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EU-Parlament lehnt Empfehlung ab
Keine Einschränkung der Panoramafreiheit

Das Europäische Parlament hat es heute abgelehnt, eine Empfehlung für die Einschränkung der sogenannten Panoramafreiheit abzugeben. Der entsprechende Absatz in einem Bericht zum Urheberrecht wurde gestrichen. Damit bleibt es in Deutschland und vielen weiteren EU-Ländern erlaubt, eigene Fotos von öffentlichen Gebäuden zum Beispiel bei Facebook hochzuladen.

09.07.2015
    Italienische Touristinnen machen am Holocaust-Denkmal in Berlin ein Selbstporträt mit einem "Selfie-Stick".
    Auch dieses Selfie zweier italienischer Touristinnen vor dem Holocaust-Denkmal in Berlin dürfte bei eingeschränkter Panoramafreiheit nicht mehr in sozialen Netzen gepostet werden - zumindest nicht ohne Genehmigung des Urhebers. (picture alliance / dpa/ Felix Zahn)
    In Sachen Panoramafreiheit bleibt durch die Entscheidung des EU-Parlaments nun alles so, wie es ist - nämlich je nach EU-Land unterschiedlich. In Deutschland und in den meisten anderen EU-Ländern sind damit weiterhin Aufnahmen öffentlicher Gebäude und Kunstwerke erlaubt, auch wenn sie für kommerzielle Produkte gemacht werden. Der eigentliche Vorschlag für ein neues europäisches Urheberrechtsgesetz soll im Herbst von der EU-Kommission kommen.
    Sorge: Keine Postings mit Urlaubs-Selfies mehr
    Im Europaparlament ging es heute darum, eine Empfehlung für eine EU-weite Einschränkung der Panoramafreiheit abzugeben - so wie sie etwa in Frankreich, Italien, Belgien, Luxemburg und Griechenland gilt. Die kommerzielle Nutzung von Fotos urheberrechtlich geschützter Gebäude und Kunstwerke ist dort zum Teil genehmigungspflichtig. Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments hatte sich dafür ausgesprochen, diese Regelung auf alle EU-Länder zu übertragen - und damit heftige Diskussionen insbesondere in den sozialen Netzwerken ausgelöst. Viele Nutzer fürchteten, aus Urheberrechtsgründen künftig keine Selfies oder andere Urlaubsfotos von Sehenswürdigkeiten mehr posten zu dürfen. Denn Facebook und andere Plattformen sichern sich die Rechte an der kommerziellen Verwendung von Nutzerbildern. Auch Fotografen sahen ihre Arbeit bedroht: Der Berliner Nico Trinkhaus sammelte innerhalb kürzester Zeit knapp eine halbe Million Unterschriften gegen die Einschränkung für kommerzielle Aufnahmen. Das Plenum des EU-Parlaments entschied sich heute dafür, auf eine solche Empfehlung zu verzichten.
    Oettinger: Es war ein Missverständnis
    Der für Internet zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger begrüßte das Votum des EU-Parlaments. Die Brüsseler Behörde habe das Panoramarecht nie einschränken wollen, sagte er. Die Kontroverse sei durch eine "missverständliche Idee" im Rechtsausschuss entbrannt. Insofern sei dies eine "Phantomdebatte" gewesen.
    Die EU-Bürger könnten in den meisten Mitgliedstaaten nun weiterhin "unbesorgt Selfies posten", betonte die deutsche Berichterstatterin für die Urheberrechtsreform, Julia Reda von der Piratenpartei. Sie hatte den Bericht über die Evaluation des EU-Urheberrechts vorgelegt, der Grundlage für die Entscheidung des EU-Parlaments heute war. Der Absatz zur EU-weiten Einschränkung der Panoramafreiheit war nachträglich vom Rechtsausschuss des EU-Parlaments eingefügt worden. Auf ihrer Internetseite hatte Reda dazu erklärt: "Zu den meisten Punkten meines Berichts konnte ich gemeinsam mit allen Fraktionen Kompromisstexte aushandeln, zu einem Thema konnten wir uns aber nicht einigen: dem Recht, Abbildungen öffentlicher Gebäude oder Skulpturen frei zu verwenden, der so genannten Panoramafreiheit. In einigen Ländern benötigt man für solche Veröffentlichungen eine Lizenz der Architektin oder des Bildhauers. (...) Im Entwurf meines Berichts wies ich darauf hin, dass die Notwendigkeit einer Lizenz für solche Alltäglichkeiten wie das Teilen von Urlaubsfotos in sozialen Netzwerken nicht mehr zeitgemäß ist und die Panoramafreiheit deshalb in der gesamten EU gelten soll. Die Mitglieder des Rechtsausschusses haben diese Forderung leider in ihr Gegenteil verkehrt, indem sie den restriktivsten aller Änderungsanträge zur Panoramafreiheit angenommen haben."
    (nin/stfr)