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Familienpolitik
Schwesig erinnert an die Alleinerziehenden

Finanzminister Wolfgang Schäuble plant, den Kinderfreibetrag und das Kindergeld zu erhöhen. Familienministerin Manuela Schwesig dagegen hält die steuerliche Entlastung für Alleinerziehende für vorrangig - gerade jetzt, wo die Steuereinnahmen sprudeln.

Von Frank Capellan | 04.03.2015
    Zwei Mütter mit ihren kleinen Kindern
    "Die Alleinerziehenden in Deutschland gehören zu den Familien, die besonders viel leisten", sagt Familienministerin Manuela Schwesig (SPD). (dpa / picture alliance / Florian Schuh)
    Schwesig contra Schäuble. Die Familienministerin wehrt sich. Der Sozialdemokratin geht es gar nicht in erster Linie darum, dass das Kindergeld nach den Vorstellungen des Finanzministers zunächst nur um gerade mal vier Euro monatlich, im nächsten Jahr dann um weitere zwei Euro erhöht werden soll – sie kämpft vor allen Dingen um mehr Geld für Alleinerziehende.
    "Die Alleinerziehenden in Deutschland gehören zu den Familien, die besonders viel leisten. Alleinerziehende sind berufstätig, zahlen Steuern, und wenn die Steuerkassen jetzt voller sind als erwartet, müssen sie auch davon etwas zurückbekommen."
    Schwesig pocht auf den Koalitionsvertrag: Dort wird darauf verwiesen, dass der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende seit 2004 unverändert bei 1308 Euro verharrt und daher angehoben werden soll.
    Schäuble per Gericht unter Zugzwang
    Schäuble allerdings sperrt sich und begründet das mit Verpflichtungen, die der Christdemokrat für vorrangig hält. Er steht seit einem Jahr per Verfassungsgerichtsentscheid in der Schuld, den steuerlichen Freibetrag für Kinder zu erhöhen - geplant ist derzeit zunächst ein Plus von 144 Euro in diesem Jahr. Da davon vor allem Familien mit höherem Einkommen profitieren, kommt er auch an der Anhebung des Kindergeldes nicht vorbei. Außerdem will er auf Drängen der SPD den Kinderzuschlag erhöhen - er wird Eltern mit sehr niedrigen Einkommen gewährt, die ohne diesen Betrag trotz Beschäftigung ohne Hartz-IV-Leistungen nicht über die Runden kämen.
    Die Entlastung der Alleinerziehenden allerdings soll nach Aussage von Schäubles Sprecher Martin Jäger nur kommen, wenn die Familienministerin an anderer Stelle ihres Etats Geld einspart:
    "Die Freibeträge für Alleinerziehende sind ebenfalls in der Diskussion, das ist richtig. In dem Zusammenhang darf ich aber noch einmal darauf hinweisen, dass hier mögliche Erhöhungen natürlich gegenfinanziert sein müssen."
    Schwesig fordert Paket
    So natürlich ist das in den Augen der Familienministerin keineswegs. Sie spricht von einem Gesamtpaket: Kinderfreibetrag, Kindergeld, Kinderzuschlag und Entlastung für Alleinerziehende - der Finanzminister muss liefern, gerade jetzt, wo die Steuereinnahmen so sprudeln und die Kassen gut gefüllt sind.
    "Die Familien können nicht das Sparschwein der Nation sein. Die Familien haben jetzt lange genug gewartet, und deshalb müssen sie auch von den Steuereinnahmen etwas zurückbekommen."
    Bis Ende März wollen Schwesig und Schäuble weiter verhandeln. Die SPD drängt nun darauf, dass auch über die Höhe der Kindergeldanhebung noch einmal gesprochen werden muss.
    "Also zehn Euro mindestens in einem Schritt. Und ob es einen zweiten Schritt gibt, darüber muss man dann verhandeln."
    Opposition: Kindergelderhöhung "Hohn"
    Fordert Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht. Schlappe sechs Euro mehr, in zwei Schritten, das ist lächerlich, höhnen auch Grüne und Linkspartei. Deren Fraktionsvize Dietmar Bartsch:
    "Das ist weniger als die Inflationsrate und stellt letztlich für Familien ein Stück weit eine Verklappsung dar."
    Auch am Streit über die Leistungen für Familien zeigt sich heute, dass der Ton in der Großen Koalition schärfer wird. Schäubles Soli-Kehrtwende, die Forderung nach Nachbesserungen beim Mindestlohn, die Kontroverse über das Einwanderungsgesetz – die SPD sieht sich zunehmend unter Druck. Für Christine Lambrecht ist es offenbar an der Zeit für eine Mahnung:
    "Ich kann nur raten darauf zu achten, dass man auch einen Koalitionspartner braucht. Alleingänge gehen selten gut."