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Euro-Schuldenkrise verschärft sich

Die Ratingagentur Moody’s hat Deutschlands Spitzenbonität infrage gestellt. Der kritische Ausblick gibt Warnungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einer Überforderung Deutschlands in der Euro-Schuldenkrise Auftrieb.

Von Brigitte Scholtes | 24.07.2012
    Die Ratingagentur Moody’s stellt Deutschlands Spitzenbonität in Frage.

    "Es ist grundsätzlich keine Neuigkeit, was Moody’s hier sagt"

    sagte schon heute Morgen im Deutschlandfunk Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank zu dieser Nachricht vom späten Montagabend. Und genauso beurteilen das auch die Finanzmärkte: Der DAX reagierte kaum auf diese Nachricht. Denn die Begründung der Ratingagentur für diesen Schritt sei nachvollziehbar, meint Rolf Schneider, Leiter Volkswirtschaft des Versicherungskonzerns Allianz:

    "Deutschland übernimmt in der Eurokrise zusätzliche Risiken, und es ist durchaus auch die Gefahr, dass mit der Zuspitzung der Krise durch Länder, die jetzt auch betroffen sind wie Spanien oder Italien, zusätzliche Garantien von Deutschland gegeben werden müssen. Von daher ist es nicht überraschend."

    - zumal auch die Versicherungsprämien an den Märkten für deutsche Staatsanleihen schon etwas höher gehandelt werden als zuvor.

    Noch aber ist nur der Ausblick negativ, noch gilt das höchste Rating AAA– ebenso wie für die Niederlande und Luxemburg. Doch die Politiker ärgern sich wieder einmal über die Ratingagenturen: Das Bundesfinanzministerium nannte die Ankündigung von Moody’s "einseitig", Deutschland sei weiterhin "Stabilitätsanker in der Euro-Zone". Die kurzfristigen Risiken würden in den Vordergrund gestellt, längerfristige Stabilisierungsaussichten blieben jedoch unerwähnt. Die Bewertung der Ratingagentur sei kurzfristig und kurzsichtig, kritisierte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle, während CSU-Finanzexperte Hans Michelbach die Entscheidung als einen Hinweis wertete, dass auch Deutschland nicht grenzenlos belastbar sei. Der negative Ausblick der Ratingagentur zeige deutlich, dass ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion nicht ohne potenziell schwerwiegende Folgen wäre, meldete sich Grünen-Fraktionsvorsitzender Jürgen Trittin zu Wort. Man dürfe sich nichts vormachen, warnt Stephan Rieke, Volkswirt der BHF-Bank:

    "Wenn tatsächlich sich die Krise verschärft und diese Haftungen nicht übernommen werden, auch dann fallen Risiken auf den deutschen Steuerzahler zurück. Wir werden uns nicht entziehen können, wenn es hier zu einem Kollaps der Europäischen Währungsunion käme."

    Selbst wenn Deutschland die Bestnote verlieren würde, dürfte das aber keine größeren Folgen auf die Finanzierungskosten des Bundes haben, meint Rieke:

    "Europäische Anleger sind eben in einem großen Maße auf gute Anleihen im Währungsgebiet angewiesen, und da ist die Auswahl eben nicht sonderlich groß. Der Finanzminister wird weiterhin sehr, sehr komfortable Zinsbedingungen an den Märkten finden, außerordentlich komfortabel, wenn man an die negativen Renditen für kurzfristige Staatsanleihen denkt, und da wird auch ein Ratingurteil nichts dran ändern."

    Spanien will die Belastbarkeit Deutschlands zwar nicht weiter in Anspruch nehmen, das möchte die spanische Regierung jedenfalls vermeiden. Das dürfte der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos am Abend in Berlin auch mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erörtern. Von weiteren Bemühungen Madrids um Unterstützung sei der Bundesregierung nichts bekannt, sagte eine Sprecherin Schäubles im Vorfeld.