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Exzellenzinitiative
"Es besteht die Gefahr einer politisch gefärbten Entscheidung"

Die neue Exzellenzinitiative der Universitäten ist beschlossene Sache. Aber die "Past Merits", die vergangenen Verdienste einer Hochschule, würden auch künftig nicht prämiert, sagte Dieter Imboden, Wissenschaftsmanager aus der Schweiz, im DLF. Wenn nur anhand künftiger Projekte entschieden würde, wer dazu gehöre, bestünde die Gefahr politischer Einflussnahme.

Dieter Imboden im Gespräch mit Sandra Pfister | 22.04.2016
    Der Schweizer Wissenschaftsmanager Dieter Imboden präsentiert am 29. Januar 2016 in Berlin die Evaluation "Wie geht es weiter mit der Exzellenz-Initiative für Wissenschaft und Forschung?".
    Der Schweizer Wissenschaftsmanager Dieter Imboden präsentiert am 29. Januar 2016 in Berlin die Evaluation "Wie geht es weiter mit der Exzellenz-Initiative für Wissenschaft und Forschung?" (dpa / picture alliance / Britta Pedersen)
    Pfister: So soll sie also aussehen, die zukünftige Exzellenzinitiative. Einer ihrer Vordenker ist Dieter Imboden, ein renommierter Wissenschaftsmanager aus der Schweiz, den die Politik berufen hatte, die bisherigen Anstrengungen zur Eliteförderung der Hochschulen zu bewerten und dann zu sagen, was man anders machen sollte.
    Herr Imboden, in vielen Punkten ist Ihnen die Politik nicht gefolgt. Die auffälligste und wichtigste Abweichung ist, dass nun doch wieder Zukunftsversprechen prämiert werden und potenzielle Elite-Unis nicht an dem gemessen werden, was sie bisher geleistet haben. Was halten Sie davon?
    Dieter Imboden: Ich würde zuerst einmal sagen, in den meisten Punkten ist man der Kommission gefolgt, und wenn ich daran denke, was alles parallel zu unserer Kommissionsarbeit vorbereitet worden ist, dann ist das ein gewaltiger Richtungswechsel, der hier stattgefunden hat in den letzten zwei Monaten.
    "Graduiertenschulen sind in Zukunft etwas ganz Wichtiges"
    Aber tatsächlich, es gibt einen Punkt, der ist aus Sicht der Kommission, aus meiner persönlichen Sicht eher enttäuschend, nämlich, dass man dieses Prinzip des Past Merits, also vergangene Verdienste, nicht übernommen hat, sondern dass man wieder in die Antragsrhetorik zurückgerät, allerdings in der Hoffnung, vielleicht doch nicht mehr ganz so viel an Zukunftsversprechen zu verlangen.
    Pfister: In einem Punkt, Sie erwähnen es, haben Sie sich ganz klar durchgesetzt. Die Graduiertenschulen fallen aus der Förderung raus. Ist das nicht kurzsichtig mit Blick auf den wissenschaftlichen Nachwuchs?
    Imboden: Graduiertenschulen sind für jede Universität in Zukunft etwas ganz Wichtiges, aber wir haben uns die Frage gestellt, was gehört in ein Paket Exzellenzinitiative, nicht, was gehört ganz generell als Förderung an eine Universität.
    Und in ein Paket Exzellenzinitiative gehören Graduiertenschulen dort, wo sie in Kombination mit einem Exzellenzcluster organisiert werden. Dort haben sie ihren Sinn, und sonst sollten sie eigentlich von den Universitäten unabhängig von der Exzellenzinitiative gefördert werden.
    Kleinere Unis könnten ins Hintertreffen geraten
    Pfister: Ein Ergebnis ist auch, dass jetzt nur Unis mit zwei Exzellenzclustern sich um den Titel einer Eliteuniversität überhaupt bewerben können. Kleine Unis haben da keine Chance mehr. Ist das sinnvoll?
    Imboden: Das könnte gefährlich sein. Wir haben in unseren Empfehlungen klar gesagt, dass ein Auswahlverfahren unabhängig von der Größe einer Universität Chancen geben sollte und auch unabhängig vom Fächerspektrum der Universität.
    Wenn man unseren Ratschlag, auch kleine Exzellenzcluster zuzulassen, ernst nimmt, dann könnte das auch für kleinere Universitäten eine Chance geben, aber es ist tatsächlich eine Tendenz in Richtung der großem Unis, und wenn man im Ausland sich umschaut, sind es nicht unbedingt die großen Unis, die exzellent sind, also ganz sicher nicht in Amerika. Das könnte eine gefährliche Bedingung werden.
    Pfister: Was sehen Sie sonst noch als gefährlich an bei den jetzigen Entwicklungen?
    Gefahr einer politisch gefärbten Entscheidung
    Imboden: Gefährlich könnte auch sein, dass, wenn man – man braucht zwar das Wort Zukunftskonzepte nicht mehr, aber wenn man von den Universitäten einen Antrag erwartet für diese zweite Förderlinie, die die Universität fördert, dass man zurückfällt wieder in eine riesige Antragslogik und dass man dann bei der Auswahl feststellen wird, dass eigentlich jede Uni ganz ähnliche Konzepte, von Oldenburg bis Freiburg ähnliche Konzepte präsentieren wird und dass dann die Auswahl nur aufgrund dieser Zukunftskonzepte sehr schwerfallen wird. Und das könnte dann zu einer politisch gefärbten Entscheidung werden, diese Gefahr besteht.
    Pfister: Das sagt Dieter Imboden, Leiter der sogenannten Imboden-Kommission, die vor drei Monaten der Politik Vorschläge gemacht hat, was sie bei der Exzellenzförderung ändern soll. Danke Ihnen, Herr Imboden!
    Imboden: Danke Ihnen auch, Frau Pfister!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.