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EU-Gipfel
Merkel will Türkei-Hilfe einschränken

Die Türkei ist Thema beim EU-Gipfel in Brüssel. Unmittelbar vor dem Treffen sprach sich Bundeskanzlerin Merkel dafür aus, die finanziellen Hilfen, die die Türkei im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen bekommt, zu kürzen. Als Begründung gab sie an, die demokratische Entwicklung der Türkei sei "sehr negativ einzuschätzen".

19.10.2017
    Bundeskanzlerin Merkel vor dem EU-Gipfel in Brüssel
    Bundeskanzlerin Merkel vor dem EU-Gipfel in Brüssel (AFP / POOL / Francois Lenoir)
    Bis 2020 soll die Türkei eigentlich 4,45 Milliarden Euro an sogenannten Vorbeitrittshilfen bekommen. Ausgezahlt wurden davon bereits knapp 260 Millionen Euro. Nach dem Willen der Bundeskanzlerin sollen diese Hilfen eingeschränkt werden. Merkel sagte, insgesamt bewege sich die Rechtstaatlichkeit in der Türkei in die falsche Richtung. Merkel will darüber heute mit den anderen Staats- und Regierungschefs der EU beraten. Sie betonte vorher, das geschlossene Vorgehen der EU sei eine "zentrale Anforderung". Unterstützung erhielt Merkel vom österreichischen Außenminister Kurz. Der ÖVP-Chef wird nach seinem Wahlsieg als künftiger Kanzler Österreichs gehandelt. Kurz bekräftigte die Forderung nach einem kompletten Stopp der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei:
    Merkel lobte aber die Flüchtlingspolitik Ankaras. Hier leiste das Land Herausragendes. Für die Versorgung der Flüchtlinge hat die EU der Türkei drei Milliarden Euro zugesagt. Die Kanzlerin möchte, dass das Land noch einmal die gleiche Summe für die Flüchtlingshilfe bekommt.
    EU-Gipfel beschäftigt sich mit Flüchtlingspolitik
    Die Flüchtlingspolitik ist ein weiteres Thema des Gipfel-Treffens. Der Innenausschuss des Europarats schlug heute ein neues System zur Verteilung der Asylsuchenden vor. Demnach sollen Flüchtlinge nach einem festen Verteilungsschlüssel automatisch innerhalb der EU umgesiedelt werden. Wie viele Asylbewerber ein Land aufnehmen muss, soll sich nach seiner Einwohnerzahl und der Wirtschaftskraft richten. Das neue System würde eine Abkehr von der bislang gültigen Dublin-Verordnung bedeuten. Der neue Vorschlag könnte allerdings auf den Widerstand von Staaten wie Ungarn oder Tschechien stoßen, die sich bisher strikt gegen eine automatische Umverteilung von Flüchtlingen ausgesprochen haben. Der Vorschlag des Europarats muss jetzt noch verschiedene Gremien passieren. Die federführende Abgeordnete Cecilia Wikström bezeichnete ihn als eine Inspiration.
    Wie weit sind die Brexit-Verhandlungen?
    Auf der Tagesordnung des EU-Gipfels stehen auch die Brexit-Verhandlungen. Die britische Premierministerin May versuchte heute den Verhandlungen neuen Schwung zu geben. In einem offenen Brief umwarb sie die in Großbritannien lebenden Bürger anderer EU-Staaten. Darin versprach sie, dass die EU-Bürger im Land bleiben dürften. May will bei den Gesprächen mit der EU zu den künftigen Beziehungen übergehen. Das lehnt die EU bisher aber ab. Beide Seiten liegen immer noch weit auseinander in der Frage, was Großbritannien nach dem Brexit an die EU zu zahlen hat.
    Weitere Themen des Treffens sind die Digitalisierung Europas und die Nordkorea-Krise. Morgen wollen die Staats- und Regierungschefs über mögliche Reformen der Europäischen Union sprechen.
    (ren/jasi)