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EU-Asylpolitik
Tusk will Flüchtlingszentren außerhalb Europas

Im Streit um die Asylpolitik liegt ein weiterer Vorschlag auf dem Tisch: EU-Ratschef Donald Tusk plädiert für Aufnahmezentren für Flüchtlinge - außerhalb der EU. Dort soll über ihre Schutzbedürftigkeit entschieden werden. Doch der Entwurf kann nicht alle Streitpunkte innerhalb der EU lösen.

Von Peter Kapern | 19.06.2018
    Das Hassan Sham Flüchtlingslager ca. 25 Kilometer östlich der kurdischen Metropole Mossul im Nordirak am 19.12.2016.
    Nordafrika oder Albanien? Wo die vorgeschlagenen Aufnahmezentren für Asylbewerber außerhalb der EU liegen sollen, bleibt offen (picture alliance / Laurie Dieffembacq/BELGA/dpa)
    Die Zahlen sind eindeutig: Bis Mitte Juni sind 40.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa geflohen. Im selben Zeitraum des vergangenen Jahres waren es doppelt so viele, im ersten Halbjahr 2016 sogar viereinhalb Mal so viele. Diese Zahlen präsentierte die Internationale Organisation für Migration (IOM) heute.
    Rückgang der illegalen Migration
    Und Donald Tusk lieferte Daten, die in dieselbe Richtung weisen. Die illegale Migration in die EU sei seit 1995 um 95 Prozent zurückgegangen. So steht es im vom EU-Ratspräsidenten verfassten Entwurf der Abschlussresolution für den EU-Gipfel in der kommenden Woche. Die EU sei entschlossen, so heißt es dort, diese Politik weiter zu verfolgen. Deshalb schlägt Tusk die Einrichtung von Flüchtlingszentren außerhalb der EU vor.
    An der Küste Nordafrikas, so Tusks Idee, sollen Auffanglager errichtet werden, in denen alle auf dem Mittelmeer geretteten Bootsflüchtlinge untergebracht werden. Dort soll dann zwischen jenen, die einen Asylanaspruch haben und jenen, die aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa wollen, unterschieden werden. Dieser Vorschlag des Ratspräsidenten dürfte im Kreis der Staats- und Regierungschefs auf viel Zustimmung stoßen.
    Flüchtlings-Quote wohl vom Tisch
    Allerdings löst er nicht jene Streitpunkte, an denen sich die Mitgliedstaaten seit Jahren verhakt haben. Welche Länder sollen für die Bearbeitung berechtigter Asylanträge zuständig sein? Und in welchen sollen die anerkannten Asylbewerber untergebracht werden? Dazu sagt der Resolutionsentwurf nichts.
    Die Idee einer verpflichtenden Quote zur Flüchtlingsaufnahme für alle EU-Mitgliedstaaten scheint vom Tisch zu sein, stattdessen spricht Kanzlerin Merkel nun so wie Ungarns Regierungschef Orban von einer "flexiblen Solidarität". Was das genau heißt, ist unklar.
    Verständnis für Bayern?
    Ein weiterer Vorschlag Tusks zielt auf die sogenannte Sekundärmigration ab. Dabei geht es um Asylbewerber, die bereits in einem Land registriert wurden, aber entgegen den rechtlichen Bestimmungen in andere EU-Staaten weiterreisen. Das gefährde die Integrität des Asylsystems erheblich", heißt es in dem Entwurf. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, alle notwendigen internen gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Maßnahmen" zu ergreifen, um die Sekundärmigration zu verhindern. Klingt nach einem Appell vor allem an die Adresse Italiens, aber auch nach viel Verständnis für die Positionen der CSU.
    Wäre da nicht der Zusatz, in dem die Mitgliedstaaten zu engster Kooperation aufgerufen werden. Ein Freibrief für nationale Alleingänge findet sich in dem Entwurf also nicht.