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EU verliert Rückhalt bei Genmais-Debatte

Anfang März erlitt die Europäische Kommission ihre dritte, aber sicher nicht letzte Niederlage in Sachen Genmais: Sie wollte Österreich und Ungarn dazu zwingen, ihre Anbauverbote aufzuheben und stützte sich dabei auf die Europäische Behörde für Nahrungsmittelsicherheit EFSA - sie hatte die fraglichen Genmaissorten als sicher eingestuft, der Anbau ist seit 1998 erlaubt.

Von Doris Simon | 16.04.2009
    Für die Aufhebung des Anbauverbots hätte die Europäische Kommission allerdings die Unterstützung einer qualifizierten Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten gebraucht. Großbritannien, die Niederlande, Schweden und Finnland wollten bei dem Ministertreffen vor eineinhalb Monaten die Zulassung der genmanipulierten Maissorten in Österreich und Ungarn erzwingen, doch auch sie scheiterten an einer Minderheit der EU-Länder mit Deutschland als Zünglein an der Waage: Diese unterstützte die kritische Haltung von Österreich und Ungarn zum Anbau von Genmais und verweigerte der Europäischen Kommission ihre Unterstützung.

    Bei den Anbauverboten geht es vor allem um die Genmais-Sorte MON 810 des US-Konzerns Monsanto. Die gentechnisch veränderte Pflanze, die oft als BT-Mais bezeichnet wird, ist resistent gegen den Maiszünsler, einen Schädling, der ganze Maisfelder zerstören kann. MON 810 ist die einzige gentechnisch veränderte Pflanze, die in Deutschland bislang für den kommerziellen Anbau zugelassen war. In der Europäischen Union gelten in mehreren Ländern schon länger Anbauverbote für Genmais: Außer Österreich und Ungarn auch in Griechenland, Frankreich und Luxemburg. Dort war zuletzt der Anbau von MON 810 untersagt worden, nachdem Gutachten gewarnt hatten vor einer möglichen Gefährdung von nützlichen Insekten und Schmetterlingen durch den BT-Mais. Bundesumweltminister Gabriel kritisierte zuletzt in Brüssel den Druck, den die EU-Kommission auf gentechnikkritische Mitgliedsländer ausübe.

    Um den Anbau von Genmais zu verbieten, müssen die Mitgliedsstaaten Informationen präsentieren, die klare Hinweise auf eine Gefährdung für Gesundheit oder Umwelt enthalten. Die Europäische Kommission allerdings hält die angeführten Gründe für das Genmais-Verbot wissenschaftlich für nicht ausreichend begründet, auch das deutsche Verbot für Genmais wird nun von der EU-Kommission geprüft. Den sechs Ländern drohen Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof.

    Dass die EU-Kommission auf die Aufhebung des Anbauverbotes drängt, hat mehrere Gründe. Da ist zum einen eine eher positive Einstellung zur grünen Gentechnik. Andere argumentieren mit der Wettbewerbsfähigkeit in Europa und schließlich gibt es auch Befürchtungen über einen neuen Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten, dort hat der Monsanto-Konzern seinen Sitz. Denn auch die Welthandelsorganisation WTO ist gegen EU-Anbauverbote für Genpflanzen.

    EU-weit wurden im letzten Jahr auf 108.000 Hektar genmanipulierte Pflanzen angebaut, die weitaus meisten in Spanien auf 75.148 Hektar. In Deutschland wurden 3171 Hektar mit BT-Mais bepflanzt. Die Haltung der EU-Mitgliedsländer zur grünen Gentechnik selber ist sehr unterschiedlich: Manche drängen auf den Einsatz und die Zulassung in allen Mitgliedsstaaten, besonders engagiert sind hier die Niederlande, andere halten sich in der Debatte eher zurück. Doch in etlichen EU-Ländern ist der Widerstand gegen Gentechnik in der Landwirtschaft inzwischen so stark, dass die Politik Rücksicht auf den Wählerwillen nehmen muss.

    Doch es dürften noch einige Runden in diesem Streit folgen: In Brüssel liegen inzwischen weitere genmanipulierte Pflanzen zur Zulassung vor: Es geht um neue BT-Maissorten mehrerer internationaler Konzerne.