Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Ex-Nationalspieler
Thomas Hitzlsperger: Ich bin schwul

Als erster prominenter deutscher Fußballer hat Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger seine Homosexualität öffentlich gemacht. Der Deutsche Fußballbund und ehemalige Mitspieler unterstützen ihn, und die Bundesregierung begrüßt sein Outing.

08.01.2014
    Thomas Hitzlsperger
    Thomas Hitzlsperger erhielt 2011 den Julius-Hirsch-Ehrenpreis für sein Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus (dpa / Picture Alliance / Victoria Bonn-Meuser)
    Es ist eine Zäsur im deutschen Fußball: Zum ersten Mal erklärt ein ehemaliger deutscher Fußballprofi, dass er schwul ist. "Ich äußere mich zu meiner Homosexualität, weil ich die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern voranbringen möchte", sagte Thomas Hitzlsperger der Wochenzeitung "Die Zeit". Er habe das Gefühl, dass jetzt, nach dem Ende seiner Karriere, ein guter Moment dafür gekommen sei.
    Der 31-Jährige war als Mittelfeldspieler mit dem VfB Stuttgart deutscher Meister geworden und hatte in der Bundesliga auch für den VfL Wolfsburg gespielt. Zwischen 2004 und 2010 absolvierte er 52 Spiele für die deutsche Nationalmannschaft. Anfang September 2013 hatte der gebürtige Münchner sein Karriereende bekanntgegeben. Zuletzt spielte Hitzlsperger in England beim FC Everton.
    Lob von Podolski und Co.
    Das Bewusstsein, homosexuell zu sein, sei "ein langwieriger und schwieriger Prozess" gewesen, sagte der frühere Profi. "Erst in den letzten Jahren dämmerte mir, dass ich lieber mit einem Mann zusammenleben möchte", meinte Hitzlsperger und ergänzte, Homosexualität werde im Fußball schlicht ignoriert.
    Bis heute kenne er keinen Fußballer persönlich, der das zu seinem Thema gemacht habe. "In England, Deutschland oder Italien ist Homosexualität kein ernsthaftes Thema, nicht in der Kabine jedenfalls", erklärte Hitzlsperger, der sich 2007 kurz vor der geplanten Hochzeit von seiner langjährigen Freundin getrennt hatte. "Ich habe mich nie dafür geschämt, dass ich nun mal so bin." Trotzdem seien die Sprüche der Kollegen nicht immer einfach zu ertragen gewesen.
    Sein Schritt wurde von seinem ehemaligen Nationalmannschaftskollegen Lukas Podolski als "wichtiges Zeichen" bezeichnet. Dies sei eine "mutige und richtige Entscheidung", teilte Podolski auf Twitter mit.
    Brave and right decision. Respect, Thomas Hitzlsperger. His outing is a important sign in our time. pic.twitter.com/c69Oml2Ocp— Lukas-Podolski.com (@Podolski10) 8. Januar 2014
    Podolski und Hitzlsperger hatten zusammen unter anderem bei der WM 2006 in Deutschland in der Nationalmannschaft gespielt. Arne Friedrich twitterte: "Bin stolz auf dich. Gute Entscheidung und aus meiner Sicht richtiger Zeitpunkt." Auch die englische Fußball-Legende Gary Lineker meldete sich: "Herzlichen Glückwunsch! Er ist sehr mutig, dass er als erster Spieler, der in der Premier League gespielt hat, sein Coming-out hat."
    Unterstützung vom DFB zugesagt
    Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Wolfgang Niersbach, sagte Hitzlsperger volle Unterstützung zu. "Er war zu seiner Zeit als Nationalspieler immer ein Vorbild, vor dem ich den höchsten Respekt hatte - und dieser Respekt ist jetzt noch weiter gewachsen", erklärte Niersbach in einer Mitteilung des DFB. Auch der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger war voll des Lobes: "Endlich hat ein Fußballer den Mut, seine Homosexualität öffentlich zu machen - zumindest in engem Zeitabstand zu seiner Karriere", sagte Zwanziger "Zeit online".
    Die Bundesregierung hat das Bekenntnis Hitzlspergers zu seinem Schwulsein begrüßt. "Es ist gut, dass er über etwas spricht, das ihm wichtig ist, das ihn womöglich auch befreit", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte weiter: "Wir leben in einem Land, in dem niemand Angst haben sollte, sich zu seiner Sexualität zu bekennen." Deutschland habe auf diesem Gebiet im vergangenen Jahrzehnt "enorme Fortschritte" gemacht.
    Hitzlspergers Coming-out fällt in die Zeit, in der Homosexualität im Sport durch die in einem Monat beginnenden Olympischen Winterspiele in Sotschi verstärkt in den Fokus rückt. Die russische Anti-Homosexuellen-Gesetzgebung hatte weltweit Kritik hervorgerufen.
    Mehrere Sportler, vor allem in den USA und Großbritannien, machten öffentlich, schwul oder lesbisch zu sein.