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Falschmeldungen im Netz
Den Fakes auf der Spur

Ob bei Videos aus der Ukraine, aus Syrien oder Bildern von Terroranschlägen: In den sozialen Netzwerken ist die Zahl der manipulierten Fotos oder Aufnahmen, die aus dem Zusammenhang gerissen werden, massiv gestiegen. Besonders im Journalismus wird deshalb die Überprüfung der Inhalte und Quellen von Tweets und Postings immer wichtiger.

Von Christoph Sterz | 29.10.2016
    Blick hinter die Kulissen bei der Tagesschau.
    Im Mai 2014 fiel auch die Tagesschau auf ein falsches Video herein: Statt Bilder aus der Ukraine waren Aufnahmen aus Syrien darauf zu sehen. (picture alliance / dpa / Marcus Brandt)
    "Fakes gibt’s jede Menge in den sozialen Netzwerken."
    Michael Wegener, Leiter des Content Centers bei ARD aktuell; also so etwas wie der Chef-Verifizierer bei den Fernsehnachrichten der ARD:
    "Wir finden ständig etwas, wenn wir zu irgendwelchen Themen suchen. Beispiel: Absturz des Germanwings-Fliegers. Wir saßen in der Redaktion seit 11:30 Uhr, nachdem die ersten Meldungen kamen und warteten auf die ersten Bilder. Und was meinen Sie, was wir in den sozialen Netzwerken, bis die ersten tatsächlichen Bilder dann um halb zehn abends kamen, was wir in den sozialen Netzwerken an Bildern gefunden haben, an Videos. Wir hatten, glaube ich, an dem Tag zehn, zwölf Bilder, Videos, die den abgestürzten Flieger zeigen sollten."
    Social-Media-Quellen sind unverzichtbar für die Medienwelt
    Verifizierungs-Experten wie Michael Wegener können Dutzende Beispiele wie dieses nennen; Beispiele von Fakes, ob aus der Ukraine, aus Syrien oder unmittelbar nach Anschlägen wie in Brüssel oder Paris. Auch wenn in der Medienwelt längst allgemein anerkannt ist, dass Social-Media-Quellen unverzichtbar geworden sind, dass viele Informationen, viele Bilder ausschließlich über Facebook, Twitter oder Youtube zu bekommen sind: Auch die Zahl der manipulierten Bilder, der in falsche Zusammenhänge gerückten Videos, hat in den vergangenen Jahren massiv zugenommen:
    "Ich glaube einfach, das hat sehr viel damit zu tun, dass wenn Sie in sozialen Netzwerken unterwegs sind, Sie für ein Video oder einen Post mit einem Foto, und besonders aber eben auch Video, sehr viel mehr Sichtbarkeit erhalten. Und das ist ja das Ziel von sehr vielen, sehr viel Sichtbarkeit zu erhalten, von vielen geliked zu werden, sehr stark geretweeted zu werden, und da erreichen Sie mit einem Foto, mit einem Video sehr viel mehr Aufmerksamkeit als mit einem reinen Text-Post."
    Agenturen verifizieren die gefundenen Bilder und Videos
    Einige Medienhäuser haben deswegen reagiert und beschäftigen Journalisten und Techniker, die auf der Suche nach Fotos und Videos aus dem Netz sind; und die manchmal schon innerhalb weniger Minuten Indizien dafür finden, dass es sich bei dem Bild oder dem Film mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Fake handelt.

    Es gibt sogar Agenturen, die sich auf die Suche nach Material in Social-Media-Quellen spezialisiert haben, die damit Geld verdienen. Auch mit der Verifizierung der gefundenen Bilder und Videos. Storyful ist so ein Anbieter. Nach eigener Beschreibung ist Storyful die erste Nachrichtenagentur für soziale Medien, seit Ende 2013 im Besitz von Medien-Milliardär Rupert Murdoch. Storyful beliefert viele Medienhäuser auf der ganzen Welt mit Videos; ausgewählt von Nachrichtenchefin Mandy Jenkins und ihrem Team:
    Ein Foto des französischen Innenministeriums zeigt zwei Einsatzkräfte in den französischen Alpen, wie sie ein großes Trümmerteil der abgestürzten Germanwings-Maschine bergen.
    Schon kurz nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen tauchten die ersten Videos und Bilder in den sozialen Medien auf. Doch viele waren Fälschungen. (picture alliance / dpa / Yves Malenfer/Dicom/Ministere In)
    "Wir arbeiten mit einer Kombination aus Technik und Journalismus; und das funktioniert sehr gut. Wir haben technische Hilfsmittel entwickelt, die uns großartige Videos von Augenzeugen finden lassen in den sozialen Netzwerken. Der nächste Schritt ist, dass unsere Journalisten überprüfen, ob die Person, die das Video hochgeladen hat, auch die Rechte an dem Video hat, ob es wirklich an dem Ort gefilmt wurde, von dem es stammen soll oder wann der Film genau entstanden ist. Das kann sich schon mal hinziehen, aber in einem nicht zu komplizierten Fall bekommen wir das in unter einer halben Stunde hin – und oft sogar noch viel schneller."
    "Eine hundertprozentige Sicherheit bekommen wir nie"
    Aber lässt sich selbst bei noch so akribischer Überprüfung wirklich jeder Zweifel ausräumen? Kann das Video vielleicht letztendlich doch gefälscht oder in einen falschen Zusammenhang gebracht worden sein? Nein, dieser letzte Zweifel bleibe, meint Storyful-Nachrichtenchefin Mandy Jenkins. Aber:
    "Ich denke, dass sich Inhalte schon grundsätzlich verifizieren lassen. Zum Beispiel, indem Sie mit der Person sprechen, die das Video hochgeladen hat; wenn Sie die Original-Datei haben und die entsprechenden Daten analysieren können; wenn sich der angegebene Ort mithilfe von Landkarten bestätigen lässt; wenn das Video inhaltlich zu anderen Berichten passt, die sich um das gefilmte Ereignis drehen. Eine hundertprozentige Sicherheit bekommen wir nie. Aber wir können sehr, sehr sicher sein, dass ein Video wirklich authentisch und verifizierbar ist."
    Ein Video aus dem Netz, darin zu sehen: ein eingestürztes Haus, verzweifelte Rettungsversuche, ein lebloser Kinderkörper, trauernde Menschen vor Trümmer-Kulisse. Diese Szene spielt vermutlich in Aleppo, nach einem Luftschlag Ende September. Diese Aufnahmen liefen teilweise auch in der deutschen Tagesschau, nachdem ARD-Mann Michael Wegener und sein Team das Video auf Authentizität überprüft hatten. Sein Glaube daran, dass die gesendeten Bilder vermutlich echt waren, begründet Wegener auch mit Erfahrungswerten:
    "In dem Fall des eingestürzten Hauses in Aleppo war es zum Beispiel das Aleppo Media Center, von denen wir die Bilder bekommen haben, und von den White Helmets, die haben übrigens gerade den Alternativen Nobelpreis ja auch bekommen. Das heißt, wir kennen die Quelle, wir haben oft mit denen zusammengearbeitet. Je besser Sie Ihre Quellen kennen, je besser Sie vernetzt sind in einer Region zu einem Thema, umso eher oder umso schneller können Sie den Verifikationsprozess vorantreiben, umso besser können Sie die Indizien bewerten. Und das kann man dann auch umgangssprachlich mit Bauchgefühl beschreiben."
    Immer wieder fallen Medien auf Falschmeldungen herein
    Aber dieses Bauchgefühl muss sich ein Journalist erst einmal erarbeiten, er muss wissen, auf wen man sich verlassen kann, worauf genau zu achten ist bei der Überprüfung von Videos, die im Netz für jedermann zugänglich sind. Und trotz Bauchgefühl passieren zwangsläufig auch Fehler; so wie Ende Mai 2014 in der Tagesschau:
    "Das sollen Bilder sein, die einen heute von Separatisten abgeschossenen Militärhubschrauber zeigen. Abgestürzt in Slowjansk, einer Hochburg der Separatisten."

    Die wackeligen Bilder mit einem brennenden Flugobjekt am Himmel stammten aber gar nicht aus der Ukraine. Das Video war schon 2013 in Syrien aufgenommen worden. Die Redaktion von Michael Wegener war also auf eine Fälschung hereingefallen. Bitter, aber lehrreich:
    Neun Millionen Menschen nutzen die App der Tagesschau.
    Für die Fernsehnachrichten der ARD überprüfen Experten die Echtheit von Informationen aus den sozialen Netzwerken - doch nicht immer mit Erfolg. (imago stock & people)
    "Wir hatten dieses Material zum Beispiel ohne die Tonspur bekommen. Das heißt also, das ganze Arabisch, das darunter gesprochen wurde, war nicht zu hören. Wir hatten nur einen Ausschnitt dieses Materials bekommen. Das heißt: Das Logo, wenn man das Originalvideo dann irgendwann findet, das haben wir auch nicht gesehen.
    Non-Profit-Initiative First Draft plant Verifizierungsplattform
    Das ist ein Fehler, aus dem wir sehr viel gelernt haben, der uns dazu geführt hat, sehr viel genauer hinzugucken, ob wir wirklich das erste Video gefunden haben. Also, das erste Video, das kursiert im Netzwerk, und nicht ein schon älteres Exemplar. Das war einer der Hauptfehler dort und ich glaube, da sind wir ein bisschen besser seitdem geworden."
    Diese Vorsicht, auch dieses Wissen sollen sich möglichst viele Medienmacher aneignen – das hat sich ein Projekt namens First Draft zum Ziel gesetzt. Vor wenigen Wochen hat die Non-Profit-Initiative deshalb ein Netzwerk ins Leben gerufen. Dabei geht es um den Umgang mit Inhalten aus dem Netz, mit Videos zum Beispiel, die bei Twitter, Facebook oder Youtube auftauchen. Jenni Sargent, Geschäftsführerin von First Draft:
    "In Zukunft wollen wir ungefähr sechs Treffen pro Jahr organisieren, bei denen sich unsere Partner austauschen und sich auch weiter schulen lassen können. Zum Beispiel könnte es um die steigende Bedeutung von Live-Videos gehen, und damit auch um die Schwierigkeit, fremde Live-Videos zu verifizieren. Wir als First Draft wollen dann mit den Ergebnissen des Treffens weiter arbeiten, indem wir zum Beispiel passende Werkzeuge entwickeln, oder indem wir Richtlinien aus dem Treffen ableiten. Und all das wollen wir dann allen Interessierten aus dem Medienbereich zur Verfügung stellen."
    Außerdem plant First Draft eine Verifizierungs-Plattform, auf der Redaktionen zuverlässige Social-Media-Quellen finden und Falschmeldungen identifizieren können. Dieses Angebot soll erstmals am Tag der US-Präsidentschaftswahl, am 8. November getestet werden. Mehrere Journalistenschulen in den USA arbeiten an der Plattform mit.
    "Social Networks können sehr viel lernen von den traditionellen Medienhäusern"
    Auch wenn First Draft bis jetzt nur zwei Mitarbeiter hat und noch nicht als Nichtregierungsorganisation anerkannt ist, das Partner Network dahinter ist bemerkenswert. Und zwar nicht nur, weil es von Google gesponsert wird. Es handelt sich um ein Netzwerk, dem sich namhafte Medienunternehmen wie CNN, die New York Times, die Nachrichtenagentur AFP oder BuzzFeed angeschlossen haben. Ferner sind auch die großen sozialen Netzwerke Youtube, Facebook, Instagram, Twitter und Periscope dabei.
    "Unsere Idee ist, dass die sozialen Netzwerke direkt mitbekommen sollen, welche die Probleme der Journalisten sind im Umgang mit Facebook & Co. – und ob die sozialen Netzwerke selbst zum Beispiel bei der Verifizierung von Videos und Fotos helfen können - gerade weil sich die sozialen Netzwerke aktuell zu so etwas wie Verlagen, Informationsanbietern entwickeln. Und weil das neu für sie ist und sie ohnehin noch relativ junge Marktteilnehmer sind, können die Social Networks sehr viel lernen von den traditionellen Medienhäusern, mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung, was etwa ethische Grundsätze angeht."
    Falsche Meldungen in den Trending Topics bei Facebook
    Dass besonders Facebook viel dazu lernen muss, was den Umgang mit Fakes angeht, wird immer wieder deutlich. Bei einem dreiwöchigen Test hat die Washington Post beispielsweise vor Kurzem festgestellt, dass falsche Facebook-Meldungen es immer wieder in die Trending Topics schaffen. Das ist eine Liste, die die wichtigsten Themen des Tages enthalten soll.
    Bis vor wenigen Monaten wurden die Trending Topics in den USA noch von Facebook-Mitarbeitern zusammengestellt. Inzwischen aber hat im Auftrag von Facebook ein Algorithmus die Arbeit übernommen – und der liegt, was den Wahrheitsgehalt angeht, allem Anschein nach auch mal falsch.

    Am Willen von Facebook, mit aller nötigen Offenheit Falschmeldungen mit seiner Teilnahme am First-Draft-Netzwerk zu stoppen, zweifeln Social-Media-Kenner wie Andre Wolf. Er ist Mitarbeiter des Wiener "Mimikama-Vereins zur Aufklärung über Internetmissbrauch":
    Ein Junge surft auf seinem Smartphone bei Facebook.
    Besonders Facebook muss viel dazu lernen, was den Umgang mit Fakes angeht. (imago / Bildbyran)
    "Die wissen schon seit vielen Jahren, dass in ihren Netzwerken gelogen wird, dass in ihren Netzwerken gehetzt wird, dass da Propaganda betrieben wird, dass da wirklich Falschmeldungen verbreitet werden. Warum kommt auf einmal jetzt nach außen hin so ein Schritt, dass man sagt: So, wir wollen jetzt in dieses Netzwerk einsteigen und jetzt bewusst Falschmeldungen entgegensteuern. Hätte man das nicht schon viel, viel früher machen können?
    "Die Falschmeldungen werden immer menschenfeindlicher"
    Und vor allem: Wie wird's ablaufen? Wir alle kennen irgendwo Facebook und wissen, sie arbeiten sehr intransparent. Wie wird also das in Zukunft ablaufen? Bleiben sie da auch weiter intransparent? Was wird durch Facebook als Fake eingestuft und was nicht?"
    Zurzeit sind es vor allem private Initiativen wie mimikama.at, die auf Falschmeldungen aufmerksam machen, und die die Fakes als solche entlarven. Andre Wolf überprüft dafür jeden Tag Meldungen auf ihren Wahrheitsgehalt, die ihm aufmerksame Internetnutzer zugeschickt haben. Dabei hat er über die Jahre immer neue Fake-Seiten und Fake-Methoden beobachtet. Und er hat festgestellt, dass harmlose Falschmeldungen, die früher verbreitet wurden, seltener geworden sind. Was nicht für eine positive Entwicklung spricht:
    "Seit gut zwei Jahren haben wir eine schlechte Tendenz beobachten können, haben wir bemerken können, dass die Fakes, die Falschmeldungen immer menschenfeindlicher werden. Das fing erst harmlos an im Zuge der auftretenden Flüchtlingswelle, hat im Sommer 2015 dann großen Anstieg genommen an Falschmeldungen im Zuge der Flüchtlingswelle.
    Im November haben wir dann gemerkt, dass eine große Portion Islamhass mit hinein in die Diskussion kam, dass auf einmal dem Islam alles Mögliche unterstellt wurde. Ja, der Fake, die Falschmeldungen ändern sich und da muss man immer aufpassen, was passiert draußen? Das passiert dann auch in den sozialen Netzwerken."
    Um die Falschmeldungen einzufangen, ist also permanentes Beobachten und Gegenarbeiten nötig; im Fall der Bild-Verifizierer von Storyful oder ARD bedeutet das: Videos sichten und kritisch gegenchecken; für Falschmeldungs-Jäger wie Andre Wolf wiederum heißt das: Hinweise ernst nehmen, nachrecherchieren und das Ergebnis der Recherche dann auf der eigenen Homepage veröffentlichen.
    Automatisierte Fake-Suche funktioniert noch nicht verlässlich genug
    Aber was bedeutet das für die sozialen Netzwerke? Wie sollten sich Facebook, Twitter und Co. verhalten? Sollten Sie vielleicht einen Falschmeldungs-Filter einbauen, der die Veröffentlichungen der User prüft, bevor alle Facebook-Freunde sie zu sehen bekommen? Andre Wolf:
    "Das ist ein schwieriger Schritt. Wer entscheidet dann vorher, welche Informationen nicht mehr weiterverbreitet werden dürfen? Sprich Facebook, nehmen wir jetzt mal an, erkennt oder meint zu erkennen, das ist jetzt ein Fake. Was passiert? Was passiert? Vor allem, wenn es kein Fake ist. Darf man es dann wirklich eindämmen? Also es ist wirklich ganz schwierig. Ich kann diese Frage nicht hundertprozentig beantworten."

    Vielleicht müssen wir Facebook-Twitter-Youtube-Nutzer diese Frage aber auch gar nicht beantworten. Weil diese Frage, wie so oft, schon für uns beantwortet wird, von oben, nämlich von den Facebook-Twitter-Youtube-Chefs.
    Ein Laptop mit Social Media Icons auf dem Bildschirm, dahinter Menschen auf der Rollstreppe eines Einkaufszentrums in Hamburg.
    Wie sollten sich Facebook, Twitter und Co. bei Falschmeldungen verhalten? (picture alliance / dpa / Axel Heimken)
    Wobei nach Ansicht von Nachrichtenchefin Mandy Jenkins von der Social-Media-Nachrichtenagentur Storyful noch etwas anderes gegen einen rein technischen Filter spricht: Eine automatisierte Fake-Suche funktioniert ihrer Ansicht nach noch nicht verlässlich genug:
    "In den seltensten Fällen ist eine Sache ganz eindeutig, Schwarz oder Weiß. Stattdessen finden wir verschiedenste Graustufen. Das heißt: Wir Menschen müssen darüber diskutieren und dann ein menschliches Urteil fällen. Technik kann uns natürlich helfen und uns wichtige Hinweise geben. Aber eine richtige Entscheidung zu treffen, das ist nach wie vor sehr schwer."
    Internetnutzer können für Fälschungen rechtlich belangt werden
    Trotzdem wird die Entwicklung in Richtung dieser automatisierten Suche weitergehen. Denn nicht nur die breite Teilnehmerzahl beim neuen Anti-Falschmeldungs-Netzwerk von First Draft zeigt, dass die großen internationalen Medienunternehmen das Thema endlich ernst nehmen. Es zeigt sich auch in anderen Entscheidungen. Zum Beispiel hat Google gerade angekündigt, in den USA und Großbritannien die Nachrichtenseiten von Google News um die Rubrik "Fact Check" zu ergänzen; für Nachrichten, deren Inhalte bereits überprüft worden sind.
    Aber wird das die Falschmeldungs-Erfinder und -Verbreiter stoppen? Oder lässt sich das Problem auch anders – nämlich juristisch in den Griff bekommen? Zumindest können Internetnutzer schon jetzt nach geltendem Recht belangt werden, wenn sie Fälschungen in die Welt setzen. Zum Beispiel, wenn sie Bilder in falsche Zusammenhänge setzen oder echten Texten falsche Überschriften geben, sagt Kilian Kost, Rechtsanwalt in der Kölner Medienkanzlei Wilde Beuger Solmecke:
    "In erster Linie droht mir hier immer Ungemach von den eigentlichen Urhebern. Denn die sind in ihren Urheberrechten in erster Linie verletzt und können zum Beispiel durch eine Abmahnung auch sehr schnell ihre Rechte durchsetzen. Dann werde ich also mit Unterlassungsansprüchen konfrontiert, mit Löschungsansprüchen ohnehin, aber auch mit Schadensersatzforderungen und auch mit teilweise relativ hohen Anwaltskosten.
    Die andere Frage ist dann, was inhaltlich mit dieser Verfälschung einhergeht. Das können dann schnell auch Straftatbestände sein wie eine üble Nachrede, eine falsche Verdächtigung oder gar hin bis zu einer Volksverhetzung. Wenn es also hier gegen ganze Bevölkerungsgruppen geht, die dadurch diffamiert werden sollen."
    Weiterverbreiten von falschen Nachrichten kann strafbar sein
    Dabei beobachten Kilian Kost und seine Kollegen zunehmend ein ganz bestimmtes Phänomen: Dass echte Online-Artikel von verlässlichen Nachrichtenseiten auf Facebook geteilt, dabei aber mit falschen, sinnentstellenden Überschriften versehen werden. Diese Fälschungen sehen auf den ersten Blick echt aus. Doch bereits das Sharen, also das Weiterverbreiten der falschen Nachrichten, kann strafbar sein; bei einer Urheberrechtsverletzung sogar mitunter auch ohne, dass der Nutzer davon wusste. Doch reichen diese juristischen Mittel gegen Fakes im Netz aus? Eine schwierige Frage, findet Kilian Kost:
    "Da muss man auch erst mal abwarten, wie Strafermittlungsbehörden und auch Gerichte damit umgehen werden. Ob man das mit den bestehenden Gesetzen in den Griff bekommen kann oder ob da vielleicht auch der Gesetzgeber gefordert ist, um hier dann auch entsprechend einen neuen Rechtsrahmen zu setzen."
    Fake-News-Content-Farms denken sich Falschmeldungen aus
    Eines ist jedenfalls klar: Videos, Bilder und Texte, die gefälscht sind, werden nicht so schnell aus dem Netz verschwinden. Auch nicht durch eine Initiative wie First Draft. Das Verifizieren und Aufspüren von Fakes hat viel mehr etwas Hase-und-Igel-Artiges. Jenni Sargent von Draft Fake ist realistisch:
    "Die Dinge verändern sich einfach rasend schnell. Ein aktuelles Phänomen sind zurzeit Fake-News-Content-Farms, also Anbieter, die sich genau solche Falschmeldungen ausdenken, die weit vorne in den Suchmaschinen auftauchen – und zwar, um möglichst viel Werbegeld zu verdienen.
    Also immer, wenn wir denken, dass wir ein Problem überwunden haben, taucht ein neues auf. Und genau das ist meiner Meinung nach die Realität. Wir können unser Bestes geben, aber trotzdem wird es immer neue Falschmeldungs-Varianten geben. Deswegen ist es so wichtig, dass wir alle zusammen an diesem Thema arbeiten."