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Europa
Kontingentflüchtlinge werden in Luxemburg aufgenommen

Von Tonia Koch | 19.11.2015
    Die EU-Vertreter winken den Flüchtlingen auf dem Gateway am Flugzeug zu.
    Die Verabschiedung von Flüchtlingen am Athener Flughafen am 04.11.2015. Im Rahmen der Umverteilung in der EU werden sie nach Luxemburg geflogen. (picture alliance / dpa / Andrea Bonetti / Prime Ministers)
    "Ich habe mich erkundigt und finde, dass Luxemburg gut für mich ist, sie sprechen auch Französisch hier."
    Der syrische Ingenieur ist seit drei Monaten im Großherzogtum und wartet auf seine Anerkennung als Flüchtling. Zufällig kommt er ins Gespräch mit der für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständigen Ministerin Corinne Cahen.
    "Bonjour, ah bonjour. Wie lange sind sie schon hier und was können wir verbessern", will die Ministerin wissen. "Och, nichts, die Luxemburger sind ausgesprochen nett."
    Corinne Cahen guckt zufrieden. Sie schaut in einer der Erstaufnahmestellen auf dem Limpertsberg in Luxemburg Stadt des öfteren nach dem Rechten. Die Einrichtung liegt auf dem Campus der Universität. Hier ist Platz, weil die Hochschule in diesem Jahr bereits zum Großteil in den Süden des Landes umgezogen ist. Augenblicklich ist das Foyer Lily Unden mit 550 Menschen voll belegt. Wie viele Flüchtlinge sich genau im Land aufhalten sei schwer zu sagen. Corinne Cahen wirft einen Blick auf ihr Handy.
    "Ich guck jetzt mal, ob ich die letzten Zahlen hier habe, wir sind relativ hoch belegt, wir werden auf 2.000 sein in Luxemburg in diesem Jahr, mehr oder weniger."
    Die luxemburgische Familien- und Integrationsministerin präzisiert."Wir zählen die, die bei uns schlafen."
    Bislang betreibt das Land fünf Erstaufnahmestellen und weitere etwa 130 Gebäude in denen Flüchtlinge und Asylsuchende untergebracht sind. Aber nicht alle finden den Weg dorthin, viele wohnten privat oder bei Verwandten, sagt Cahen. Zuweilen blieben die Menschen auch nur für einige Tage im Land, um dann weiter zu ziehen. Immer mehr Flüchtlinge und Asylsuchende aber entschieden sich bewusst für das Großherzogtum.
    "Wir haben uns im Internet über Luxemburg informiert, es ist besser als Deutschland, Schweden hat die Grenzen geschlossen, die Studienbedingungen sollen hier auch gut sein."
    Ayman, Mitte 20, und sein jüngerer Bruder kamen zunächst nach Berlin, haben sich dann jedoch ein Ticket gekauft und sind mit dem Zug nach Luxemburg gefahren, um hier zu bleiben. Auch für Gislan, Syrerin und Mutter zweier Töchter im Alter von acht und 13, war es eine bewusste Entscheidung.
    "Ich habe Luxemburg ausgewählt weil es eine kleine Stadt ist. Hier finden sich kaum Araber, das überrascht mich, aber es ist gut so, denn es gibt immer wieder Islamisten darunter. Ich verachte diese Leute, wo die sind, gibt es nur Ärger."
    Der Terror in Paris ist Thema auf den Fluren.
    "Ich möchte sagen, alle Moslems, alle Araber, die in ihre Länder gekommen sind, verurteilen die Anschläge von Paris."
    Die Flüchtlingseinrichtungen werden bewacht, sie sind für die luxemburgische Bevölkerung nicht frei zugänglich. Und für das Wohl der Menschen und die ersten Integrationsschritte sorgt auf dem Limpertsberg das Rote Kreuz.
    An der Essenausgabe in der Kantine hat sich eine lange Schlange gebildet. Es gibt Gemüse, Püree und Würstchen.
    "Es sind keine Schweinewürstchen", sagt die für Integration zuständige Rot-Kreuz-Mitarbeiterin Nadine Conrardi. Die Caterer haben sich längst auf die Essgewohnheiten ihrer überwiegend syrischen und irakischen Klientel eingestellt. Die Menschen brauchen Geduld, denn alle Plätze sind belegt. Trotz der Enge befürwortet auch das Rote Kreuz, dass die Flüchtlinge zunächst in den Aufnahmezentren rund um die Hauptstadt untergebracht werden. Nadine Conrardi.
    "In den ersten Wochen in denen die Leute in Luxemburg sind, sind wir der Meinung, dass sie besondere Bedürfnisse haben, dass sie mehr Informationen und Anleitung brauchen, was der nächste Schritt ist für ihre Asylprozedur und wo wir auch herausfinden, welche Leute sind besonders hilfsbedürftige und wenn die Leute sich ein bisschen an das Land gewöhnt haben, können sie auf andere Strukturen verteilt werden."
    Auch dort übernimmt die Versorgung der Staat. Corinne Cahen
    "Sie bekommen Sachleistungen und 25 Euro Taschengeld im Monat."
    Die Verteilung der Menschen auf die Gemeinden des Landes ist noch nicht angelaufen und wird sich wohl bis ins Frühjahr hinziehen. Wohnraum benötigt das Land auch für jene Migranten, zu deren Aufnahme sich Luxemburg aufgrund europäischer Vereinbarungen verpflichtet hat: in erster Linie Flüchtlinge aus Griechenland und Italien.