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Ewiger Zweitwagen?

Automobil.- Das Elektroauto mit Batterie weckt in vielen große Hoffnungen. Doch wegen seiner geringen Reichweite von etwa 160 Kilometern, ist das Gefährt praktisch nur in Städten nutzbar. Das Projekt Better Place will das ändern.

Von Sönke Gäthke | 23.09.2009
    Das Elektroauto der Zukunft - glaubt man den Entwicklern und Wissenschaftlern, wird es lange ein Nischendasein fristen: ein Stadtauto, mit begrenzter Reichweite; ein Zweit- oder gar Drittwagen. Alle denken so. Alle – bis auf eine Initiative: Better Place, erzählt Oliver S. Kaiser, Technologieberater beim Verband der Deutschen Ingenieure in Düsseldorf.

    "Better Place geht davon aus, dass Elektrofahrzeuge in ihrem Geschäftsmodell eine Massenanwendung sind, auch für Fernfahrten, also eben nicht das Drittauto oder ein Nischenfahrzeug für besonders verspielte Kunden, sondern ein tatsächliches – ja, reichweitenstarkes Auto."
    Nur so, erklärt Rolf Schumann von Better Place in Deutschland auf der IAA, hat das Elektroauto eine Chance, den Benziner zu verdrängen.

    "Es ist ganz einfach: Wenn Sie heute ein Auto kaufen, Auto steht für Freiheit und Flexibilität. Aber wenn Sie sich ein Auto kaufen mit einer fest eingebauten Batterie, haben sie immer das Problem, wenn sie leer ist, dauert es eine gewisse Zeit, bis sie geladen ist. Jeder spricht von schnell laden, das dauert eine halbe Stunde, was kein Schnellladen ist, das machen sie zweimal mit, dann schmeißen sie das Auto weg."

    Das geht natürlich nicht. Und deshalb haben die Ingenieure von Better Place eine komplette Infrastruktur entworfen, deren einzelne Komponenten sie auch gleich selbst entwickeln: Ladesäulen für Haus und Straße, Batteriewechselstationen, an denen leere Akkus in fünf Minuten gegen volle ausgetauscht werden können, und ein Navigationssystem, mit dessen Hilfe der Autofahrer diese Wechselstationen auch erreichen kann – bevor die Batterie leer ist. Für diese Aufgabe haben die Ingenieure ein Mini-Rechenzentrum ins Auto eingebaut. Rolf Schumann:

    "Die Kiste hat einiges zu tun, es ist ein normales Navigationssystem."

    Es kennt also die Straßen und bekommt Informationen über den Verkehrsfluss. Das können andere Systeme auch. Aber Schumanns System kennt noch etwas mehr: Den Ort aller Lade- und Wechselstationen.

    "Hinzu kommt der Energiebedarf des Autos."

    Dafür erfasst der Bordcomputer, wie viel Strom das Auto normalerweise auf der Strecke verbrauchen würde, und kontrolliert dann, welche Geräte der Autofahrer zusätzlich eingeschaltet hat – Licht, Scheibenwischer, den Rechner selbst, oder das Radio, sie alle verbrauchen Strom, und verkürzen damit die Reichweite

    "Hinzu kommt der Energiebedarf des Netzes, zu meiner Position."

    Das heißt, der Rechner weiß jetzt auch, ob gerade viel Strom im Netz ist oder wenig. Und kann diese Daten mit den Wechselstationen abgleichen. Und jetzt, so Schumann, passiert folgendes:

    "Ich guck die Route an, wie weit ich noch fahr, was die Auswirkung drauf sind, es ist der Zustand aller Ladeeinheiten in meiner Umgebung, das alles muss entsprechend gemanaged und gehandelt werden."

    Diese Daten kombiniert der Rechner, und errechnet die energetisch günstigste Strecke – er schlägt dem Fahrer zum Bespiel vor, einen Stau weiträumig zu umfahren, oder er legt ihm dringend ans Herz, vielleicht doch eine Wechselstation anzufahren. Natürlich eine, die noch über geladene Batterien verfügt, die ins Auto passen. Das System ist also eher eine Art Mobilitäts- und Energieberater als ein reines Navigationssystem. Und es hantiert mit einer Reihe von recht privaten Daten – weshalb diese Daten eben nicht über das Netz geschickt, sondern vor Ort im Auto verarbeitet werden.

    "In dem Moment, wo ich sage, ich hab alles lokal, ich hab’ zentral nur die Information über das Netz, den Zustand, und ich kann on the fly, während du fährst, deinen Energiebedarf, deine optimale Energiebedarfmenge berechnen, dann ist es etwas, was die Kunden a) fordern und b) was dann auch die Rechenleistung notwendig macht."

    Dieses System, eine Vernetzung von Straße und Stromnetz, will Better Place bis 2011 in Israel, dann in Dänemark aufbauen, und dem Elektroauto hier quasi unbegrenzte Freiheiten geben. Das ist sinnvoll und wird wohl auch funktionieren. Die Frage ist nur: Welcher Autohersteller macht mit? Denn an den Wechselstationen, dem Angelpunkt des Systems, kann natürlich nicht für jedes Automodell eine eigene Batterie liegen – das wäre viel zu teuer. Die Batterien müssten also genormt werden – und das könnte schwierig werden, so Oliver S. Kaiser.

    "Es ist vollkommen klar, dass es im weitesten Sinne keine genormte Autobatterie geben wird, die allen Fahrzeugen und allen Herstellern entspricht, sie müssen konstruktive Vorgaben machen, die bei weitem nicht jeder Hersteller einhalten will, gerade die Wechselbarkeit durch den Fahrzeugboden, sie haben elektrisch sehr unterschiedliche Batterien, das ist sehr spannend, wie sich, und ob sich dieses Konzept durchsetzen kann."