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Eurozone
EZB steuert gegen Deflation

In der Eurozone gibt es zwar immer noch niedrige Ölpreise, aber Dienstleistungen, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak sind teurer geworden. Nimmt man die geringen Energiekosten dazu, ergibt sich im Durchschnitt weiter ein leicht gesunkenes Preisniveau. Die EZB fürchtet eine Deflation und will sie mit aller Macht verhindern. Doch nicht jeder Ökonom ist von diesem Kurs überzeugt.

Von Stefan Wolff | 31.03.2016
    Die Zentrale der Europäischen Zentralbank
    Die Zentrale der Europäischen Zentralbank (picture-alliance / dpa / Frank Rumpenhorst)
    Von der eigentlichen Zielgröße der Europäischen Zentralbank ist die Inflationsrate weit entfernt. Im Euroraum sind die Preise im März um 0,1 Prozent gesunken. Im Februar hatte der Rückgang 0,2 Prozent betragen. Und so fürchten viele Beobachter genau das Gegenteil von Inflation, nämlich Deflation. Jörg Krämer kann die Sorge allerdings nicht verstehen.
    "Ich bekomme diese Frage oft gestellt und ich antworte immer gleich darauf, nämlich dass ich diese Deflationshysterie nicht nachvollziehen kann. Denn dass die Inflationsrate momentan negativ ist, das ist doch für die Menschen für die Bürger positiv, weil es die Kaufkraft stärkt", sagt der Chefvolkswirt der Commerzbank.
    Die EZB allerdings fürchtet Deflation und will sie mit aller Macht verhindern. Denn Deflation führt dazu, dass Unternehmen weniger investieren, weil sie mit sinkenden Gewinnen rechnen müssen. Das ist der Grund, warum die EZB so vehement gegensteuert, erklärt Felix Hüfner Chefvolkswirt bei UBS Deutschland:
    "Die EZB und die Fed haben die langfristige Inflation im Blick. Die EZB hat ein Programm vorgelegt, was sogar uns überrascht hat. Wir waren eigentlich der Meinung, dass es ein großes Programm geben wird aber das, was gekommen ist, war eben noch stärker."
    Maßnahmen der EZB
    Anfang März hatte die EZB den Leitzins auf Null gesenkt. Und den Strafzins für Banken, die Geld bei der EZB parken wollen, weiter erhöht. Das Anleiheauskaufprogramm weiteten die Währungshüter aus. Von morgen an kauft die EZB auch Anleihen von Unternehmen. Der Strauß an Maßnahmen hat indessen wenig gebracht.
    Die Banken geben das billige Geld der Zentralbanken nicht in Form von billigen Krediten an die Unternehmen weiter. Das hat Gründe: Zum einen sitzen vor allem Finanzhäuser in Südeuropa auf vielen faulen Krediten. Sie können es sich schlicht nicht leisten, weitere Risiken einzugehen. Außerdem, so sagt Jörg Krämer, sorgen die billigen Zinsen dafür, dass Regierungen längst fällige Reformen auf die lange Bank schieben, weil sie sich günstig verschulden können. Das, so der Ökonom, helfe nicht, die Probleme zu lösen.
    "Wenn man all das zusammennimmt, dann merkt man, dass die Nullzinspolitik die Rahmenbedingungen für die Unternehmen verschlechtert. Und eine Geldpolitik, die Unternehmen schwächt, kann nicht wirken."
    Die Finanzkrise ist vor einigen Jahren durch eine Immobilienkrise in den USA ausgelöst worden. Eine Spekulationsblase ist geplatzt. Der Blick in die Historie zeigt, dass nach einer solchen Krise die Wirtschaft nur langsam wieder in Schwung kommt.
    Die Ölpreise verhindern höhere Teuerungsraten
    Auch in Deutschland ist die Inflation niedrig ausgefallen. Die Preise sind im März um 0,3 Prozent gestiegen, weil Pauschalreisen und Lebensmittel teurer wurden. Die Ölpreise verhindern höhere Teuerungsraten. Ein Grund, warum die EZB-Politik ins Leere läuft, erklärt Jörg Krämer.
    "Die Preise steigen ja in Deutschland, wir haben ja Inflation, nur nicht an der Ladenkasse, sondern beim Makler. Und das ist ein riesiges Problem, das den Menschen Angst macht."
    Vor einer Preisblase am Immobilienmarkt warnt inzwischen auch die Deutsche Bundesbank. Die Inflation wird aber Schätzungen zufolge nur langsam anspringen. Sollte Öl aber wieder deutlich teurer werden, könnte es schneller gehen, als es auch der EZB lieb wäre.