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EZB-Chef Draghi an der Uni Frankfurt
In der Höhle des Löwen

Für das waghalsige Projekt der EZB, 60 Milliarden Euro monatlich über Anleihekäufe in den Markt zu pumpen, erntete EZB-Chef Mario Draghi viel Kritik - sowohl aus der Politik, als auch aus der Wissenschaft. Bei einem Besuch an der Goethe-Universität in Frankfurt versuchte er, Sympathien zu sammeln.

Von Michael Braun | 11.03.2015
    Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), auf dem Frankfurt European Banking Congress (EBC) in Frankfurt am Main
    Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank. (picture alliance/dpa/Boris Roessler)
    Er sei gerne gekommen, sehe auch ein paar Freunde, davon gebe es ja nicht so viele, sagte Mario Draghi. In der Frankfurter Universität, wo die Bundesbank den einen oder anderen Lehrstuhl sponsert, hatte der Präsident der Europäischen Zentralbank mit dieser kleinen Charmeoffensive erst einmal die Sympathien auf seiner Seite. Sie beschränkten sich aufs Persönliche.
    In der Sache holte Draghi zu einer Verteidigungsrede für das wesentlich von ihm initiierte billionenschwere Anleihekaufprogramm aus. Es wirke schon, habe etwa die Renditen langlaufender deutscher und italienischer Staatspapiere um bis 0,35 Prozentpunkte sinken lassen:
    "Wir haben einen Renditerückgang auch bei portugiesischen Papieren gesehen, auch in anderen früheren Krisenstaaten - und das trotz der neu aufgeflammten Griechenlandkrise. Das zeigt: Das Anleihekaufprogramm kann andere Eurostaaten vor Ansteckung schützen."
    Außerdem besserten sich die Konjunkturperspektiven für die Euro-Zone. Sogar die Inflationsrate könnte weit weg von jeder Deflationsgefahr in zwei Jahren wieder bei 1,8 Prozent liegen, schätzten die Volkswirte der EZB.
    "Diese Projektionen setzen aber voraus, dass alle angekündigten Maßnahmen umgesetzt werden."
    Applaus und Kritik zu Draghis Auftritt
    Abstriche an den monatlich 60 Milliarden Euro Anleihekäufen durch die EZB sind also nicht zu erwarten. Sie dämpften auch nicht die Reformbereitschaft der Länder, sagte Draghi. Sie verstärkten vielmehr deren positive Wirkungen.
    Es gab Applaus. Und gleich hinterher Kritik. Etwa vom Neo-Keynesianer Jordi Gali. Der spanische Ökonom bemängelte, niedrige Zinsen für Staatsanleihen brächten noch längst nicht die Zinsen für Unternehmenskredite runter. Statt Anleihen zu kaufen müssten Methoden her, die direkt die Nachfrage der Konsumenten und Unternehmen zu erhöhen, ohne Vermittlung durch die Banken.
    Da platzte dem Mitglied des Sachverständigenrates, Volker Wieland, der Kragen. Wie könne er so was vorschlagen? Ob er denn nicht mitbekommen habe, dass gerade Spanien vor 2007 mit Nachfragestimulierung eine Immobilienblase erzeugt habe? Zugleich ging der Wirtschaftsweise auf Distanz zur EZB: Zu viel Staatsfinanzierung sei mit den Anleihekäufen verbunden, meinte Wieland zur Politik Draghis. Aber der war schon weg.