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Europarat-Bericht
Deutschland lässt zu viel Rassismus zu

Der Europarat fordert von Deutschland ein härteres Vorgehen gegen Fremdenfeindlichkeit. Im Bericht der Kommission gegen Rassismus und Intoleranz wird zur Begründung unter anderem auf die NPD als Quelle von Hassreden hingewiesen. Als positiv werten die Experten die Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

25.02.2014
    Die Pannen bei der Aufklärung der Morde der rechtsextremen Terrorzelle NSU machten die Problematik deutlich: Deutschland lässt im Alltag zu viel Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung von Minderheiten zu. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Deutschlandbericht der Kommission gegen Rassismus und Intoleranz des Europarates (ECRI) hervor. Der Europarat hat Deutschland daher nun zu einem schärferen Vorgehen gegen Fremdenfeindlichkeit und Hassreden aufgefordert.
    Die Experten kritisieren in dem Bericht, dass selbst in öffentlichen Debatten durch "Rassismus angefeuerte Hassreden" auftauchten, "ohne dass sie immer eindeutig verurteilt werden". Insbesondere die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) sei die "größte Quelle für Hassreden" heißt es weiter. Der Bericht erwähnt auch Ex-Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin –wegen seiner anti-muslimischen Äußerungen im Buch "Deutschland schafft sich ab".
    Vertrauliche Empfehlungen
    Der Europarat ist eine 1949 gegründete europäische Organisation, die sich als Forum für Debatten über allgemeine europäische Fragen versteht. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs und dem Rat der Europäischen Union (Ministerrat). Seine Kommission gegen Rassismus und Intoleranz prüft regelmäßig die Lage in den 47 Europaratsländern und gibt vertrauliche Empfehlungen, um Missstände zu beseitigen. Zu Deutschland wurden in den vergangenen 16 Jahren vier Berichte veröffentlicht.
    Organisationen und Parteien, die Rassismus fördern, sollten alle öffentlichen Gelder gestrichen werden, empfiehlt die Kommission. Sie wiederholte eine frühere Aufforderung, bei Straftaten eine rassistische Motivation als erschwerenden Umstand zu werten. Bei Gerichtsurteilen werde nur "sehr selten" Rassismus als Grund für eine Straftat in Erwägung gezogen. Auch hier dienten die mutmaßllichen NSU-Morde als trauriges Beispiel.
    Fortschritte seit 2008
    Doch Deutschland werden auch Fortschritte seit dem letzten Bericht 2008 bescheinigt - so leiste die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) trotz ihres schmalen Budgets ausgezeichnete Arbeit. Die ADS sollte mehr Geld bekommen, um Opfer von Rassendiskriminierung oder rassistischer Gewaltakte zu unterstützen, heißt es im Bericht. Zum wiederholten Mal wird die Bundesregierung aufgefordert, das Protokoll der Europäischen Menschenrechtskonvention über das Diskriminierungsverbot zu ratifizieren.
    Dieses Protokoll aus dem Jahr 2000 verbietet die Diskriminierung aufgrund der Rasse, der Religion oder der politischen Anschauung. Allerdings haben bisher nur 18 der 47 Europaratsländer das Protokoll ratifiziert, darunter die Niederlande, Rumänien und Serbien. Deutschland hatte seine Zurückhaltung damit begründet, dass es die Entwicklung in anderen Europaratsländern beobachten wolle. Zudem würde eine Ratifizierung die Rechtslage in Deutschland nicht verbessern.