Samstag, 20. April 2024

Archiv

Faktencheck öffentlicher Dienst
Koloss mit Tendenz zum Schrumpfen

Zu Beginn der zunächst für zwei Tage anberaumten dritten Gesprächsrunde zeigten sich beide Seiten zuversichtlich, zu einem Tarifabschluss zu kommen. Es gebe bei allen Einigungswillen, unterstrichen Arbeitgeber wie Gewerkschaften. Der öffentliche Dienst in Deutschland befindet sich im Wandel.

Von Stephan Maas | 31.03.2014
    Ein Junge hält während eines Warnstreiks ein Plakat mit der Aufschrift "Meine Mama ist es Wert"
    Ein Junge hält während eines Warnstreiks ein Plakat mit der Aufschrift "Meine Mama ist es Wert" (dpa / picture alliance / Maja Hitij)
    Bund, Länder und Kommunen beschäftigen im öffentlichen Dienst rund 4,6 Millionen Angestellte und Beamte. Etwas über die Hälfte davon arbeitet auf Landesebene im Bildungsbereich.
    Auf Bund und Kommunen entfallen etwa 2,1 Millionen angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das reicht von Raumpflegerinnen und Küchenhilfen, die bei Vollzeitbeschäftigung etwa 1500 Euro brutto bekommen. Bis hin zu Akademikern wie Juristen oder Ärzten, die bei herausgehobener Beschäftigung zum Teil Sondertarifen unterliegen.
    Insgesamt ist die Zahl der im öffentlichen Dienst Beschäftigten seit der Wiedervereinigung fast kontinuierlich gesunken. Um rund ein Drittel. Besonders auf kommunaler Ebene wurden viele Stellen abgebaut. Danach folgt der Bund. Doch vor allem neues Personal an Hochschulen und Kindertageseinrichtungen hat bis Mitte 2012 zu einem leichten Anstieg der Beschäftigungszahlen im Vergleich zum Vorjahr geführt. Ein Beschäftigungsplus bei den Ländern, denn die sind für die Hochschulen zuständig. Ein Plus auch bei den Kommunen. Wegen der Kitas. Demgegenüber steht ein Minus beim Bund. Vor allem die Bundeswehr hat wegen der Reform Stellen gestrichen.
    Veränderungen gab es aber nicht nur bei der Zahl der Beschäftigten. Auch die Beschäftigungsstruktur hat sich seit 1991 verändert. Vor allem der Anteil der Teilzeitstellen hat kräftig zugelegt. Von damals nicht ganz 16 Prozent auf mittlerweile weit über 30 Prozent. Auch die Zahl der befristeten Stellen ist stetig gestiegen, sagt Onno Dannenberg, bei Verdi zuständig für den öffentlichen Dienst:
    "Wir haben insbesondere festzustellen, dass der Befristungsanteil bei Neueinstellungen im öffentlichen Dienst deutlich höher ist als in der privaten Wirtschaft. 2012 hat eine Erhebung eine Befristung im öffentlichen Dienst ergeben von rund 70 Prozent aller Neueinstellungen. Dagegen in der Industrie nur 40 Prozent."
    Die neu eingestellten Erzieherinnen in den Kitas haben Glück, denn sie wurden zu einem großen Teil dauerhaft eingestellt. Die Beschäftigten an den Hochschulen jedoch mussten mehrheitlich mit zeitlich befristeten Verträgen Vorlieb nehmen. Ob am Ende der Befristung eine feste Stelle winkt, auch das ist nicht sicher, sagt Dannenberg:
    "Sowohl von Untersuchungen, die unsere Hans-Böckler-Stiftung angestellt hat, als auch jetzt aktuell aus dem sogenannten Betriebspanel des IAB, ergibt sich wohl rund eine Übernahmequote in Höhe von einem Drittel."
    Das entspricht in etwa dem in der freien Wirtschaft.
    Die Zahl der Arbeitsverträge, die ohne Sachgrund, etwa eine Schwangerschaftsvertretung befristet sind, hat laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Eine Befragung des zur Bundesagentur für Arbeit gehörenden Institutes unter 16.000 Betrieben hat gezeigt, dass sich die Zahl seit dem Jahr 2001 mehr als verdoppelt hat. 2013 waren 48 Prozent aller Zeitverträge ohne Sachgrund befristet. Verdi setzt sich deshalb, wie die Linke, für die Abschaffung dieser Form von Befristungen von Arbeitsverträgen ein.