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Fall Khashoggi
Der Druck auf Riad wächst

Im Fall des verschwundenen Journalisten Khashoggi wächst der internationale Druck auf Saudi-Arabien. Die G7-Staaten fordern eine Aufarbeitung von Riad. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Lagarde, verschob eine geplante Reise dorthin, und Bundesaußenminister Maas zog einen Besuch in Riad in Zweifel.

17.10.2018
    Vor dem saudischen Konsulat in Istanbul stehen Angehörige des Sicherheitspersonals der Vertretung.
    Das saudische Konsulat in Istanbul - hier soll Khashoggi ermordet worden sein, glauben die türkischen Behörden. (AFP/Ozan Kose)
    Maas vertagte die Entscheidung über eine geplante Reise nach Saudi-Arabien. Die Bundesregierung wolle wissen, was mit dem saudischen Journalisten geschehen sei. Saudi-Arabien habe dazu eine Erklärung angekündigt, sagte Maas. Anschließend werde man die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen.
    IWF-Chefin Lagarde hätte auf ihrer ursprünglich geplanten Nahostreise an einer Wirtschaftskonferenz in Saudi-Arabien teilnehmen sollen. Gründe für ihre Absage wurden vom IWF nicht genannt. Der Konferenz fern bleiben wollen auch zahlreiche prominente Wirtschaftsvertreter. Laut dem US-Sender CNBC sagten unter anderem der Chef der US-Bank JP Morgan, Dimon, und Ford-Verwaltungsratspräsident Bill Ford ab. Dagegen will US-Finanzminister Mnuchin teilnehmen.
    Die Außenminister der sieben führenden Industrieländer (G7) äußerten sich "sehr besorgt" über das Verschwinden des saudischen Journalisten Khashoggi. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Riad müsse den Fall gründlich, transparent und glaubwürdig untersuchen. Die Türkei vermutet, dass Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul im staatlichen Auftrag ermordet wurde. Er wird seit seinem Besuch dort vermisst. Am Sonntag hatten Deutschland, Frankreich und Großbritannien in einer gemeinsamen Erklärung die saudi-arabische Regierung zur vollständigen Aufklärung des Falls aufgefordert.
    Hardt (CDU) im Dlf: "Keine Waffenexporte nach Saudi-Arabien"
    Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hardt, bekräftigte die Haltung der Bundesregierung, von Waffengeschäften mit Saudi-Arabien abzusehen. Er sagte im Deutschlandfunk, bei Rüstungsexporten stehe man - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - auf der Bremse. Einzige Ausnahme sei eine bereits vereinbarte Lieferung unbewaffneter Patrouillenboote.
    In Bezug auf die wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu Saudi-Arabien erklärte Hardt, die Unternehmen müssten selbst entscheiden, ob sie ihre Geschäfte auf Eis legten. Generelle Sanktionen gegenüber Riad stünden derzeit nicht zur Debatte. Darüber könne man erst entscheiden, wenn feststehe, was mit Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul geschehen sei.
    US-Außenminister Pompeo sprach in Riad mit dem saudischen König Salman.
    US-Präsident Donald Trump gibt am Rande der UNO-Volversammlung eine Pressekonferenz. Hinter ihm stehen viele amerikanische Fahnen.
    US-Präsident Donald Trump gibt am Rande der UNO-Volversammlung eine Pressekonferenz (AFP / Nicholas Kamm)
    Trump nimmt Saudi-Arabien in Schutz
    US-Präsident Trump verteidigte Saudi-Arabien gegen die Vorwürfe. Er erklärte, der saudische Kronprinz bin Salman habe ihm versichert, dass er nichts über die Vorgänge im saudischen Konsulat in Istanbul wisse.
    Trump beklagte im Interview mit der Nachrichtenagentur AP, das Land werde vorverurteilt. Die Unschuldsvermutung werde im Fall Khashoggi ignoriert: Hier gelte jemand als schuldig, bis seine Unschuld erwiesen sei. Trump betonte, den Journalisten könnten auch unabhängig agierende Mörder auf dem Gewissen haben.
    US-Außenminister Pompeo erörterte den Fall in Ankara in einem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Erdogan. An dem 30-minütigen Treffen am Flughafen in Ankara nahm nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu außerdem der türkische Außenminister Cavosoglu teil. Zuvor hatte Pompeo sprach in Riad mit dem saudischen König Salman gesprochen.
    "New York Times": Verdächtige kommen aus Umfeld von Kronprinz
    Im Widerspruch zu den Äußerungen des Kronprinzen und von Trump berichtet nun die "New York Times", dass die türkischen Ermittler mehrere Verdächtige identifiziert hätten. Sie sollen zum direkten Umfeld von Kronprinz Salman gehören. Die Zeitung beruft sich auf Gesichtserkennung, Profile in den sozialen Netzwerken, Medienberichte und geleakte saudische Regierungsdokumente.
    Ein Verdächtiger habe Kronprinzen in diesem Jahr bei Reisen in die USA, nach Spanien und Frankreich begleitet - möglicherweise handele es sich um einen Leibwächter. Drei weitere Verdächtige könnten anhand von Zeugen und anderen Aufzeichnungen ebenfalls dem Sicherheitsdienst des Kronprinzen zugeordnet werden. Ein fünfter Verdächtiger sei ein Gerichtsmediziner, der eine hochrangige Position im saudischen Innenministerium innehabe.
    Von den 15 Verdächtigen, die von den türkischen Behörden ermittelt wurden, haben dem Bericht zufolge insgesamt mindestens neun für saudische Sicherheitsdienste, die Armee oder Ministerien gearbeitet.