Freitag, 29. März 2024

Europawahlen
"Wir überlassen den Platz nicht den Rechtsextremen"

Der Front National triumphiert bei der Europawahl in Frankreich und fordert auf Landesebene Neuwahlen. Doch der Sieg der Rechtsextremen setzt nicht nur die regierenden Sozialisten unter Druck.

Von Ursula Welter | 26.05.2014
    Die Spitze des Front National hat bis spät in die Nacht in einer Bar nahe der Champs-Elysées gefeiert. Immer wieder wurde die Marseillaise gesungen, wurde "au revoir Bruxelles" oder auch "vive la France" gerufen.
    Der Front National konnte die Zahl seiner Sitze im Europaparlament von drei auf mindestens 24 steigern und verlangt, dass diesem Kraftbeweis auch auf nationaler Ebene Rechnung getragen werde.
    "Was sonst kann der Präsident tun, angesichts dieser massiven Missbilligung durch die Wähler, was sonst als Neuwahlen? "
    Auflösung des Parlaments kommt nicht in Frage, sagt Premierminister Manuel Valls, der seinen Posten erst nach der Niederlage der Sozialisten bei den Kommunalwahlen bezogen hatte - auf die Wahlschlappe im März hatte der Präsident mit Umbildung seiner Regierung reagiert.
    "Wir überlassen doch den Platz nicht den Rechtsextremen, die nicht die Werte unseres Landes vertreten. Der Präsident ist für fünf Jahre gewählt, wir haben eine Mehrheit im französischen Parlament und wir haben eine politische Linie, die ich nicht ändern will."
    Keine Auflösung des Parlaments, keine Regierungsumbildung diesmal, aber die klare Botschaft an Brüssel, dass sich in der europäischen Politik etwas ändern müsse. Mit dieser Haltung will Francois Hollande morgen zum EU-Gipfel nach Brüssel reisen. Sparzwang, Reformzwang - den Bürgern werde zu viel abverlangt, heißt es im Regierungslager. Und der Premier ergänzte, es müsse bis Ende des Jahres weitere Steuersenkungen in Frankreich geben, vor allem für die schwachen Haushalte.
    Protest gegen die aktuelle Politik
    Die Meinungsforscher sagen, dass vor allem Arbeitslose, Geringverdiener und Jungwähler dem Front National ihre Stimme gaben, allerdings war die Wahlbeteiligung erneut sehr schwach, nur vier von zehn Franzosen gingen an die Urnen. Außerdem wählten viele Franzosen FN aus nationalen Motiven und aus Protest gegen die aktuelle Politik im Land.
    Auf Seiten der konservativen Oppositionspartei, UMP, die vom Front National auf den zweiten Platz verwiesen wurde, geriet das Spitzenpersonal am Tag nach dem Wahlsieg der extremen Rechten offen aneinander. Die UMP sei nicht angemessen aufgestellt gewesen, sagte der interne Widersacher von Parteichef Copé, Francois Fillon.
    Die Ehre der UMP sei in Frage gestellt, meinte der frühere Premierminister über seine Partei. Andere riefen nach dem Ex-Präsidenten: "Ja, wir brauchen Nicolas Sarkozy", sagte Brice Hortefeux, der seit Langem meint, nur Sarkozy könne dem FN die Stirn bieten.
    Parteichef Copé, der wegen einer Parteifinanzierungsaffäre unter Druck steht, verteidigte sich, nicht seine UMP sei das Problem und verantwortlich für den Triumph der extremen Rechten. Schließlich sei nicht die UMP an der Macht, sondern die Sozialistische Partei.