Kunstförderung

Rom bekommt sein erstes privates Museum

Der Trevi-Brunnen in Rom.
Mäzene erhalten Roms Kunstschätze: Auch die Restaurierung des Trevibrunnens wurde aus privaten Mitteln möglich. © picture-alliance / dpa / Annette Reuther
Von Thomas Migge · 28.11.2017
Die öffentliche Finanzierung von Kunst ist in Rom traditionell gering. Mit dem "MUSIA" eröffnet jetzt erstmals ein privates Museum in Italiens Hauptstadt, in der sich zunehmend Unternehmer der Kunst widmen. Aber es geht dabei auch um Marketing in eigener Sache.
Gleich drei Eingänge hat das neue Privatmuseum im Herzen Roms: alle drei in der Via dei Chiavari. Zwei Eingänge führen in die Räumlichkeiten für Wechselausstellungen mit Werken aus der privaten Sammlung des Museumsstifters. Der dritte Eingang führt in eine Kunstgalerie. Alle drei Eingänge führen auch in ein Restaurant und in eine Weinbar im Keller, unter mittelalterlichen Gewölben. Das etwa 3500 qm große MUSIA, wie Roms jüngste Kultureinrichtung heißt, bietet Kunst und Gastronomie unter einem Dach, in einem historischen Gebäude, das auf den Resten des antiken Pompejustheaters errichtet wurde.

Ein Traum wird wahr

Das MUSIA ist der Lebenstraum von Ovidio Jacorossi. Der Unternehmer und Kunstsammler hatte vor Jahren seine über 30 Firmen verkauft, um sich ganz seiner Sammlung zu widmen:
"Dieser Ort hier entsteht in der Via dei Chiavari. Aus einem präzisen Grund. Mein Großvater hatte hier einen Kohleladen. Für unsere Familie ist die Kunst wichtig, denn Kunstförderung und Unternehmertum müssen meiner Meinung nach zusammen gehen."

Meisterwerke aus zwei Jahrhunderten

Mehr als 2500 Gemälde des italienischen 20. und 21. Jahrhunderts sammelte Jacorossi in 30 Lebensjahren. Darunter Meisterwerke von Balla, De Chirico, Mafai bis hin zur Arte povera, Fluxus und den so genannten Anacronisten. In Wechselausstellungen will er seine Schätze nun zeigen. In Roms erstem Privatmuseum.
Das MUSIA versteht der Mäzen als kulturellen Meeting-Point: zum Kunst schauen, zum essen und trinken und zum Kunst kaufen. Mit Räumlichkeiten, die zwar labyrinthisch angeordnet sind, unter- und über der Erde, die aber keine trennenden Wände und Türen haben. Alles ist offen und Kunst und Gastronomie gehen ineinander über: als Verbindungselemente zwischen den verschiedenen Nutzflächen des MUSIA dienen wandgroße Licht- und Videoinstallationen italienischer Künstler.

Mode investiert in Kunst und Bildung

Mit Kulturmäzenatentum macht auch die Familie des römischen Modeunternehmens Fendi von sich reden, vor allem die Alda-Fendi-Stiftung. Seit einigen Jahren organisiert sie, unterstützt von Künstlern und Regisseuren, Kultur-Mega-Events mit Musik, Tanz und Schauspiel. Alda Fendi:
"2001 habe ich meine Quote am Unternehmen verkauft um mich ganz der Kultur zu widmen. Meine Stiftung finanziert vor allem experimentelle Kulturevents. Ich will aussondieren was Kunst in der Zukunft sein könnte."
Die Familie Fendi ist einer der wichtigsten Kulturförderer Roms geworden. In einigen Monaten wird am antiken Triumphbogen Arco di Giano in einem Palazzo die Gemäldesammlung der Familie, moderne und zeitgenössische Kunst, ausgestellt. Darüber hinaus finanzieren die Fendis ein Studienzentrum zum Schaffen des Renaissancemalers Caravaggio im Nationalmuseum Villa Borghese sowie die Restaurierung bedeutender römischer Monumente, wie zuletzt dem barocken Trevibrunnen.

Kunstpreis rundet privates Engagement ab

Auch der Luxusjuwelier Bulgari ist zum römischen Kulturmäzen geworden: er finanziert einen internationalen Kunstpreis. Der vierte im Bunde der römischen Kulturförderer ist der Bauunternehmer Claudio Cerasi: sein Privatmuseum wird ab kommendem Januar ein Teil seiner Sammlung ausstellen, bedeutende Werke römischer und impressionistischer Maler aus der Zeit zwischen 1919 bis 1943, der so genannten römischen Schule.
"Wer in Rom lebt, umgeben von Kultur, und die finanziellen Mittel hat, der muss auch in ebendiese Kultur investieren. Das ist doch klar!"

Kunstförderung als Marketinginstrument

Privates Mäzenatentum ist wichtig geworden für Italiens Hauptstadt – auch als geschickte Marketing- und Imagestrategie der beteiligten Unternehmen und Familien. Italiens Kulturminister Dario Franceschini und Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi kommt dieses Mäzenatentum nur entgegen: kürzen sie doch seit Jahren ständig ihre Kulturausgaben und verweisen auf die USA, wo es ja selbstverständlich ist, dass Unternehmer als Mäzene agieren und der öffentlichen Hand in Sachen Kultur kräftig unter die Arme greifen.
Die römischen Mäzene sind allerdings nur wenig am Erhalt alter Kunst und historischer Monumente interessiert: Sie wollen Italiens Hauptstadt vor allem in Sachen moderner und zeitgenössischer Kunst aufwerten - und damit der Kunstmetropole Mailand Konkurrenz machen. Aber Konkurrenz wollen sie sich auch untereinander machen – jeder von ihnen will sich als wichtigster privater Kulturförderer präsentieren. Roms Kulturszene wird davon sicherlich profitieren.
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