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Fahrradklima-Test des ADFC
Es ist noch Luft nach oben

Münster, Wuppertal und Schwerin gehören zu den Siegern des diesjährigen Fahrradklima-Tests des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, an dem sich rund 100.000 Menschen beteiligt haben. Ein Ergebnis: Zwar steigen immer mehr Verkehrsteilnehmer vom Auto aufs Rad um, doch nur die wenigsten fühlen sich auf dem Drahtesel wirklich sicher.

Von Dieter Nürnberger | 19.02.2015
    Ein Fahrradfahrer fährt zwischen Autos vorbei, die sich an einer Einfallstraße von Frankfurt am Main im Berufsverkehr stauen
    In Deutschland ist Fahrradpolitik vor allem Sache der Kommunen. (picture alliance / dpa / Arne Dedert)
    In diese Rangliste fahrradfreundlicher Städte sind immerhin die Bewertungen von rund 100.000 Radfahrern in Deutschland eingeflossen. Bevor wir zur Bestenliste kommen, ein paar generelle Ergebnisse dieser Untersuchung des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs. Denn es geht hier auch um allgemeine Fragen oder Probleme des Radverkehrs in Deutschland.
    Es fällt beispielsweise auf, dass zwar der Verkehr auf zwei Rädern vielerorts wächst, dass dies aber nicht unbedingt auf Zufriedenheit mit den jeweiligen Umständen vor Ort zurückgehen muss. Burghard Stork, der Bundesgeschäftsführer des ADFC:
    "Da ist leider das Ergebnis des Fahrradklimatests unerwarteterweise nicht so gut ausgefallen: Die, die fahren, sind mit dem Verkehrsmittel Fahrrad ganz zufrieden, sie fühlen sich aber nicht sicher.
    Dieser Aspekt hat nur ein ganz schwaches 'ausreichend' bekommen. Sicherheit, sich wohl fühlen, der Respekt anderer Verkehrsteilnehmer - all diese Fragen bekommen schlechte Noten. In vielen Großstädten wird dies teilweise als "mangelhaft" bewertet."
    Kritische Punkte im Straßenverkehr
    Diese Unsicherheit, die viele Radfahrer empfinden, hängt oft natürlich mit den anderen Verkehrsteilnehmern zusammen. Vor allem wird der Autoverkehr genannt - zugeparkte Fahrradwege usw.
    Gefährliche Situationen entstehen vor allem dann, wenn der Radfahrer diese Hindernisse umfahren und somit wieder die normale Straße benutzen muss. Hier gibt es längst gute Ideen, etwa aus den Niederlanden. Man müsse eben Fahrradspur und Straße besser voneinander abgrenzen, sagt Burghard Stork.
    "Die Radfahrer müssen sichtbar sein, der Radverkehr darf auch nicht so geführt werden, dass Autofahrer überrascht sind, wenn plötzlich ein Radler auftaucht.
    Es gibt aber Möglichkeiten, hier genauer abzutrennen - direkt am Boden, vielleicht bis zur Kniehöhe hoch.
    Barrieren, die nicht durch Autos überfahrbar sind. Dann würden sich Radfahrer auch sicherer und wohler fühlen."
    Sache der Kommunen
    In Deutschland ist Fahrradpolitik vor allem Sache der Kommunen. Und oft ist es leider so, sagt der ADFC, dass für Maßnahmen ganz einfach das Geld fehlt. Oder auch das Problembewusstsein der Ordnungshüter, zugeparkte Radwege entsprechend zu ahnden.
    Und nun zu Preisträgern: Münster liegt auch diesmal wieder mit vorn. Das hat schon Tradition in dieser Untersuchung. Interessant sind daher vielleicht auch die "Aufholer" - jene Kommunen also, die in den vergangenen Jahren größere Anstrengungen unternommen haben. Beispielsweise die Stadt Rhede in Nordrhein-Westfalen: rund 20.000 Einwohner.
    Bürgermeister Lothar Mittag von den Grünen will hier vor allem das Klima für den Fahrradverkehr verbessern:
    "Es geht dann auch nicht immer nur um den Ausbau eines Radwegs. Wir haben beispielsweise 2.000 Euro in die Hand genommen, und gesagt, wer sich einen Rad-Anhänger für Gepäck- oder zum Kinder-Transport kauft, bekommt 100 Euro dazu. Die 20 Gutscheine waren innerhalb weniger Tage weg. So kann man relativ schnell einfache und wirksame Effekte erzielen."
    Aber natürlich geht es auch um Investitionen. Bürgermeister Lothar Mittag freut sich beispielsweise darüber, dass Rhede künftig per Radschnellweg - über 50 Kilometer lang - mit den Kommunen Städten Bocholt und Borken verbunden sein wird.
    "Diese Radwege sind breit genug, sodass man nebeneinander und auch gegenläufig fahren kann. Und sie haben die sogenannten Querungshilfen - man muss an angrenzenden Straßen nicht warten. Entweder gibt es eine Ampel, die anspringt, sobald ein Radfahrer kommt oder es gibt Ober- oder Unterführungen. Man ist schneller unterwegs."
    Mehr Geld gefordert
    Gerade beim Ausbau der Infrastruktur für den Fahrradverkehr holen inzwischen viele Städte deutlich auf: Wuppertal, Schwerin oder auch Göttingen gehören hier zu den Siegern des diesjährigen ADFC-Fahrradklimareports.
    Man wünsche sich vor allem mehr Aufmerksamkeit und auch mehr Geld für entsprechende Investitionen, so das Fazit des Fahrradclubs heute bei der Präsentation der Ergebnisse.