Ein Selbstversuch mit dem Song Maker

Komponieren mit Google

Hand eines Tontechnikers am Mischpult in der im Land sehr beliebten Radiostation Radio Isanganiro von Burundi
Komplizierte Tontechnik wird mit dem Song Maker überflüssig - zumindest fast ... © imago / blickwinkel
Von Goetz Steeger · 22.03.2018
Ein Tool, das einem den Weg zu Musik durch Spaß am Herumprobieren zugänglicher machen soll. Das ist ein Ansatz, der in der Musikpädagogik schon lange zum Status Quo gehört. Nun will auch Google mit seinem Song Maker beim Komponieren helfen.
Die Links tummeln sich schon auf diversen Foren oder auf YouTube: User des Google Song Makers stellen ihre eigenen Songs oder Sequenzen bereit, wer will, kann was dazu editieren, Der eine empfindet den eingeschränkten Lo-Fi-Baukasten als kompositorische Herausforderung, andere finden es toll, was der Google Chrome Browser so kann.
Man öffnet den Song Maker als Website und spielt die Tonfolgen per externem Keyboard, Computertastatur, Touch Screen oder mit der Maus direkt ein. Auch Einsingen über das interne Computer-Mikrofon ist möglich, ich habe mich beim Ausprobieren mit der Maustaste begnügt.
Als Intro, während sich die Seite des Songmakers öffnet, sieht man einen Finger, der auf der in quadratische Kästchen unterteilten Fläche entlangfährt, die berührten Quadrate werden bunt … So mache ich das jetzt mal so ähnlich mit der Maustaste.

Beliebigkeit ist kein kreativer Prozess

Ein Sequenzer wie es ihn zigfach umsonst im Internet gab und gibt, und was das didaktische angeht, so habe ich meine fundamentalen Zweifel: das vermeintliche Erfolgserlebnis, dass sich alles, was man irgendwie eingibt, gleich nach was anhört, ist eine Verwechselung.
Die Quantisierung von menschlicher Beliebigkeit ist kein kreativer Prozess, der beginnt erst da, wo man das Tool für die eigenen Zwecke einsetzen kann. Und dafür halte ich solche Sequenzer wie den Google Song Maker für gänzlich ungeeignet. Als Spielzeug zum Selbstzweck, völlig o.k. für die, die daran Spaß haben. Oder als Low-Fi-Kult, der eben gerade abfeiert, dass alles gleich schrottig klingt, ähnlich wie bei den 8-Bit-Sounds der Chiptunes Szene.
Aber für musikalisch Unbeleckte übernimmt der Sequenzer mit seinen Voreinstellungen die künstlerische Gestaltung.

Vielleicht geht es überhaupt darum, den kreativen Vorgang mehr und mehr künstlicher Intelligenz zu überlassen, damit ist man bei Singularität und Transhumanismus, beides bekanntlich Kernthemen in der Google-Forschung.

Basteln für die Zukunft

Bei der Frage, was für einen Nutzen der Song Maker für Google haben könnte, lässt sich natürlich nur spekulieren: Marktdominanz, ja möglicherweise, auch dass Userdaten und Verläufe beim Song Maker gespeichert werden, ist mehr als wahrscheinlich.
Die Vermutung liegt durchaus nahe, dass damit Maschinen und Roboter gefüttert und trainiert werden, die menschliche Ideen und deren kreative Umsetzung immer perfekter in Daten übersetzen. Noch hört man den Kompositionen künstlicher Intelligenz vielleicht ihr algorhythmisches Wesen an, aber in ein paar Jahren?
Dann können Maschinen bessere Musik schreiben als Menschen. Vielleicht auch besser dichten. Das wäre der quantisierte Abgesang auf menschengemachte Kulturgeschichte. Und wer schreibt dann eigentlich die Texte für die Kulturbeiträge im Radio?