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EU-Verordnung
Quecksilber soll stufenweise verschwinden

Quecksilber ist extrem giftig. Trotzdem gehört das Metall in den Industriestaaten der Welt auch heute noch zum Alltag: Es steckt in Energiesparlampen, in Fieberthermometern oder Katalysatoren. Doch damit soll bald Schluss sein: Eine EU-Verordnung soll Quecksilber bis 2020 aus dem Verkehr ziehen.

Von Annette Eversberg | 13.03.2018
    Zwei zerbrochene Energiesparlampen liegen auf einem grauem Boden
    Ab Ende 2018 dürfen Lampen mit Quecksilber nicht mehr produziert und auch nicht ein- oder ausgeführt werden (imago / Karl-Heinz Hick)
    Mehr als 60 Jahre seit dem Auftreten der Minamata-Krankheit hat es gedauert. Nun ist es soweit: Quecksilbervergiftungen sollen endgültig der Vergangenheit angehören.
    Die neue Quecksilber-Verordnung der EU, die am 1. Januar diesen Jahres in Kraft getreten ist, will die Punkte der Minamata-Konvention nun auch in Deutschland und in der EU umsetzen. Allerdings nicht auf einmal, sondern allmählich bis 2020.
    Der Grund, so der Sprecher des Bundesumweltministeriums Stephan Gabriel Haufe: "Das Ziel der europäischen Quecksilberverordnung ist es, Quecksilber Schritt für Schritt aus dem Verkehr zu ziehen. Und das ist auch ein Verhandlungsprodukt von 28 EU-Staaten. Und bei der einen oder anderen Produktklasse hat man sich darauf verständigt, dass man Übergänge schafft. Es gibt da unterschiedliche Interessen in den Ländern, auch bei den Herstellern der Produkte, Ersatz zu bekommen, und deswegen gibt es solche Übergänge."
    Über die Meere gelangt Quecksilber in die Nahrungskette
    Quecksilber kommt schon natürlicherweise in der Erdkruste vor. Zum Beispiel durch Vulkanausbrüche gelangen diese natürlichen Emissionen in die Umwelt, erläutert Katja Kraus vom Umweltbundesamt, die auch beratend an der Minamata-Konvention beteiligt war.
    "Quecksilber wird eben, weil es so leicht flüchtig ist, weltweit um die Erde rumtransportiert und aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften setzt es sich dann bevorzugt an kalten Stellen ab. So wie wir es auch vom Wasser kennen. Es kondensiert dann eben, bevorzugt an den Polen und kälteren Gegenden."
    Minamata-Krankheit: Wie giftig Quecksilber ist, hat sich in den 1950er-Jahren besonders dramatisch in der japanischen Küstenstadt Minamata gezeigt. Dort hatte ein Chemiekonzern mit Quecksilber belastete Abwässer ins Meer geleitet. Die Folge waren Lähmungen, Missbildungen und Nervenschäden. Nach dem Ort dieser Umweltkatastrophe wurde die Minamata-Krankheit genannt.
    Über die Meere gelangt Quecksilber letztlich auch in die Nahrungskette. In Schwertfischen, Aalen oder Thunfischen kann es sich in besonders hohen Konzentrationen ablagern. Auch die Verwendung von Quecksilber und Quecksilberverbindungen in der Industrie sorgen für Einträge in Natur und Nahrungskette, sagt Katja Kraus:
    "Immer da, wenn zum Beispiel fossile Brennstoffe verbrannt werden. Das sind dann unsere Kraftwerke, das sind Zementanlagen, aber auch die Erzproduktion. Und somit finden wir das eigentlich in allen Umweltbereichen."
    Stufenweise Einführung von Verboten
    Ab sofort sind aufgrund der EU-Quecksilberverordnung zunächst alle Herstellungsverfahren mit Hilfe von Quecksilber als Katalysatoren verboten.
    Ab Ende 2018 sollen dann Kompaktleuchtstofflampen oder Quecksilberdampflampen weder produziert noch ein- oder ausgeführt werden dürfen.
    Quecksilber in Amalgam zur Zahnbehandlung zu verwenden, wird ab Juli 2018[*] zunächst für Kinder, Schwangere und Stillende EU-weit verboten - was in Deutschland bereits weitgehend praktiziert wird. Für die generelle Verwendung von Amalgam allgemein bei Erwachsenen gibt es aber noch kein Enddatum. Stephan Gabriel Haufe:
    "Es ist aber vorgesehen, dass das auch schrittweise kommen kann. Und zusätzlich ist es so, dass bei Amalgam kein Ergebnis vorliegt, wo man sagen kann, durch Amalgam hat jemand eine ernst zu nehmende Erkrankung bekommen."
    Wohin mit den Quecksilberabfällen?
    Derzeit werden noch 11.000 Tonnen Quecksilber in der industriellen Produktion verwendet. Trotz des Einstiegs in den Ausstieg müssen die in den nächsten 40 Jahren noch beseitigt werden. Zum Beispiel das Quecksilber aus der Gasreinigung, dem Beizen von Saatgut oder der Behandlung von Kosmetika, um diese haltbar zu machen. Dieses Quecksilber und seine Verbindungen müssen entsorgt werden.
    Geeignete Deponien wären laut Bundesumweltministerium vorhanden. Aber das Umweltbundesamt sieht das anders, so Katja Kraus:
    "Quecksilberabfälle sind ein gefährlicher Abfall. Demzufolge muss das Quecksilber und müssen diese quecksilberhaltigen Verbindungen auch sicher gelagert werden. Das bedeutet eine neue Herausforderung, eine sichere Ablagerung dafür zu finden. Zum Teil eine vorläufige, solange wir noch keine sicheren Endlager dafür haben. Aber das wird dann auch sicher mal Untertage sein in Salzstöcken, oder dass es eben auch auf speziellen Deponien dann abgelagert werden kann. Aber an dem Problem wird noch intensiv gearbeitet."

    [*] Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle wurde in der Sendefassung versehentlich ein falsches Jahr genannt. Die neuen Einschränkungen in der Verwendung von Dentalamalgam gelten ab Juli 2018.