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Extremer Aufstieg für Peter Müllers Nachfolgerin in spe

Sie war die erste Landes-Innenministerin Deutschlands. Gelungen ist das der CDU-Abgeordneten Annegret Kramp-Karrenbauer mit Fleiß und ohne großes Tamtam. Nun strebt sie als Nachfolgerin von Peter Müller das Amt der Ministerpräsidentin des Saarlandes an.

10.02.2011
    Schnellen Schrittes eilt Annegret Kramp-Karrenbauer die Treppe hoch. Die 48-Jährige, die durch ihren kurzen Haarschnitt und ihre Vorliebe für Hosen zuweilen etwas burschikos wirkt, kommt selten außer Atem. Der Kongress, der sich mit dem Thema "Gewalt gegen Frauen" beschäftigt, ist nicht der erste Termin der Sozialministerin an diesem Montagmorgen.

    "Normalerweise gibt es um 8:15 Uhr immer einen gemeinsamen "guten Morgen–Kaffee" mit allen, die auf dem Flur arbeiten, da besprechen wir die Woche. Aber heute früh war es eine Besprechung im Finanzministerium."

    Die Haushaltsstrukturkommission hatte getagt. Das parteiübergreifend zusammengesetzte Gremium soll jene Bereiche aufzeigen, in denen das Land sparen kann. Damit muss sich die designierte Ministerpräsidentin beschäftigen, denn sie wird für die finanziellen Grausamkeiten künftig den Kopf hinhalten müssen. Aber nicht jetzt, sie verscheucht den Gedanken. Und bevor sie in den Festsaal einmündet, sagt sie dann noch achselzuckend, dass sie für die engagierten Vertreterinnen und Vertreter der Jugend- und Familienhilfe heute Vormittag eigentlich gar keine Zeit hat.

    "Ich bin heut ausnahmsweise hier, um die Veranstaltung zu eröffnen, werde aber gleich in die Fraktion rüber gehen. Das wechselt jetzt immer ab, weil alle zwei Wochen die Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin stattfindet, aber die andere Woche nutze ich, um in der Fraktion zu sein."

    Im Herbst des vergangenen Jahres wurde Annegret Kramp-Karrenbauer ins CDU-Präsidium gewählt. Bis dahin war sie auf Bundesebene ein unbeschriebenes Blatt. Ganz anders in der Heimat. Hier ist ihr politischer Werdegang eng mit Peter Müller verknüpft. Bereits seit 1991 ist die studierte Politikwissenschaftlerin an seiner Seite. Zu Beginn als Grundsatzreferentin der Saar-CDU. 1999 als die Saar-CDU nach langen Jahren in der Opposition die Landtagswahl für sich entschied, errang sie ein Mandat und wurde zunächst parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion. Und Kramp-Karrenbauer weiß, dass sie die CDU-Fraktion als starken Verbündeten braucht, wenn sie als Ministerpräsidentin reüssieren will. Sie eröffnet ihr Grußwort an die Kongressteilnehmer daher mit einer Entschuldigung.

    "Ich bitte gleich um Entschuldigung dafür, dass ich allen Vorurteilen eines Politikers gerecht werde und nach meiner Begrüßung auch direkt wieder verschwinde. Aber wir haben heute Vormittag Fraktionssitzung im Landtag."

    Nein, die Zuhörerinnen und Zuhörer im Saal nehmen es ihr nicht übel. Sie wissen, was sie an ihr haben. Birgit Ohliger Landesgeschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt im Saarland.

    "Sie ist erstaunlich schnell immer im Stoff. Das muss ich sagen. Im Vergleich zu ihren Kabinettskolleginnen und Kollegen beeindruckt sie mich immer wieder dadurch, dass sie sich sehr schnell zurechtfindet, ja."

    Die Anwärterin auf das höchste Amt im Saarland hat einen guten Eindruck hinterlassen, wie eigentlich immer.

    "Ich find die Frau sehr sympathisch. Die ist sehr strukturiert die Frau. Ich find gut, dass eine Frau das mal macht."

    Mit Fleiß und ohne großes Tamtam füllt die 48-Jährige ihre Ämter aus. Sie genießt das Vertrauen Peter Müllers und gilt als Allzweckwaffe des Regierungschefs. Im Jahr 2000 holte Müller sie ins Kabinett, weil der Innenminister wegen einer Affäre zurücktreten musste. Und 2007 berief er sie auf den Sessel des Bildungsministers, weil ihr Amtsvorgänger wegen unpopulärer Schulschließungen der Öffentlichkeit nicht mehr zugemutet werden sollte. Der noch amtierende Ministerpräsident ist voll des Lobes über seine treue Weggefährtin.

    "Sie war die erste Innenministerin Deutschlands. Sie hat sich im Bereich der Kultur- und Bildungspolitik bewährt und sie verwaltet jetzt ein breit gefächertes Ressort mit vielen Aufgaben aus dem Bereich der Sozialpolitik und des Sports. Sie hat ihre Qualifikation unter Beweis gestellt."

    Uneitel und sachlich geht sie zu Werke, allerdings ohne erkennbare Vorlieben, eben anpassungsfähig. Das macht sie auch für die im Saarland regierende Dreierkoalition aus Christdemokraten, Liberalen und Grünen zur geeigneten Nachfolgerin von Peter Müller. Wie Annegret Kramp-Karrenbauer tickt, ist nicht eindeutig zu klären. Sie lasse sich eben ungern in ein Kästchen einordnen, sagt die designierte Ministerpräsidentin.

    "Es gibt Fragen, etwa Fragen des Lebensschutzes, da bin ich eine absolut konservative in der CDU und es gibt soziale Fragen, da bin ich eine christ-soziale mit starker Verwurzelung in der katholischen Soziallehre. Ich fühle mich als Teil einer Volkspartei mit unterschiedlichen Wurzeln."

    Die Mutter dreier inzwischen zum Teil erwachsener Kinde, hat es mithilfe familiärer Unterstützung geschafft, die Doppelbelastung Kinder und Karriere zu verbinden. Und sie ist ihrer Partei, der CDU dankbar, dass sie ihr die Möglichkeit eröffnet hat, zu zeigen, was an politischen Talenten in ihr steckt. Chancen, die Frauen auch anderswo bekommen sollten. Deshalb redet sie einer verbindlichen Frauenquote das Wort.

    "Ich glaube, dass wir mit Blick auf die freie Wirtschaft auf Dauer nicht ohne auskommen werden. Alle freiwilligen Pakte, die wir bislang geschlossen haben, haben nicht das Ergebnis gezeigt und deshalb wird es des gesetzlichen Weges bedürfen."

    Am Nachmittag eines langen Arbeitstages verleiht sie an Unternehmen, die sich um die Integration behinderter Menschen verdient gemacht haben einen Preis. Sie kommt allein und hat ein wenig Zeit mitgebracht, sucht das Gespräch.

    "Hallo, schön dass Sie da sind, ach hallo, Sie sind Frau Kramp-Karrenbauer."

    Annegret Kramp-Karrenbauer macht sich gern selbst ein Bild, geht mit sich zurate und entscheidet dann. In den kommenden Wochen wird sie, allein schon um ihre Popularität zu steigern, noch viele Termine wahrnehmen, die es ihr ermöglichen, mit der ganzen Breite der Gesellschaft in Kontakt zu kommen. Der Sport darf da nicht fehlen.

    Beim saarländischen Hallen-Masters sitzt sie in der 2. Reihe und drückt dem Lokalmatador, der Spielvereinigung Röchling Völklingen, die Daumen. Am Ende hat es nicht zum Finalsieg gereicht, aber immerhin Platz 2. Der Fußball ist Annegret Kramp-Karrenbauer nicht fremd. So manche Stunde habe sie am Spielfeldrand verbracht.

    "Der älteste Sohn ist aktiver Fußballer, steht im Tor, ansonsten haben wir nur Fußballverrückte in der Familie und deswegen gibt es so heilige Stunden, also Samstag, Sportschau, gehört dazu."