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EU-Urteil
Deutschland muss vorerst Wasserpreise nicht kostendeckend erheben

Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union verlangt von den EU-Mitgliedsstaaten, dass die Kosten für Wasser nach dem Verursacherprinzip bezahlt werden. Doch die Bundesregierung lässt die Wassernutzer beispielsweise in der Schifffahrt zu gut wegkommen, klagte die EU-Kommission und zog vor den Europäischen Gerichtshof.

Von Tonia Koch | 11.09.2014
    Andernach am Rhein, 2010
    Flür die Rheinschifffahrt fallen beispielsweise Wassergebühren an. Zu niedrige, meint die EU-Kommission (picture-alliance / Friedel Gierth)
    Die europäischen Richter haben heute die Klage der EU-Kommission zwar aus formalen Gründen zurückgewiesen. Der grundsätzliche Streit: Wie ist die europäische Wasserrahmenrichtlinie auszulegen, ist damit jedoch nicht entschieden. Zumindest hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) denjenigen Wassernutzern, wie der Industrie, der Schifffahrt den Energieerzeugern oder auch der Landwirtschaft eine Atempause verschafft. Sie müssen bis auf Weiteres für Wasserdienstleistungen keine Gebühren entrichten. Die Vertreter der Umweltverbände wie Sebastian Schönauer, Sprecher des Arbeitskreises Wasser des BUND haben dafür kein Verständnis.
    Bundesregierung verengt Wasserbegriff
    "Gleichzeitig die Regierungen darüber lamentieren, dass zu wenig Geld da sei, um die wesentlichen Ziele der Wasserrahmenrichtlinie um zu setzten, die da sind: Umbau der Wasserstraßen in ökologischer Form, Aufstieg der Fische, Abstieg der Fische. Das sind doch Dinge, die seit 70 Jahren auf Regelung warten. Es kann doch nicht sein, dass wir den Tierschutz an der Wasseroberfläche enden lassen mit der Begründung, wir hätten kein Geld."
    EU-Kommission und Umweltverbände werfen der Bundesregierung vor, den Begriff Wasserdienstleistung bewusst zu verengen. Sie verzichte damit auf ein Instrument, die Umweltkosten, die durch die Inanspruchnahme von Wasser entstehen, ausreichend zu finanzieren. Die Aufbereitung von Trinkwasser und die Entsorgung von Abwässern zum Beispiel gelten in Deutschland als Wasserdienstleistung und dafür zahlt jeder Bürger, ganz selbstverständlich. Die Bewässerung in der Landwirtschaft, das Aufstauen der Flüsse, um die Binnenschifffahrt zu ermöglichen, die Entnahme von Kühlwasser durch die Industrie fallen hingegen nicht unter den Begriff Wasserdienstleistung und bleiben somit kostenfrei. Das sei ungerecht, argumentiert der BUND."
    "Das heißt, wir geben Geld aus über unsere Wassergebühren, darin enthalten ist ein Beitrag zur Nutzung dieser Ressource und diejenigen, die aus dieser Ressource noch viel mehr Nutzen ziehen, privatwirtschaftlichen Nutzen, die sollten nicht außen vor bleiben, sondern die müssen mit reinkommen. Dass die natürlich jammern, sie könnten sich das nicht leisten, das ist ja klar, man will das Verursacherprinzip nicht anerkennen."
    Im Dillinger Saarhafen wird ein Frachtschiff mit Stahlblechen beladen. Das Frachtaufkommen wächst von Jahr zu Jahr. Trotzdem gibt es noch Luft nach oben beschreibt der Geschäftsführer der saarländischen Hafenbetriebe, Horst Hanke, die Situation.
    "Wir hatten im letzten Jahr 3,5 Millionen Tonnen Umschlag im Hafen. Und wenn man jetzt mal ein Schiff rechnet mit bis zu 2000 Tonnen, dann sind das im Durchschnitt acht bis zehn Schiffe pro Tag."
    Bisher kein Verursacherprinzip bei Wasserverbrauch
    Für die Nutzung der Wasserstraße müssen die Schiffer zwar Gebühren entrichten. Kostendeckend sei das allerdings nicht, räumt Hanke ein.
    "Es ist schon so, dass man bei den Wasserstraßen in Deutschland die gesamten Kosten für die Wasserstraßenverwaltung nicht über Schiffsgebühren allein reinholen kann, aber das ist bei anderen Verkehrsträgern auch so."
    Die Umweltverbände und die EU-Kommission möchten deshalb für mehr Verursachergerechtigkeit sorgen, wie es in der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehen ist. In aller Regel trägt die Umsetzung des Verursacherprinzips auch dazu bei, dass stärker auf wirtschaftliche Effizienz geachtet wird. Die Schifffahrt auf Deutschlands Flüssen hätte dann wohl keine guten Karten, glaubt BUND-Vertreter Schönauer.
    "Die Binnenschifffahrt in Deutschland ist auf den meisten Flüssen unrentabel. Das Einzige ist der Rhein, wo es sich rentiert."
    Für die Umweltverbände und auch die EU-Kommission, die ähnliche Verfahren gegen andere EU-Mitgliedstaaten angestrengt hat, ist das Urteil des EuGH ein Rückschlag aber nicht das Ende ihrer Bemühungen, die Wasserrahmenrichtlinie so eng wie möglich auszulegen.