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EU-Innenminister
Treffen unter schwierigen Vorzeichen

Die Vorzeichen für das Treffen der EU-Innenminister in Brüssel könnten besser sein. Sie wollen über die Lage auf dem Balkan und die Sicherung der EU-Außengrenzen sprechen. Österreichs umstrittene Flüchtlingskonferenz gestern hat weitere Spannungen ausgelöst, Griechenland droht mit einer Blockade der EU-Politik.

25.02.2016
    Ein Flüchtlingskind berührt am 18.09.2015 ein EU-Schild im Bahnhof von Tovarnik in Kroatien mit der Hand.
    Die EU bleibt in der Flüchtlingspolitik zerstritten. (picture alliance / dpa / Gregor Fischer)
    Ziel des Innenministertreffens ist es, den Aufbau einer gemeinsamen Küsten- und Grenzschutzbehörde voranzutreiben. Sie soll notfalls auch gegen den Willen eines Mitgliedsstaats eingreifen, um europäische Standards durchzusetzen. Hintergrund sind die Vorfälle entlang der Balkanroute. Entsprechend dem Dublin-Abkommen hätten Flüchtlinge nicht von EU-Staaten einfach in andere Länder weitergeleitet werden dürfen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wird sich deshalb auch mit Kollegen aus einigen Ländern entlang der Balkanroute beraten.
    Darüber hinaus geht es den Innenministern um verschärfte Einreisekontrollen an den EU-Außengrenzen, um Terrorverdächtige besser aufzuspüren.
    Griechenland droht mit Blockade
    Die Stimmung in der EU vor dem Treffen ist gespannt. Griechenland reagierte empört nach einer Flüchtlingskonferenz Österreichs mit einigen Balkanländern. Ministerpräsident Alexis Tsipras drohte im Parlament in Athen damit, EU-Beschlüsse in der Flüchtlingspolitik künftig zu ignorieren, bis die vereinbarte gerechtere Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU umgesetzt werde. Griechenland war nicht zu der Konferenz in Wien eingeladen worden. Tsipras sprach von einer "Schande", außerhalb der EU und ohne griechische Beteiligung zu verhandeln. Auch Vertreter aus Deutschland und von der EU-Kommission wurden nicht zur Konferenz nach Wien eingeladen.
    Österreichs Außenminister Sebastian Kurz verteidigte die Politik seines Landes. In den ARD-Tagesthemen sagte er, es bestehe "die dringende Notwendigkeit, nicht mehr das Weiterwinken nach Mitteleuropa zu perfektionieren". Kurz äußerte zudem auch Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sein Land sei überfordert, und "diejenigen, die für offene Grenzen eingetreten sind, haben die Flüchtlingskrise nicht ausgelöst aber sie haben sie definitiv verstärkt". Er sei aber dennoch überzeugt, dass es eine europäische Lösung geben werde.
    Bundesregierung erwartet weitere 2,5 Millionen Flüchtlinge bis 2020
    Kritik am Kurs Merkels kommt auch aus Ungarn. Dort hatte Ministerpräsident Viktor Orban ein Referendum angekündigt. Er will die Bürger seines Landes über die von der EU beschlossenen Quoten zur Verteilung von mehr als 100 000 Flüchtlingen abstimmen lassen. Ein Nein der Bürger ist dabei sehr wahrscheinlich.
    Ein schneller Rückgang der Flüchtlingszahlen nach Europa und speziell Deutschland ist nicht zu erwarten. Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet bis 2020 mit weiteren 2,5 Millionen Flüchtlingen. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Prognosen des Ministeriums. Dort weist man aber auch darauf hin, dass die Zahlen nur schwer vorhersehbar seien und deutlich schwanken könnten. Das Thema beschäftigt heute außerdem den Bundestag, der über schärfere Asylgesetze abstimmt.
    (pr/böl)