalt Thoma viel verlangt hat, aber das tun auch die Aktionäre. So hat die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW auf der letzten Aktionärsversammlung bereits eine Sonderprüfung zu den Risikostrukturen gefordert und anschließend auch gerichtlich durchgesetzt. DSW-Anwalt Klaus Nieding: "Die Deutsche Bank muss jetzt liefern. Sie muss die Baustellen aus der Vergangenheit endlich abbauen und erledigen. Und sie muss bis zur Hauptversammlung im Mai 2016 klare Fortschritte im Bereich des Kulturwandels und des Ausmistens des Augias-Stalles zeigen."
    Erst auf die Klage der DSW hin lenkte die Bank vor zwei Wochen ein. Sie wird nun zulassen, dass unabhängige Wirtschaftsprüfer kontrollieren, ob die das aktuelle Risikosystem inzwischen ausreichend ist. Nieding bezweifelte das. "Die Deutsche Bank hat einige der Probleme abgebaut aus der Vergangenheit, aber andere sind dafür neu hinzugekommen. Wir haben zwar das Thema Libor-Manipulationen erledigt: Mit einer bemerkenswerten Zahlung von knapp 2,3 Milliarden Euro, die ja dann auch noch mal verschärft worden ist wegen angeblichem Nicht-Kooperieren der Bank – auch ein sehr bemerkenswerter Vorgang. Aber das Thema Geldwäsche in Russland ist dazu gekommen, das Thema Devisenkursmanipulation steht noch aus."
    Versäumnisse sind offensichtlich
    Das mögliche Nicht-Kooperieren mit der britischen Finanzaufsicht im Fall Libor könnte für Aufsichtsratschef Achleitner noch zu einer entscheidenden Frage werden. Aus London mussten wiederholt über viele Monate Dokumente angefordert werden, welche die Bank anscheinend nicht herausrücken wollte. Das war wiederholt zu lesen, sodass der Aufsichtsrat davon Kenntnis hatte. Dass diese Fehler nicht abgestellt wurden, verteuerte die Strafzahlung am Ende um mindestens 100 Millionen britische Pfund. Die Versäumnisse sind damit ganz offensichtlich. Was fehlt ist der Nachweis, wer welchen Anteil daran hatte und die Bereitschaft daraus vielleicht auch persönliche Konsequenzen zu ziehen.