Donnerstag, 18. April 2024

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Europäische Musikstudenten an deutschen Hochschulen
Der englische Pianist Hector Docx

Warum verlassen angehende Musiker, Komponisten oder Dirigenten ihre Heimat, um in Deutschland zu studieren? In einer kleinen Reihe stellen wir Musikstudenten aus sechs verschiedenen europäischen Ländern vor, die in Leipzig, Weimar, Köln, München, Berlin und Hamburg Musik studieren. Heute geht es um den englischen Pianisten Hector Docx.

Von Peter Krause | 16.01.2017
    Der englische Pianist Hector Docx sitzt mit erhobenen Händen an einem Flügel
    Studiert Klavier in Hamburg: Hector Docx (Richard Anderson)
    Hierzulande zu studieren, war für den 24-jährigen Engländer Hector Docx die logische Konsequenz, schließlich verbrachte seine Familie häufig den Urlaub in Deutschland und schon in der Schule lernte er Deutsch als Fremdsprache. Als dem angehenden Pianisten dann vor fünf Jahren ein befreundeter Musiker die Hochschule für Musik in Hamburg empfahl, fiel ihm die Entscheidung leicht. In dem Land zu studieren, in dem er geboren wurde, wäre für Docx fast unmöglich gewesen:
    "Das kostet wahnsinnig viel Geld in England und das kostet hier fast gar nichts im Vergleich. Also in England man zahlt, also man ist schon bei 6.000, 7.000 Pfund pro Jahr und hier: Luxus, ich bezahle das Semesterticket, 300 irgendwas Euro. Und das war schon ein Grund, also ich finde die Ausbildung in England ist einfach überteuert, das ist zu viel."
    Musik
    Hector Docx, in Manchester geboren, studiert Klavier an der Hochschule für Musik in Hamburg. Als Kind erlebte er wie ununterbrochen Pianisten ins Haus kamen, um seiner Mutter vorzuspielen, die Agentin für klassische Musiker ist. Davon animiert, setzte sich der gerade mal 10-jährige Docx auch an das Instrument und begann darauf herum zu klimpern.
    "In der ersten Linie war ich nicht so gerne zu Hause, weil ich Jobs machen sollte. Mein Vater hat immer gesagt: kannst du bitte mit der Gartenarbeit helfen? Und dann habe ich gedacht, wenn ich jetzt Klavier üben müsste, dann müsste ich das nicht machen. Und dann habe ich mich dafür entschieden und daraus ist alles gewachsen."
    Hochschul-Atmosphäre
    "Also man spricht auch oft von dieser bestimmten Ästhetik, wie man spielt. Es gibt die sogenannte deutsche Schule, französische Schule und so weiter, was jetzt vielleicht ein bisschen zu grob gesagt ist, aber ich wollte schon ein bisschen von dieser Ästhetik, von diesem Land, von dieser Atmosphäre kennen lernen."
    Auch was die Genauigkeit im Spiel, die Auslegung der Partitur betrifft, unterscheiden sich England und Deutschland nach Meinung des angehenden Profi-Pianisten Hector Docx.
    "Es gibt natürlich Freiheit, aber man fokussiert sich sehr auf dieses: Hier steht piano, hier steht crescendo, was meinte der Komponist damit, was natürlich in jeder Tradition stattfindet, aber ich glaube, diese Analyse von dieser Musik, diese eher theoretische Seite von der Musik ist vielleicht noch stärker ausgeprägt in Deutschland als zum Beispiel in England. Man ist vielleicht einen Tick direkter in Deutschland, also in England vielleicht tanzt man so um die Sache herum – es gibt diesen Stereotyp, man versucht immer möglichst höflich zu bleiben in England. Das stimmt auch zum Teil, also Kritik ist vielleicht ein bisschen direkter in Deutschland und man kommt schneller zum Kern."
    Musik:
    Die Entscheidung in welchem Land man studiert, hatte zumindest früher auch mit der Art des eigenen Spiels zu tun, ob man einen weicheren oder härteren Tastenanschlag am Klavier pflegte bzw. bevorzugte.
    "Die französische Schule, da haben die Leute immer mit etwas höherem Handgelenk gespielt, weniger Gewicht und mehr von den Fingern, und dann deutsche Schule war eher dann mit sehr viel Gewicht und mit einem tieferen Handgelenk und amerikanische Schule war irgendwie sehr brillant und vom Anschlag ein bisschen oberflächlich. Aber das gab und jetzt, ich glaube auch mit der Globalisierung, alles mischt sich ein bisschen mehr."
    Musik:
    Hector Docx zweite Leidenschaft ist die Musik von Singer/Songwritern, besonders Bob Dylan hat es ihm angetan. Andere Musik zu hören empfindet er als eine Befreiung, denn manchmal verleidet ihm das endlose Einüben bestimmter Werke jede Leidenschaft für die Klassik, wie er freimütig bekennt.
    "Also mir fehlt manchmal eine gewisse Leichtigkeit, also manchmal könnte man sich ein bisschen mehr lustig über sich machen als Klassiker. Ja es wird sehr ernst genommen und das finde ich manchmal nicht passend."
    Hector Docx, der im letzten Herbst für sein Klavierspiel den DAAD-Preis der Hochschule für Musik und Theater verliehen bekam, organisierte 2015 in Hamburg ein kleines Festival. Der Erfolg dieser Veranstaltung machte den Engländer nachdenklich, was seine Zukunft betrifft – immer nur am Klavier zu sitzen, wäre ihm zu langweilig.
    "Also wie bringt man die klassische Musik näher an das Publikum, das ist, was mich sehr interessiert. Ich möchte gerne einfach spielen, so wie moderieren über die Musik aber auch dann Verbindungen schaffen mit zeitgenössischen Komponisten, ich möchte möglichst viel mit der Musik machen und nicht nur einen Aspekt."