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Facebook-Nutzer als Werbeträger

Wer die neuen Nutzungsrechte von Facebook nicht akzeptieren will, dem bleibt eigentlich nichts anderes übrig, als seinen Account zu löschen. Ein wenig Schadensbegrenzung ist jedoch durch den richtigen Klick in den "Privatsphäre-Einstellungen" möglich.

Von Philip Banse | 03.09.2013
    Ursula Mense: Das soziale Netzwerk Facebook nimmt sich umfassende Rechte an den Daten seiner Nutzer heraus. Und informiert in der Regel per E-Mail, wenn sich mal wieder was ändert. So auch jetzt: Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen sollen "aktualisiert" werden, heißt es. Wobei vor allem die personalisierte Werbung im Vordergrund stehen soll. Mein Kollege Philip Banse in Berlin hat sich die veränderten Bestimmungen angesehen und ist uns jetzt zugeschaltet.

    Herr Banse, als Facebook-Nutzer werde ich für Werbung ge- oder missbraucht für die personalisierte Werbung, je nachdem. Wie genau funktioniert das denn?

    Philip Banse: Anlass für die jetzigen Änderungen bei Facebook sind - nicht offiziell, aber doch ziemlich sicher - die sogenannten Sponsored Stories, also personalisierte Werbeanzeigen. Die funktionieren so: Ein Elektronikmarkt schaltet Anzeigen auf Facebook. Wenn Sie, Frau Mense, diesen Elektronikmarkt zum Beispiel schon mal geliked haben und wir beide befreundet sind, könnte Ihr Profibild in der Anzeige auftauchen, die ich sehe. Motto: Guck mal, Philip, deine Freundin Ursula Mense, findet unsere Fima auch toll und hat geschrieben, dass sie bei uns schon eine Kaffeemaschine gekauft hat. Das ist natürlich attraktiver und persönlicher als bloß ein weiteres Werbebanner. Aber so machen Sie als Facebook-Nutzerin Werbung für einen Elektronikmarkt. Allerdings ist die Nutzung von Namen als Werbeträger ohne Einwilligung nach deutschem Recht in jedem Fall unzulässig. Auch in den USA wurde Facebook verklagt, musste 20 Millionen Dollar zahlen. Mit den neuen Regeln zur Datennutzung soll eine bestehende Praxis offenbar rechtlich abgesichert werden.

    Mense: Was ändert sich durch die neuen Bestimmungen?

    Banse: Drei Punkte. Erstens: Nutzer sollen Facebook das Recht einräumen ihren Namen, ihr Profilbild und weitere ihrer "Informationen" - was immer das auch sein mag - für Werbung zu verwenden. Facebook sagt zweitens ganz klar: Wir wollen von Unternehmen für Anzeigen Geld kassieren, verwenden für diese Anzeigen deinen Namen, dein Profilbild und weitere deiner "Informationen", aber Du als Nutzer bekommst dafür kein Geld. Drittens sollen die Nutzer einwilligen, dass diese Werbeanzeigen nicht immer als Werbeanzeigen gekennzeichnet sind, also auch als gewöhnliche Posts daher kommen können.

    Mense: Kein Geld. Wie sehr ist das juristisch abgesichert?

    Banse: Das ist umstritten. Diese neuen Datenschutzbestimmungen dürften nach Einschätzung des Stuttgarter Rechtsanwalts Carsten Ulbricht nach deutschem Datenschutzrecht nicht als Einwilligung durchgehen. Denn unklar sei etwa, welche "Informationen" der Nutzer genau Facebook für Firmenanzeigen verwenden will. Ob sich Facebook jedoch überhaupt deutschem Datenschutzrecht unterwerfen muss oder nur irischem, wo die Europazentrale sitzt, sehen deutsche Gerichte sehr unterschiedlich. Bei Verfahren wenden sie manchmal deutsches Recht zugrunde, manchmal verweisen sie auf irisches Recht.

    Mense: Wie kann ich mich wehren?

    Banse: Nicht wirklich gut. Facebook ist ein Werbeunternehmen und Facebook-Nutzer sind auch Produkte. In den neuen Datenschutzrichtlinien steht jedoch auch: Facebook will für diese beschriebenen Anzeigen die Privatsphäre-Einstellungen der Nutzer respektieren. Das bedeutet: Jeder kann die Nutzung seines Namens, seines Profilbild und weiterer Informationen für Werbeanzeigen abschalten: In den Privatsphäre-Einstellungen unter "Werbeanzeigen" und "Werbeanzeigen & Freunde" sollte man bei der Auswahl "Kombiniere meine sozialen Handlungen mit Werbeanzeigen für die Auswahl "Niemand" aktivieren. Aber selbst dann nutzt Facebook meine Likes und andere Aktionen auf Facebook immer noch anderweitig für Werbezwecke. Nutzer können nicht mehr wie früher über die neuen Regeln abstimmen. Wer also jetzt eine Mail mit den neuen Datenbestimmungen von Facebook bekommt und Facebook 30 Tage weiter nutzt, hat die neuen Regeln akzeptiert. Wer die Regeln nicht annehmen will, muss sein Facebook-Konto löschen.