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EU und der Brexit
Anti-deutsche Stimmung in London

Die EU hat ihre Leitlinien für die Brexit-Verhandlungen vorgestellt. London will gleichzeitig über den Brexit und die künftigen Beziehungen verhandeln, aber die EU zunächst nur über den Brexit. In Großbritannien zeigt man sich verärgert - auch über Zeitungsberichte zu einem angeblichen Eklat.

Von Friedbert Meurer | 03.05.2017
    Die Flagge Großbritanniens und der EU nebeneinander.
    Was wird der Brexit kosten? 60 Milliarden Euro oder doch 100 Milliarden Euro? Noch ist das nicht klar. (imago / Ye Pingfan)
    Theresa May befindet sich im Wahlkampf. Gestern warb sie um die Stimmen der Wählerinnen und Wähler im beschaulichen Cornwall. Heute unterbricht die Premierministerin kurz ihren Wahlkampf für einen Termin bei Königin Elizabeth. Das britische Parlament wird heute formal aufgelöst, dem muss die Queen zustimmen.
    Die Gegner sitzen für Theresa May im Augenblick aber nicht im Parlament, sondern in Brüssel. Nachdem von dort lanciert wurde, das Treffen mit Michel Barnier und Jean-Claude Juncker sei im Eklat geendet, gibt Theresa May jetzt umso mehr die eiserne Lady. Sie könne eine verdammt schwierige Frau sein, das bekomme Juncker jetzt als nächster zu spüren.
    Ansonsten aber bleibt May um einen besonnenen Ton bemüht. Sie lebe in einer anderen Galaxie und mache sich Illusionen, wie Bundeskanzler Angela Merkel im Bundestag ihr indirekt vorgehalten hat? Das seien doch bloß Klatschgeschichten aus Brüssel.
    "Ich erinnere mich nicht daran, dass das Treffen so abgelaufen sein soll. Die Wähler hier erkennen aber jetzt, dass die Verhandlungen von Zeit zu Zeit tough werden. Um einen guten Deal mit der EU zu erreichen, brauchen wir die richtige Führungspersönlichkeit."
    London kritisiert EU-Leitlinien
    Auch ihr Brexit-Minister David Davis zeigt sich versöhnlich. Großbritannien werde seine Verpflichtungen erfüllen, die Europäer hätten doch ein Eigeninteresse an einem guten Brexit-Deal. London kritisiert an den EU-Leitlinien, dass zunächst über den Brexit und erst danach über neue Beziehungen verhandelt werden soll.
    "Wir sind keine Bittsteller. Es gibt zwei Seiten bei diesen Verhandlungen. Die andere Seite wird nicht einfach bestimmen, wie die Premierministerin die Gespräche zu führen hat. Da wird gerade versucht, die öffentliche Meinung zu prägen. Da werden den Zeitungen Berichte über hohe Milliarden-Forderungen zugespielt. Das ist einfach das Vorspiel zu den Verhandlungen."
    100 Milliarden Euro wolle die EU von Großbritannien fordern, behauptet die "Financial Times". Brexit-Minister David Davis widerspricht. Wenn die Verhandlungen platzten, bekomme die EU gar kein Geld. Aber Großbritannien sei an einer gütlichen Einigung interessiert.
    Kritik aus Großbritannien an der deutschen Rolle
    In den britischen Medien lautet vielfach der Tenor: Warum behandelt man uns so feindselig? Der konservative "Daily Telegraph" schreibt, gerade die deutsche Seite spiele eine unselige Rolle. Die Deutschen hätten schon die Griechen während der Euro-Krise gedemütigt. Die Briten würden sich nicht so herumschubsen lassen. Beim Brexit gehe es um mehr als Geld und Handelsfragen. Es zeigten sich jetzt die nationalen Neurosen eines gesamten Kontinents.