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EU-Regulierung
Streit um sichere Ofenhandschuhe

Ofenhandschuhe sollen vor Hitze schützen - aber tun sie das? Diese Frage treibt offensichtlich einige EU-Abgeordnete um. Sie wollen die Küchenhelfer in eine Richtlinie für "persönliche Schutzausrüstung" aufnehmen. Kritiker fürchten Hohn und Spott für die europäische Regulierungswut.

Von Robert Hecklau | 10.12.2014
    Frau steht mit Ofenhandschuhen an den Händen vor einem Backofen und schaut hinein.
    Die Sicherheit am heimischen Backofen ist gefährdet - deswegen sollen Ofenhandschuhe mit in eine EU-Richtlinie aufgenommen werden. (imago stock & people)
    "Also wer sich einmal die Finger verbrannt hat, im wörtlichen und vor allem im gefühlten Sinne, der weiß ganz genau, um was es geht."
    Es geht um den Backofenhandschuh und um unsere Sicherheit. Denn die ist in Gefahr. Jedes Jahr verbrennen sich laut Europäischer Kommission mindestens 80.000 EU-Bürger die Finger. Denn so eine Weihnachtsbäckerei kann ganz schön gefährlich werden. Kerstin Westphal, SPD:
    "Stellen Sie sich doch mal so einen Backofen vor. Betriebstemperatur von 100-250 Grad, das ist ordentlich heiß. Und wenn ich da ein Backblech drin hab und ich habe einen Backhandschuh an, der nicht heißluftabdichtend ist, dann verbrenne ich mir ordentlich die Finger."
    Kein Bürger in der EU soll sich mehr die Finger verbrennen. Und deshalb ist Kerstin Westphal von der SPD dran an den neuen europäischen Ofenhandschuh-Standards. Laut neuer Verordnung zu persönlicher Schutzausrüstung sollen private Ofen- und Spülhandschuhe dann genauso streng kontrolliert werden wie industrielle. Bis zu 20 Prozent teurer könnte die Produktion dadurch werden, befürchten die Briten, und lehnen die neue Verordnung ab. Eine Sprecherin sagt:
    "Wir haben ernste Bedenken, Spül- und Ofenhandschuhe in die neue Verordnung mitaufzunehmen. Wir glauben einfach nicht, dass es hier um ein wirkliches Problem geht, dem sich Business-Frauen in Europa stellen müssen. Oder Männer in unseren Küchen, die abwaschen. Oder andersrum. Niemand wollte diesen spezifischen Aspekt der Regulierung."
    "Die EU hat nicht die Aufgabe, noch den letzten Spülhandschuh zu regulieren"
    Und doch stehen die Ofenhandschuhe nun eben drin in der neuen Verordnung. Es heißt, man sei den Briten im Streit schon entgegen gekommen, habe angeboten, auf die Spülhandschuhe zu verzichten. Doch die Briten blieben bei ihrem Nein. Zwar steht die deutsche Regierung hinter den Ofen- und den Spülhandschuhen. Aber auch in den eigenen Reihen bröckelt es:
    "Die Europäische Union hat nicht die Aufgabe, noch den letzten Spülhandschuh zu regulieren. Wir sollten uns um die wichtigeren Themen kümmern," sagt der Europaabgeordnete Andreas Schwab von der CDU. Er befürchtet, dass nun wieder alle über die Europäische Union lachen. Denn eigentlich ginge es bei der neuen Verordnung ja grundsätzlich um etwas Sinnvolles, nämlich um unsere Sicherheit. Und die ist dringend reformbedürftig. Die entsprechende Verordnung zu persönlichen Schutzausrüstungen schon mehr als 20 Jahre alt. Sollen die Handschuhe nun aber rein - oder draußen bleiben? Darüber wird in Brüssel weiter gestritten.
    "Es gibt einfach Dinge, die müssen nicht geregelt werden, weil es tatsächlich bei den Aller-, Aller-Allermeisten Menschen so was wie einen gesunden Menschenverstand gibt und der sorgt dafür, dass die wenigsten an falschen Ofen- und Spülhandschuhen sterben," sagt Markus Pretzell von der AfD, der auch im Ofenhandschuh-Ausschuss sitzt. Bislang seien etwa 150 Änderungsanträge zur neuen Verordnung eingegangen. Eine Lösung vor Weihnachten ist also nicht in Sicht. Und so wird Brüssel wohl auch im neuen Jahr noch diskutieren - über die Ofenhandschuhe. Aber Aber Kerstin Westphal von der SPD ist sich sicher. Irgendwann wird dann jeder EU-Bürger das Gefühl haben:
    "Jetzt habe ich einen Backhandschuh, der ist so sicher, da ist völlig egal ob ich ihn in Frankreich oder in England oder sonst wo kaufe."