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Falkland-Krieg begann vor 35 Jahren
"Argentinien ist heute ein friedliebendes Land"

Vor 35 Jahren zettelte die argentinische Militärführung einen Krieg mit Großbritannien an. Zankapfel: die Hoheit über die Falkland-Inseln. Bis heute sind 123 damals getötete argentinische Soldaten nicht identifiziert. Darum wollen sich Experten des Roten Kreuzes in diesem Jahr kümmern.

Von Victoria Eglau | 01.04.2017
    Gräber mit im Falkland-Krieg 1982 getöteten Argentiniern auf dem argentinischen Soldatenfriedhof Darwin
    Gräber mit im Falkland-Krieg 1982 getöteten Argentiniern auf dem argentinischen Soldatenfriedhof Darwin (picture-alliance / dpa)
    Jedes Jahr am 2. April gedenken die Argentinier des aussichtslosen Krieges, den 1982 die Militärjunta anzettelte – ein schweres Trauma ihrer jüngsten Geschichte. Ernesto Alonso, heute 53, leistete damals seinen Wehrdienst. Wie viele andere seiner Generation wurde er von heute auf morgen auf die Malwinen geschickt, so der argentinische Name der Falkland-Inseln.
    "Dass die Diktatur die Entscheidung traf, die Inseln mit Militärgewalt zu erobern, hat die Rückgewinnung der Souveränität für Argentinien in weite Ferne rücken lassen. Der Krieg hinterließ schreckliche Spuren in uns Soldaten, aber er hatte auch ein Vorrücken des Imperialismus zur Folge."
    In den Jahrzehnten vor dem Krieg hatte es für Argentinien durchaus Möglichkeiten gegeben, der Souveränität über die Inselgruppe vor seiner Südküste auf diplomatischem Weg näherzukommen. Diese Chance wurde von dem Militärregime, das nach dem Kriegsdesaster abtreten musste, verspielt - das ist den Argentiniern heute schmerzhaft bewusst.
    Bewohner der Falkland-Inseln wollen zu Großbritannien gehören
    Die gut 2000 Kelpers, die Bewohner der Falkland-Inseln, haben bei einem Referendum 2013 keinen Zweifel daran gelassen: Sie wollen zu Großbritannien gehören. Für London ist ihr Wille maßgeblich. Das weit entfernte Mutterland hatte die Kelpers lange Zeit stiefmütterlich behandelt, nach dem Krieg jedoch die Inseln militärisch und wirtschaftlich stark aufgerüstet.
    "Was die Souveränität über die Malwinen angeht, liegen wir mit Großbritannien im Streit, daran hat sich nichts geändert. Unser Besitzanspruch ist in unserer Verfassung festgeschrieben."
    Das betonte unlängst Argentiniens Außenministerin Susana Malcorra. Aber die Regierung des im Dezember 2015 angetretenen Präsidenten Mauricio Macri lässt in ihrer Falkland-Politik erkennen, dass sie stärker auf Dialog ausgerichtet ist. Im vergangenen September unterzeichneten Malcorra und der britische Staatsminister im Foreign Office, Alan Duncan, eine gemeinsame Erklärung. Demnach wollen sie über eine Kooperation bei Fischfang und Ölförderung im Südatlantik reden, sowie über neue Flugverbindungen von Argentinien zu den Inseln. Weil aber Argentiniens Souveränitätsanspruch in der Erklärung nicht explizit erwähnt wurde, hagelte es in Buenos Aires sogleich Kritik von der Opposition. Hingegen hält der Politologe und Malwinen-Experte Vicente Palermo die Annäherung für positiv und konstruktiv. Allerdings vermisst er nun Fortschritte:
    "Ich weiß nicht, ob und wann konkrete Gespräche folgen werden. Jedenfalls sehe ich eine Verbesserung gegenüber der Politik von Ex-Präsidentin Kirchner, die nichts tat, aber mit einer hitzigen Malwinen-Rhetorik zuhause Zustimmung erreichen wollte. Macris Regierung versucht, auf diplomatischem Wege weiterzukommen."
    Anonyme Gräber auf dem Soldatenfriedhof Darwin
    Das einzige Thema, bei dem Argentinien und Großbritannien verbindlich Zusammenarbeit vereinbart haben, ist ein humanitäres. Auf dem argentinischen Soldatenfriedhof Darwin auf den Falkland-Inseln gibt es 123 anonyme Gräber. Unter der Ägide des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz sollen die Überreste in diesem Jahr identifiziert werden, unter Beteiligung argentinischer und britischer Forensik-Experten.
    Außenministerin Susana Malcorra: "Wir setzen damit einen Prozess fort, der bereits unter der Kirchner-Regierung begonnen wurde. Ein Team des Roten Kreuzes war im Februar auf den Inseln und hat den Ablauf der Identifizierungs-Mission festgelegt. Der erste Schritt ist, dass die Angehörigen der gefallenen Soldaten ihr DNA-Material zur Verfügung stellen."
    84 der 123 betroffenen Familien haben bereits ihr Einverständnis gegeben. Allerdings gibt es auch einige Angehörige, die sich der Identifizierung widersetzen. Kriegsteilnehmer Ernesto Alonso kann das nicht verstehen. Er engagiert sich in einem Veteranen-Verein, der die Identifizierung der unbekannten Soldaten seit Langem gefordert hatte:
    "Die Familien müssen die Möglichkeit bekommen, ihren Trauerprozess abzuschließen. Und unsere Kameraden müssen ihre Identität zurückbekommen, sie sind die letzten Vergessenen des Krieges."
    London investiert hohe Summen in Militäranlagen
    Ernesto Alonso hat im März die Falkland-Inseln besucht. Fünf Mal schon war er nach dem Krieg dort. Wie Alonso zieht es viele Veteranen immer wieder an den Ort zurück, an dem sie ihre Jugend verloren. Das Militärregime hatte sie ohne ausreichende Ausrüstung in den Krieg geschickt, die argentinischen Soldaten waren der britischen Armee von Anfang an weit unterlegen, erlitten Hunger, Kälte und sogar Misshandlungen ihrer eigenen Vorgesetzten.
    Bei seinen heutigen Reisen auf die Inseln irritiert Alonso die immer weiter zunehmende Militarisierung. London investiert Hunderte von Millionen Pfund in den Ausbau und die Modernisierung seiner Militär-Anlagen.
    "Argentinien ist heute ein friedliebendes Land. Andere Staaten Lateinamerikas müssten uns politisch unterstützen, um den Abbau dieser britischen Militärfestung zu erreichen."