Freitag, 26. April 2024

Archiv

Fairer Handel
Starke Umsätze mit gutem Gewissen

Immer mehr Menschen achten darauf, dass ihre Kleidung oder ihr Essen aus fairem Handel stammen und bei der Produktion niemand ausgebeutet oder enteignet wurde. Die Fair-Trade-Branche in Deutschland jubelt deshalb über große Umsatzsprünge. Nur das Freihandelsabkommen mit den USA treibt den Händlern Sorgenfalten auf die Stirn.

Von Dieter Nürnberger | 05.08.2014
    Ein Schild mit der Aufschrift «Fairtrade Partner» steht auf der BioFach-Messe 2014 in Nürnberg (Bayern).
    Die Umsätze mit Fairtrade-Produkten wuchsen im vergangenen Jahr stark an. (dpa / David Ebener)
    Aus Sicht des fairen Handels fällt die Bilanz sehr positiv aus. Denn im vergangenen Jahr haben die Deutschen mit 784 Millionen Euro fair gehandelte Produkte unterstützt, sprich gekauft. Und wenn man sich die Bilanzen über die vergangenen zehn Jahre anschaut, dann wird deutlich, dass die hiesigen Verbraucher auch noch nie so viel Geld für diese Produkte ausgegeben haben. Der Umsatz in diesem Zeitraum hat sich so ungefähr verzehnfacht. Und 2013 gab es entsprechend auch ein Umsatzplus im zweistelligen Bereich. Zufriedenheit also bei Manuel Blendin, dem Geschäftsführer des Forums Fairer Handel.
    "Für uns ist das ein sehr positives Signal. Es ist eine Umsatzsteigerung von 21 Prozent - 133 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr. Wir sehen das als ein großes Signal, dass Menschen in Deutschland Vertrauen in den fairen Handel haben, und Möglichkeiten suchen, nachhaltig konsumieren zu können."
    Nachhaltigkeit ist ein wesentliches Kriterium des fairen Handels. Der zweite wichtige Aspekt ist sozialer Natur. Denn dadurch, dass der Verbraucher diese Waren kauft, unterstützt er ein Geschäftsmodell, welches den Produzenten und Bauern vor Ort beispielsweise Mindestpreise auch langfristige Handelsbeziehungen garantiert. Diese Idee des fairen Handels sorgt somit dafür, dass viele Kleinbauern in Entwicklungsländern überhaupt eine Chance haben, ihre Produkte auf den Weltmärkten abzusetzen.
    Seit Jahren wächst auch die Produktpalette. Begonnen hat es mit den sogenannten Klassikern des fairen Handels - Kaffee, Kakao und Tee. Heute spielen längst auch Südfrüchte und Textilien, Wein und Reis eine große Rolle. Klar ist aber auch - in der Gesamtmenge präsentiert sich der faire Handel immer noch ein als Nischenprodukt. Doch in einzelnen Segmenten verlässt man nun die Nische - sagt Geschäftsführer Manuel Blendin.
    Sorgen über aufgeweichte Lebensmittelstandards durch TTIP
    "Bei Blumen ist das so. Da kommen wir auf fast 20 Prozent. In vielen anderen Bereichen - beispielsweise beim Kaffee, der ja bei uns ein Traditionsprodukt ist - sind wir bei fast 3 Prozent. Das ist eine Nische, allerdings eine große, weil ja der generelle Kaffeeumsatz in Deutschland sehr hoch ist. Die Bekanntheit des fairen Handels ist enorm und gleichzeitig sind im fairen Handel knapp 100.000 Menschen engagiert - es ist somit die größte entwicklungspolitische Bewegung in Deutschland."
    Inzwischen gibt es mehr als 42.000 Supermärkte, auch Lebensmittel-Discounter, wo es fair gehandelte Produkte zu kaufen gibt, ebenso rund 20.000 Cafés, Restaurants oder Kantinen.
    Durchaus also Zufriedenheit über das bisher Erreichte, doch gibt es Sorgen, dass dies bedroht sein könnte. Stichwort TTIP, das ist das transatlantische Freihandelsabkommen, welches derzeit zwischen der EU und den USA verhandelt wird. Hier gibt es generelle Befürchtungen von Verbraucherschützern, dass gute und tradierte, europäische Standards in der Lebensmittelproduktion auf der Strecke bleiben könnten. Doch nicht nur das - viele Nichtregierungsorganisationen befürchten darüber hinaus ein Abwürgen der gewachsenen Handelsbeziehungen zwischen Europa und Entwicklungs- und Schwellenländern. Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung:
    "Einmal geht es um eine Umlenkung der Handelsströme - weg von Entwicklungsländern, hin zu den USA. Umgekehrt übrigens auch in den USA - dort werden auch weniger Importe aus Entwicklungsländern erwartet, zugunsten transatlantischer Handelsbeziehungen. Das ist aus entwicklungspolitischer Sicht völlig falsch. Und zweitens geht es darum, dass durch die verschärfte Konkurrenz durch die Agrarindustrie aus den USA eine insgesamt härtere Marktsituation für alle Kleinbauern entsteht - egal, ob europäische oder aus Entwicklungsländern. Damit steigt dann auch die Preisdiskrepanz."
    Zufriedenheit und Sorgen - beides gehört in diesem Jahr zur Bilanz des Fairen Handels.