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EZB-Ratssitzung auf Malta
Draghi plant noch mehr billiges Geld

Weil die wirtschaftliche Lage in der Eurozone weiter angespannt ist, erwägen die Zentralbanker eine weitere Lockerung der Geldpolitik. EZB-Präsident Mario Draghi hat vor allem das bereits laufende Anleihen-Kaufprogramm im Blick.

Von Brigitte Scholtes | 22.10.2015
    EZB-Präsident Mario Draghi.
    EZB-Präsident Mario Draghi. (AFP / Daniel Roland)
    Im Dezember könnte die Europäische Zentralbank die Geldschleusen noch weiter öffnen. Sie will die dann anstehenden Prognosen der Notenbank-Experten zu Preis- und Konjunkturentwicklung im Euroraum abwarten, sagte EZB-Präsident Mario Draghi nach der Sitzung des EZB-Rates auf Malta:
    "Wenn wir sehen sollten, dass die technischen Voraussetzungen, die diesen Annahmen zugrunde liegen, sich verschlechtert haben oder die Abwärtsrisiken sich vergrößern und deutlicher zutage treten, dann könnten wir sehr wohl die Größe, die Zusammensetzung, die Gestaltung aller unserer geldpolitischen Instrumente so wie es nötig sein sollte."
    Das bezieht sich vor allem wohl auf das Anleihekaufprogramm, das noch mindestens bis September kommenden Jahres laufen soll, Monat für Monat kauft die EZB da Wertpapiere im Volumen von 60 Milliarden Euro am Markt. Damit will sie die Wirtschaft ankurbeln. Die ist im dritten Quartal offenbar nicht stärker gewachsen als im zweiten, als sie um 0,3 Prozent zugelegt hatte. Das liege vor allem an der Außenwirtschaft sagte Draghi. Sollten sich die Daten verschlechtern, will die Notenbank offenbar schnell handlungsfähig sein:
    "Der EZB-Rat hat die entsprechenden Ausschüsse gebeten, die Vor- und Nachteile der geldpolitischen Instrumente auszuarbeiten, die wir möglicherweise nutzen könnten. Man kann die Haltung in der Diskussion heute so beschreiben: Es ist weniger ein 'abwarten' als ein 'ausarbeiten und einschätzen'."
    Negativzins für Bankeinlagen als wichtiges Instrument
    Das größte Problem: Die Inflation ist wieder im negativen Bereich, im September sind die Preise im Euroraum um 0,1 Prozent gefallen, also weit unter dem gewünschten Wert von knapp zwei Prozent Preissteigerung. Das liegt zwar auch an den sinkenden Preisen für Rohstoffe, etwa für Öl. Das in den Griff zu bekommen, sei nicht ganz einfach, sagt Henning Vöpel, Leiter des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts:
    "Auch deshalb machen sich natürlich Zentralbanken weltweit Gedanken darüber, wie zukünftig Geldpolitik eigentlich funktioniert. Wir sehen, dass die Krise da ist und dass man sie nicht überwindet. Das hat viele strukturelle Ursachen, die natürlich die Geldpolitik nicht beseitigen kann. Insofern ist das immer noch Krisenmanagement, ohne dass man aus der Krise tatsächlich nachhaltig rauskommt."
    Und ein Instrument dieser Krise ist für die EZB offenbar auch wieder der negative Zinssatz für Einlagen von Banken. Seit September vergangenen Jahres müssen Kreditinstitute einen Strafzins von 0,2 Prozent an die EZB zahlen, wenn sie Geld bei ihr parken. Heute habe man über alle möglichen geldpolitischen Mittel gesprochen, sagte Draghi:
    "Eine weitere Senkung des negativen Einlagenzinses ist tatsächlich diskutiert worden. Das ist eines der Instrumente der Geldpolitik."
    Draghi wurde auch auf die Flüchtlingskrise angesprochen. Noch sei es zu früh, die rein ökonomischen Wirkungen abzuschätzen, sagte der EZB-Präsident. Aber er mahnte auch, Europa sollte doch in der Lage sein, diese humanitäre Krise ungeahnten Ausmaßes zu bewältigen.