Klimaschutz-Debatte

"Flugscham" könnte Bus und Bahn attraktiver machen

03:38 Minuten
Ein Flugzeug fliegt bei strahlendem Sonnenschein tief über einem Strand mit Reihen voller Liegen und Touristen.
Flugreisen sind nichts mehr, mit dem Urlauber sich profilieren können. Eine neue "Flugscham" könnte das Reisen verändern. © imago/Eibner Europa
Tilman Spengler im Gespräch mit Anke Schaefer  · 23.04.2019
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In Schweden kursiert bereits die Wortschöpfung von der "Flugscham". Auch unser Studiogast, der Publizist Tilman Spengler, kann sich vorstellen, wieder mit der Transsibirischen Eisenbahn nach China zu reisen.
Flugreisen könnten aus der Mode kommen. Auch nach den regelmäßigen Demonstrationen von Schülern und Schülerinnen bei den "Fridays for Future" wird nun beispielsweise über die nach dem Schulabschluss beliebten Feier-Flugreisen debattiert. In vielen Schulen steht nun auf dem Prüfstand, ob die Abiturienten nicht auf klimaschädliche Flüge verzichten sollten, auf Bus oder Bahn umsteigen und in der eigenen Region bleiben könnten. In Schweden kursiert schon die Wortschöpfung "Flugskam" (Flugscham), auch von einem "Greta-Effekt" mit Blick auf das Fliegen ist dort die Rede.
Tilman Spengler
Der Publizist und Sinologe Tilman Spengler© Deutschlandradio / Manfred Hilling
Vor der Erfindung des Flugzeugs habe es Zeiten gegeben, in denen man auch anders zu reisen vermochte, sagte unser Studiogast, der Publizist und Sinologe Tilman Spengler, im Deutschlandfunk Kultur. "Es besteht überhaupt kein Anlass, daran zu zweifeln, dass man auch darauf wieder zurückkommen kann."
Bei der C02-Steuer, Benzinsteuer oder Flugsteuer sollte man heute alles in die Wege leiten, was möglich sei, sagte Spengler. "Schon eine Abschaffung dieser ekelhaften Flughäfen wäre in zivilisatorischer Hinsicht ein großer Schritt."

Die Transsib als Alternative

Auf die Frage nach seinen China-Reisen sagte der Sinologe, er müsse zugeben, in letzter Zeit geflogen zu sein. Aber seine erste Reise habe er noch mit dem Schiff gemacht und es gebe die transsibirische Eisenbahn, die bis nach Peking fährt.
Die Debatte wirke sich aber bereits aus, sagte Spengler. "Meine Erfahrung ist, dass die Leute nicht, wie früher, die Nase hoch tragen, wenn sie mit dem Accessoire einer Fluggesellschaft über die Straße gehen." Den Satz: "Da war ich mit der Lufthansa oder mit Pan Am", höre man nicht mehr.
Abgenommen habe auch die Zahl der Leute, die sagten: "Malaysia habe ich noch nicht gemacht oder mir fehlt noch Dehli." Das sei in der menschlichen Konversation keine Trumpfkarte mehr, sagte der Publizist.
(gem)

Tilman Spengler, geboren 1947 in Oberhausen und promovierter Sinologe, hat am Max-Planck-Institut für Sozialwissenschaften sowie an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften geforscht. Er war 30 Jahre lang einer der Herausgeber des "Kursbuch", begleitete Politiker auf China-Reisen, arbeitete für Rundfunk und Fernsehen, drehte eine Reihe von Dokumentarfilmen und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, unter anderem die Romane "Lenins Hirn" und "Der Maler von Peking".

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