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Essen mit Fernwirkung

Physiologie. - Ernährt sich eine Frau während der Schwangerschaft ungenügend, kann diese Mangelernährung erhebliche Auswirkungen auf das Wohl des Kindes haben, im schlimmsten Fall kommt es zum Abort. Ob und welche Auswirkungen auch eine Mangelernährung lange vor eine Schwangerschaft auf die Gesundheit späterer Kinder hat, haben dänische Forscher untersucht.

Von Michael Stang | 02.09.2011
    Werden trächtige Mäuse auf Diät gesetzt, wirkt sich dies deutlich auf den Nachwuchs aus. Die jungen Mäuse sind leichter als durchschnittliche Neugeborene, zudem leiden sie vermehrt an Diabetes und koronaren Erkrankungen. Anete Dudele wollte herausfinden, ob die Ernährung von Weibchen auch lange Zeit vor einer Trächtigkeit Einfluss auf den Nachwuchs und seine spätere Gesundheit hat.

    "Wir haben den Mäuseweibchen zehn Wochen lang bis zur Befruchtung entweder normales Futter oder stark eiweißreduziertes Futter gegeben. Während der Trächtigkeit haben dann aber alle das Standardfutter bekommen, ebenso nach dem Wurf. Auch der Nachwuchs beider Gruppen erhielt später stets normales Futter."

    Nach der Geburt legte die Biologin von der Universität von Aarhus in Dänemark die neugeborenen Mäuse zuerst auf die Waage, anschließend untersuchte sie deren Glukosetoleranz und Insulinsensitivität. Dabei bekamen die Mäuse Zuckerlösungen verabreicht. Wie schnell sie anschließend den Zucker im Blut abbauen verrät, wie gut ihre Bauchspeicheldrüse funktioniert. Diese Daten geben Auskunft über mögliche spätere Erkrankungen, die mit einem gestörten Stoffwechsel einhergehen. Die Messungen an den Nagern wiederholte Anete Dudele mehrfach.

    "Dabei sahen wir, dass vor allem der männliche Nachwuchs von den Müttern, die vor der Trächtigkeit auf Diät gesetzt worden waren, generell kleiner und leichter war. Erst im Erwachsenenalter konnten die Tiere dieses Defizit aufholen. Auch stellten wir bei dieser Gruppe anfangs eine erhöhte Glukosetoleranz fest, die mit einer gesteigerten Insulinempfindlichkeit einhergeht."

    Je älter die Mäuse wurden, desto geringer waren die Unterschiede zwischen dem Nachwuchs, dessen Mütter vor der Trächtigkeit auf eiweißreiche Kost verzichten mussten und jenem, deren Mütter normales Futter erhalten hatten. Dies deutet darauf hin, so Anete Dudele, dass eine Mangelernährung auch lange Zeit vor einer Trächtigkeit einen Einfluss auf die Gesundheit des zukünftigen Nachwuchses hat.

    "Wir haben aber noch keine eindeutige Antwort darauf, welcher physiologische Prozess bei den Müttern dafür verantwortlich ist. Es könnte mit der Körpermasse oder dem Stoffwechsel zu tun haben, aber seltsamerweise konnten wir keine Unterschiede zwischen den Müttern finden, sondern nur beim Nachwuchs. Das sind aber bislang alles nur Vermutungen, der eigentliche Mechanismus muss natürlich noch erforscht werden."

    Zwar sind die Ergebnisse solcher Grundlagenstudien nicht 1:1 übertragbar, aber der Stoffwechsel von Mäusen ähnelt dem der Menschen. Von daher ist es gut möglich, dass es diese Effekte auch bei Menschen gibt. Damit könnte es erste Hinweise auf mögliche Erklärungen geben, warum Kinder bestimmter Mütter vermehrt unter Diabetes leiden, obwohl sich die Frauen während der Schwangerschaft gesund ernährt hatten. Daher gilt, zumindest bei Mäusen: gesunder Nachwuchs ist umso wahrscheinlicher, je länger sich ein Weibchen vor der Trächtigkeit gesund ernährt.