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Europapokal 1997
Die Pötte im Pott

Die Saison 1996/1997 ist für das Ruhrgebiet die beste denkbare Saison überhaupt. Erst zwingt Schalke im UEFA-Pokal das scheinbar übermächtige Inter Mailand im Elfmeterschießen in die Knie. Nur eine Woche später macht Lars Ricken ganz Dortmund glücklich. Denn er lupft.

Von Matthias Friebe | 21.03.2018
    Der Dortmunder Lars Ricken hebt, erst Sekunden im Spiel, in der 71. Minute aus vollem Lauf aus 22 m einen langen Ball über Juventus-Torhüter Peruzzi zum spielentscheidenden 3:1 in das Turiner Netz. Damit ist am späten Abend des 28.5.1997 im Münchner Olympiastadion im Finale der europäischen Fußball-Champions League Borussia Dortmund der Europapokal nicht mehr zu nehmen. Mit diesem Zwei-Tore-Vorsprung gegen Juventus Turin machen die Dortmunder den größten Triumph in ihrer Vereinsgeschichte perfekt - das in ihrem 100. Europapokalspiel.
    Champions League-Finale: Lars Rickens Tor zum 3:1 (dpa)
    "Der FC Schalke ist Sieger im UEFA-Pokal 1996/97. Ich darf mich jetzt nicht selber übertreiben. Es ist ein unglaublicher Augenblick", sagt TV-Reporter Werner Hansch nach dem Finale.
    Der größte Tag in der Vereinsgeschichte von Schalke 04. Europapokalsieg beim großen Favoriten, der mit Stars gespickten Mannschaft von Inter Mailand.
    "Das ist das Größte, was ich bisher mitgemacht habe, von der Euphorie, vom Ganzen. Mit einer Mannschaft, der man das auch nicht zugetraut hat", sagte Werner Hansch.
    "Valencia, Teneriffa, Inter Mailand, das war ne Show"
    Nach langer Durststrecke, die letzte Meisterschaft schon fast 40 Jahre her, und jetzt ganz oben in Europa. Ausgerechnet in einem Jahr, in dem es schwer war fürs Ruhrgebiet. Die Bergbau-Subventionen sollten gekürzt werden, viele Arbeitsplätze waren bedroht. Mit den massiven Protesten solidiarisierten sich auch die Ruhrgebiets-Fußball-Clubs. Und sorgten mit ihren sportlichen Erfolgen für ein bis dahin nicht gekanntes Wir-Gefühl im Revier.
    Die Schalke-Fans sangen: "Wir schlugen Roda, wir schlugen Trabzon, wir schlugen Brügge sowieso, Valencia, Teneriffa, Inter Mailand, das war ne Show."
    Der BVB hatte vorgelegt
    Eine mindestens genauso große Show legte Revierrivale Borussia Dortmund hin. 30 Kilometer weiter östlich war der Strukturwandel schon einen Schritt weiter. Die letzte Zeche dort wurde schon Ende der 80er Jahre geschlossen und auch sportlich hatte der BVB mit zwei Meisterschaften 1995 und 1996 vorgelegt.
    Pokale der Europa League und der Champions League nebeneinander im Deutschen Fußball-Museum in Dortmund
    Pokale der Europa League und der Champions League nebeneinander im Deutschen Fußball-Museum in Dortmund (firo Sportphoto)
    Und jetzt, im Mai 1997, genau eine Woche nach Schalkes Triumph in Mailand, erlebten die Fans im Münchener Olympiastadion, eine der berühmtesten Einwechslungen der Fußball-Geschichte. BVB-Trainer Ottmar Hitzfeld brachte im Champions League Finale gegen Juventus Turin in der 70. Minute den 20-jährigen Lars Ricken.
    Als sich sogar Schalker und Dortmunder in den Armen lagen
    Marcel Reif reportiert: "Möller, Ricken, Ricken. Lupfen jetzt. Jaaaaa. Fünf Sekunden auf dem Platz, fünf Sekunden."
    3:1 gegen Turin, das Ruhrgebiet war Spitze in Europa. Auch wenn es heute, 20 Jahre danach, mit der Steinkohle endgültig vorbei und der Strukturwandel noch lange nicht abgeschlossen ist: Eins kann man den traditionsliebenden Fans im Pott nicht mehr nehmen, die Erinnerung an den Mai 1997. Den blau-weißen und schwarz-gelben Europapokalsieg, als sich sogar Schalker und Dortmunder in den Armen lagen.