Studio 9 - Der Tag mit Andreas Rosenfelder

Leidensthema Leitkultur

Leitkultur: Sowohl als auch statt entweder oder
Leitkultur: Sowohl als auch statt entweder oder © picture alliance / dpa
02.05.2017
Wir sind nicht Burka und geben uns die Hand - brauchen wir eine Leitkultur à la de Maiziere? Thema heute mit Andreas Rosenfelder, Feuilleton-Chef der "Welt". Außerdem: Hauptstadt-Kulturpolitik - eine Leitkultur von links?
"Wir sind eine offene Gesellschaft. Wir zeigen unser Gesicht. Wir sind nicht Burka." Für seinen Vorstoß zur Leitkultur erntete Bundesinnenminister Thomas de Maizière viel Spott und Kritik - und den Vorwurf, eine alte Debatte zu Wahlkampfzwecken zu missbrauchen.

Selbstverständliche demokratisch-liberale Werte

Andreas Rosenfelder, Feuilleton-Chef der "Welt", versteht die Aufregung nicht:
"Das meiste, was in diesen zehn Thesen formuliert wird, sind im Grunde - man möchte fast schon sagen - Banalitäten", sagte Rosenfelder im Deutschlandfunk Kultur.
"Es sind relativ selbstverständliche demokratisch-liberale Werte, auf die man sich auch, glaube ich, guten Gewissens einigen kann und wo mich deshalb der Furor ein wenig erstaunt, mit dem jetzt sozusagen alle, - um mal das unrühmliche Zitat, das immer Goebbels zugeschrieben wird, zu zitieren - mit dem alle ihre Revolver entsichern, nur weil sie den Begriff Leitkultur gehört haben."

Allergisch gegen Leitkultur?

Der Begriff scheine bei vielen eine allergische Reaktion auszulösen, so der Feuilleton-Chef der "Welt". "Sicher auch mit guten Gründen. Ich würde selber auch sagen: ich verstehe Kultur als etwas, das niemals normativ definiert werden kann, sondern als etwas, was man allenfalls immer nur beschreiben kann."
Dennoch sei es auch bei einem offenen Kulturbegriff erlaubt, dass jemand ein paar Vorschläge - "und es sind ja in diesem Fall wirklich relativ dezente Vorschläge - dazu macht, wie denn das gesellschaftliche Zusammenleben vielleicht in einer etwas komplizierteren Situation aussehen könnte".

Andreas Rosenfelder ist Ressortleiter des Feuilletons von "Welt" und "Welt am Sonntag". Von 2010 bis 2013 war er stellvertretender Ressortleiter. Davor hat er acht Jahre lang für das Feuilleton der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" geschrieben und war Kulturredakteur bei "Vanity Fair" in Berlin. 2008 erschien sein Buch "Digitale Paradiese".

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