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Ethisches Investment

Viele US-Hochschulen lehnen es ab, in ethisch fragwürdige Unternehmen zu investieren. Bisher waren das vor allem Rüstungs- und Tabakfirmen. Inzwischen gehören aber auch Unternehmen der Energiewirtschaft zu, vor allem jene, die auf Kohleverbrennung zur Energiegewinnung setzen.

Von Gunnar Schultz-Burkel | 18.07.2013
    Investiert nicht mehr in die Kohleförderung, skandieren Studierende der Brown University in Providence, Bundesstaat Rhode Island.

    Die Aufforderung richtet sich an die Hochschulleitung. Wie die meisten amerikanischen Unis spekuliert auch Brown an der Börse. Mit dem Gewinn aus Aktien werden unter anderem Stipendien für nicht so betuchte Studenten bezahlt, Geräte für Labore gekauft und Spitzenwissenschaftlern höhere Gehälter bezahlt.

    Aber seit den 60er-Jahren haben es die Finanzchefs der Hochschulen nicht mehr so leicht, Studiengebühren und Spenden der Alumnis in Aktien anzulegen. Damals protestierten Studenten gegen Rüstungsfirmen und den Vietnamkrieg, später, in den 80er-Jahren, sollten keine Aktien von Unternehmen gekauft werden, die mit dem Apartheidregime Südafrika Geschäfte machten und in den 90er-Jahren setzten die Demonstranten Unipräsidenten unter Druck, die in die Tabakindustrie investierten.

    "Und jetzt haben Hochschüler von mehr als 300 Unis die Kohleindustrie im Fadenkreuz. Es sollen alle Aktien abgestoßen und es soll nie wieder in diese Sparte investiert werden."

    Das hier ist unser vierter Protest, erklärt Emily Kirkland und wir kommen gut voran. Die Unileitung nimmt uns wirklich ernst.

    Emily studiert Umweltwissenschaften an der Eliteuni und hatte sich bis letzten Winter relativ wenig Gedanken über die Schadstoffe der Kohle gemacht. Und wenn, dann vor allem theoretisch. Aber dann: die Hitzewelle im Nordosten des Landes, die Waldbrände im Westen, die Trockenheit im Süden und Hurrikane Sandy.

    "Das kam mir alles wie ein Notfall vor, der in Zeitlupe vor mir ablief und plötzlich wurde das für mich alles sehr persönlich."

    Während viele Studenten an anderen Hochschulen bereits vor einigen Jahren Druck auf ihre Schulverwaltung ausübten und verlangten, dass weder in die Kohleindustrie, noch in Mineralölgesellschaften investiert werden sollte, dauerte es im Fall der Brown Universität ein bisschen länger. Dafür sind die Proteste jetzt umso heftiger. Die Studenten wollen nicht nur die Aktien von Kohleproduktionsunternehmen auf die schwarze Liste setzen, sondern auch die von Elektrizitätswerken, die Kohle zur Energiegewinnung einsetzen.

    "Ist schon toll, wenn man sieht, welchen Einfluss wir haben."

    Denn die Hochschulverwaltung hat die Demonstrationen auf dem Campus nicht einfach ignoriert, sondern reagiert. Chris Bull vom Finanzausschuss der Brown University:

    "Kohleförderung und -verbrennung sind schlecht für die Menschen und wir haben beschlossen, dass unsere Hochschule nicht mehr daran beteiligt sein will."

    Da nur ein Bruchteil aller Investitionen in Kohleaktien angelegt wurde, ist es für die Uni kein großer finanzieller Verlust. Die meisten Kohle-, und Erdöl-Konzerne geben sich bisher demonstrativ. Zu denen, die aufgeschreckt sind, gehört Duke Energy. Das Unternehmen liefert Strom in fünf Bundesstaaten, darunter Ohio und Florida. Firmensprecher Tom Williams beeilt sich zu erwähnen, dass man den Rußausstoß bereits kräftig reduziert habe und auf gar keinen Fall Investoren wie Brown verlieren möchte.

    "Wenn unsere Marke angekratzt wird, dann hat das Auswirkungen auf den Aktienwert und das ist natürlich überhaupt nicht gut."

    Das freut den Umweltaktivisten Bill McKribben, der durch einen Artikel im "Rolling Stone" Magazin die Proteste an den Unis ins Rollen brachte.

    "Ist schon toll, wie das alles aus verschiedenen Richtungen hochkocht. Und die Studenten das alles initiieren. Genauso sollte es ja sein."

    Diese Generation, glaubt er, wird die Führung beim Umweltschutz übernehmen.

    Ich bin durch die Aktion wirklich wach geworden, gibt Emily zu und sie will sich jetzt langfristig für den Umweltschutz einsetzen. Man weiß ja vorher gar nicht, wie viel Macht man wirklich hat.