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EU-Mittelmeermission
Mehr Muskeln für "Sophia"

Die EU will ihre Militärmission im Mittelmeer "Sophia" ausweiten: So soll künftig auch gegen Waffenschmuggler vorgegangen und die libysche Küstenwache ausgebildet werden. Ein entsprechender Beschluss wollen die EU-Außenminister heute in Brüssel fällen. Doch kann die Mission damit ausreichend Wirkung zeigen - ein britischer Report kommt zu einem anderen Schluss.

Von Kai Küstner | 23.05.2016
    Brücke und Flugdeck der Cavour, Teil der europäischen Militärmission Sophia
    Brücke und Flugdeck der Cavour, Teil der europäischen Militärmission Sophia (Karin Bensch)
    Sophia soll muskulöser werden: Die EU will ihrer Marine-Mission im Mittelmeer künftig mehr Aufgaben übertragen. Und damit in erster Linie jenes Land stabilisieren, in dem Menschenschmuggler bislang weitgehend ungehindert operieren können, und in dem sich zudem die Terror-Organisation Islamischer Staat, gefährlich ausgebreitet hatte: Libyen. Die EU habe, bestätigte der deutsche Außenminister Steinmeier, ein starkes Interesse daran "etwas zu organisieren, was dringend notwendig ist: Nämlich eine neue Küstenwacht für die neue Regierung in Libyen."
    Seit dem Wochenende hat die EU nun auch eine Einladung des libyschen Premierministers auf dem Tisch, der offiziell darum bittet, bei der Ausbildung dieser Grenzschützer und weiterer Sicherheitskräfte zu helfen. Und noch eine weitere, sicher nicht ungefährlichere, Aufgabe kommt auf die Mittelmeermission namens Sophia zu: Sie soll geheime Waffenlieferungen nach Libyen, also auch an den Islamischen Staat, unterbinden. Es gibt nämlich ein von den Vereinten Nationen beschlossenes Verbot solcher Lieferungen:
    "Dass wir mehr tun müssen, um das beschlossene Waffenembargo durchzusetzen, ist unstrittig."
    Waffenschmuggel soll verhindert werden
    Den Waffenschmuggel an den IS einzudämmen, war – wie aus Diplomatenkreisen verlautet - insbesondere ein Anliegen Frankreichs. Die Bundesregierung hatte anfangs Bedenken dagegen, die EU-Mission mit dieser heiklen Aufgabe zu betrauen, lenkte dann jedoch ein. Bestand aber als Gegenleistung darauf, dass dieser Punkt den Segen des UN-Sicherheitsrats bekommen müsse, was ein OK Russlands voraussetzt. Überhaupt beschließt die EU jetzt zunächst ganz grundsätzlich die Verlängerung und Ausweitung ihrer Mittelmeermission. Die Detailplanung steht noch aus:
    "Wenn wir mögliche weitere Aufgaben ins Auge fassen – das Training der libyschen Küstenwache oder die Durchsetzung des UN-Waffenembargos – dann würden wir natürlich auch unsere Kräfte verstärken müssen", erklärt die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.
    Nicht ausgeschlossen, dass hier die NATO ins Spiel kommt. Derzeit wird überlegt, ob und wenn ja wie das Militärbündnis der EU bei der Operation "Sophia" helfen könnte. Bislang sind die EU-Marine-Einheiten – darunter auch zwei deutsche Schiffe – in erster Linie damit beschäftigt, Flüchtlinge aus Seenot zu retten und Menschenschmugglerboote zu stoppen und notfalls zu zerstören.
    "Wir retten Menschenleben und haben fast 70 mutmaßliche Schmuggler festgenommen sowie über 100 Boote neutralisiert", so preist die EU-Außenbeauftragte die Mittelmeermission.
    Ein unlängst für das britische Parlament erstellter Report kommt hingegen zu dem Ergebnis, dass "Sophia" ihr angestrebtes Ziel völlig verfehle, den Schmugglern das Handwerk zu legen. Fest steht, dass der Mittelmeereinsatz – um wirklich Wirkung zu zeigen – bis direkt vor die libysche Küste oder sogar auf das Land selbst ausgeweitet werden müsste. Denn bislang ist die EU machtlos gegen jene Schlepper, die an Land bleiben und lediglich die Flüchtlingsboote auf ihre lebensgefährliche Überfahrt schicken. Ob eine künftig mit etwas mehr Aufgaben betraute "Sophia" es vermag, der noch so wackligen neuen Regierung in Libyen zu ein bisschen mehr Stabilität zu verhelfen, ist alles andere als sicher.